Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Solo zu zweit“Konstantin Wecker und Jo Barnikel spielen im Stadttheater Euskirchen

Lesezeit 4 Minuten
Es sind Konstantin Wecker und Jo Barnikel im Stadttheater Euskirchen zu sehen.

Konstantin Wecker und Jo Barnikel: „Wir spielen seit mehr als 30 Jahren zusammen.“

Liedermacher Konstantin Wecker und sein Partner Jo Barnikel wurden im Stadttheater in Euskirchen gefeiert.

Am Ende hatte man das Gefühl, dass Konstantin Wecker und sein langjähriger Bühnenpartner Jo Barnikel gar nicht mehr aufhören wollten – eine Zugabe jagte die nächste. Den meist etwas älteren Fans im zu zwei Dritteln gefüllten Stadttheater kam das entgegen, denn sie genossen jedes Lied und jedes Gedicht ihres Idols in vollen Zügen. In seinen poetischen Ausführungen spielte die Liebe mit all ihren Facetten eine Hauptrolle.

Das kommt nicht von ungefähr, denn Wecker betonte: „Im Grunde meines Herzen bin ich ein Romantiker.“ Gleich zu Beginn des Programms „Solo zu zweit“ dankte der Liedermacher seinem kongenialen Partner Barnikel, der ihn am Flügel begleitete: „Wir spielen seit mehr als 30 Jahren zusammen. In der Zeit hast du meine Poesie und meine Musik unglaublich bereichert.“

Besser Liebe verschenken

Verändert habe ihn auch die Geburt seines ersten Sohnes: „Durch ihn kamen die Zauberwelten wieder in den Blick. Ich kann mich noch gut an den Glanz in seinen Augen erinnern, als er die ersten Schneeflocken gesehen hat.“ Erwachsene hätten sich vom Wunderbaren entfernt, die Welt ersticke am „gnadenlosen Funktionalismus“. Man solle besser Liebe verschenken statt prall gefüllter Konten.

Eine Bitte an seine Kinder durfte bei dem Friedensaktivist nicht fehlen: „Trag’ nie eine Uniform.“ Großes Glück, so Wecker, habe er mit seinen Eltern gehabt, die „keine Nazis waren“. Seine Mutter habe Poesie geliebt und Gedichte und Balladen sogar während der Hausarbeit vorgetragen. Mit seinem Vater, der ein Maler und Sänger gewesen sei, habe er als kleiner Junge häufiger romantische Opernduette gesungen.

Berührende Momente während Wecker-Auftritt

„Ich war eine tolle Violetta in La Traviata“, sagte Wecker und ließ eine alte Tonaufnahme aus der Zeit einspielen, in der seine glockenreine Sopranstimme zu hören war. Immer wieder gingen seine Schilderungen unter die Haut. So auch, als er er von den letzten Minuten im Leben seines Vaters berichtete, den er sehr geliebt hat.

Beeindruckt hat Wecker auch der griechische Komponist, Schriftsteller, Widerstandskämpfer und Politiker Mikis Theodorakis: „Ich weiß noch, wie ich einmal in seiner Wohnung mit Blick auf die Akropolis für ihn Klavier gespielt habe.“ Im Stadttheater sang Wecker die Mauthausen-Kantate, die von Geschehnissen in dem österreichischen Konzentrationslager handelt.

Wecker behandelt in seinen Liedern wichtige Themen

„Die Welt darf nie aufhören, über den Holocaust zu reden“, forderte der 75-Jährige. Danach erklärte er, warum er kein Patriot sei: „Patriotismus ist der erste Schritt zur Überheblichkeit und zu kriegerischen Auseinandersetzungen.“ Er sei nicht stolz, ein Deutscher zu sein, denn „im Nationalismus liegt keine Freiheit. Er ist der Anfang vom Untergang.“

Mit dem Lied „Die Weiße Rose“ spielte der Künstler auf das Schicksal von Sophie und Hans Scholl und weiteren Mitgliedern der Widerstandsbewegung an, die 1943 von den Nazis hingerichtet worden waren: „Ihr habt geschrien, wo alle schwiegen.“ In dem Song „Die Tage grau“ beschäftigt sich der Liedermacher mit dem Thema Demenz: „Das ist eine furchtbare Erkrankung, an der 1,6 Millionen Menschen in Deutschland leiden.“

Zitat von Ghandi

Anschließend wetterte der 75-Jährige gegen Aufrüstung, Faschismus und Krieg und zitierte Gandhi: „Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten.“ Da passte das Antikriegslied „Es ist an der Zeit“ von Hannes Wader, in dem es heißt: „Und du hast ihnen alles gegeben, deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.“ Es sei entsetzlich, dass Rassisten und Faschisten in Europa wieder Parlamentssitze gewonnen hätten.

Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik meinte Wecker: „Schäm’ dich Europa, du hast kein Erbarmen.“ „Imagine“ von John Lennon hat den Künstler zu dem Song Utopia inspiriert: „Stellt euch einmal unsere Welt vor, ohne Krieg, ohne Gewalt, ohne Bosse, ohne Herrscher.“ Gegen Ende lieferten Wecker und Barnikel dann ein mitreißendes Klavierduett mit verschiedensten Stücken von „Ein Männlein steht im Walde“ über „Kalinka“ bis zur „Ballade pour Adeline“.

Mit dem italienischen Gute-Nacht-Lied „Buonanotte Fiorellino“ entließen die beiden Künstler das Publikum dann in die Nacht. Auch wenn seine Stimme nicht mehr so kraftvoll wie früher ist, so versteht es der 75-Jährige immer noch, die Zuhörer mit seinen Liedern und Texten in seinen Bann zu ziehen. Das Publikum in Euskirchen war auf jeden Fall begeistert.