Protest gegen Katar-WMZülpicher Sporthändler verkauft keine DFB-Trikots

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Wolfgang Fröhling, Sportgeschäft-Inhaber aus Zülpich, steht vor den Trikots von Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund, ein Ständer ist leer.

Dort hingen eigentlich Nationaltrikots: Der Zülpicher Sporthändler Wolfgang Fröhling verzichtet aber bei der WM darauf.

Boykott oder Enthusiasmus? WM-Fieber oder Fußball-Unterkühlung? Trainer und Offizielle im Kreis Euskirchen wollen nur die wenigsten Spiele der Fußball-WM in Katar schauen.

WM der Schande oder Friedensbringer für die Welt, wie Fifa-Präsident Gianni Infantino es sich wünscht? WM-Boykott, oder nicht? Oder schaut man nur die deutschen Spiele? Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die am Sonntag beginnt, spaltet auch die Fußballfans im Kreis Euskirchen.

Trainer und Offizielle

Bei Doris Mager, Vorsitzende des Fußballkreises Euskirchen, schlagen zwei Herzen in der Brust: das des Fußballfans und das der Offiziellen. Letzteres diktiert: „Der Fußballkreis Euskirchen teilt die Position des DFB, der zur WM in Katar klar Stellung bezieht und verdeutlicht hat, dass die Vergabe eine in vielerlei Hinsicht sehr problematische Entscheidung ist.“ Aber Mager ist auch Fan der Sportart und will sich die Spiele der deutschen Nationalmannschaft anschauen. Klar ist: Ein geschmücktes Haus, wie sonst bei großen Turnieren, wird es nicht geben.

Auch bei Sebastian Kaiser, Trainer des A-Kreisligisten SV Frauenberg, wird alles anders sein als sonst. Normalerweise wird in seinem Elternhaus ein großes Fußballfest gefeiert. Bis zu 50 Fans versammeln sich vor der Leinwand im Keller: im Sommer, mit kaltem Bier und Halbzeitwurst. „Was 2014 los war, das vergisst man einfach nicht“, erinnert sich Kaiser.

Es habe lange Diskussionen gegeben, ob die „schändliche WM“ boykottiert werden soll – aber die deutschen Spiele will er doch schauen. Sein Trainerkollege Christian Hammes vom SV Sötenich ist noch nicht im WM-Fieber. „Ich weiß auch nur, wann Deutschland das erste Spiel hat“, gibt er zu. Von der WM in Katar hält er aus den bekannten Gründen nichts. „Das stört mich alles, auch, dass die WM im Winter ist. Dadurch zieht sich auch der Amateursport ein bisschen nach hinten.“ Die deutschen Spiele will er sich anschauen, mehr aber nicht.

So sieht das auch Axel Sendscheid, Trainer der Frauen des TB-SV Füssenich-Geich. Auch er will die deutschen Spiele verfolgen, vielleicht auch noch die ein oder andere interessante Partie. Aber er sei weder im WM-Fieber, noch freue er sich. „Ehrlich gesagt, gibt es null Euphorie im Team“, sagt Marcel Schmitz, Trainer der B-Junioren der JSG Erft: „Die Jungs freuen sich aktuell mehr auf unsere Testspiele als auf die WM.“ Ein Turnier zur Weihnachtszeit fühle sich irgendwie falsch an, berichtet der Coach über das Stimmungsbild seiner Truppe. Zu einer WM gehörten Gemeinschaftsgefühl und sommerliche Temperaturen.

Landrat Markus Ramers ist großer Fußballfan. „Keine Frage: Die Entscheidung der Fifa, die WM an ein Land wie Katar zu vergeben, stellt selbst eingefleischte Fußballfreunde vor ein moralisches Dilemma. Das hätte ich mir – wie vermutlich viele Fans – anders gewünscht“, sagt der Landrat: „Ich finde es aber sehr schwierig, die Grenze für einen Zuschauerboykott festzulegen. Haben wir nicht auch bei der letzten WM 2018 in Russland mit unserer Mannschaft mitgefiebert? Schauen wir uns noch Spiele der Bayern an, die von Qatar-Airways gesponsert werden? Wie war es bei den Olympischen Winterspielen Anfang des Jahres in Peking?“ Er werde „zumindest die Spiele der deutschen Mannschaft verfolgen“. Ramers: „Mein sechsjähriger Sohn zum Beispiel sammelt gerade fleißig Fußballsammelkarten und WM-Sticker. Ich hoffe nicht nur auf spannende und für Deutschland erfolgreiche Spiele, sondern auch, dass sich die Situation für die Menschen in Katar durch die weltweite Aufmerksamkeit ein Stück weit verbessert.“

Merchandise

„Das ist keine Entscheidung, die man spontan trifft, aber eine, die alternativlos ist“, sagt Wolfgang Fröhling. Der leidenschaftliche Schalke-Fan betreibt in Zülpich ein Sportgeschäft. Trikots der deutschen Nationalmannschaft sucht man vergebens in seinem Laden. Dort, wo normalerweise in Zeiten einer EM oder WM Fanartikel hängen, klafft eine Lücke. „95 Prozent meiner Kunden finden die Entscheidung gut“, sagt Fröhling.

Auf einen entsprechenden Beitrag in den Sozialen Medien sei die positive Resonanz überwältigend gewesen. Normalerweise verkaufe er vor einem Großereignis knapp 100 Trikots der Nationalmannschaft. „Im Winter zieht vor dem Fernseher aber doch keiner ein Trikot an – und auf dem Weihnachtsmarkt auch nicht“, so Fröhling, der die Spiele in der Vorrunde nicht live verfolgen will. In der K.o.-Runde werde er auch nur ausgewählte Spiele schauen. Kollegen aus der Sportgeschäftsbranche berichten laut dem Zülpicher, dass der Verkauf von Trikots sehr schlecht laufe.

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