Euskirchener Unfallaufnahme-TeamMit Kameras und Lasermessgeräten auf Spurensicherung

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Berthold Borchert ist der Mann der ersten Stunde im Kreis Euskirchener VU-Team. Die farbigen Markierungen, die er und seine Kollegen anbringen, erinnern noch lange an schlimme Unfälle.

Berthold Borchert ist der Mann der ersten Stunde im Kreis Euskirchener VU-Team. Die farbigen Markierungen, die er und seine Kollegen anbringen, erinnern noch lange an schlimme Unfälle.

Kreis Euskirchen – Striche, Kreise, Kreuze, Zahlen: Vielerorts gibt es auf Straßen im Kreis die farbigen Spuren, die an schreckliche Unfälle erinnern. Ermittler des Verkehrsunfall-Teams der Kreispolizei – kurz VU-Team – haben die Zeichen angebracht, um die Geschehnisse zu rekonstruieren. Die ausführliche Dokumentation eines Unfalls dient oft der Klärung der Schuldfrage. Die Polizisten gehen aber auch der Frage nach, wie groß die Möglichkeit war, den Unfall zu vermeiden. Wie sieht die Arbeit dieses Teams aus?

Aufgrund eines Landes-Erlasses gibt es seit September 2012 das Euskirchener Unfallaufnahme-Team. Es ist ein spezielles Ermittlungs-Team der Polizei zur Aufnahme und Spurensicherung nach Verkehrsunfällen, bei denen Menschen schwer verletzt oder getötet wurden. Helmut Abels, Victor Greuel, Manfred Mösch und Berthold Borchert, der von Beginn an dabei ist, teilen sich Früh- und Spätdienst. Sie sind in Euskirchen stationiert, werden aber kreisweit eingesetzt.

Helmut Abels und seine Kollegen haben die „Schlechtwetter-Markierungen“ selbst gebaut.

Helmut Abels und seine Kollegen haben die „Schlechtwetter-Markierungen“ selbst gebaut.

Das Team hatte 2015 rund 150 Einsätze. In diesem Jahr waren es alleine im Mai 17 Einsätze in 14 Tagen. Nachts ist das Team nicht unterwegs, weil dann tendenziell weniger Unfälle passieren und durch die eingeschränkte Sicht die präzise Arbeit nicht möglich wäre.

Nicht zum Einsatzgebiet gehört die Autobahn, für die ein Kölner VU-Team zuständig ist. Köln war 2008 Vorreiter der landesweiten VU-Teams, die Euskirchener lernten von ihren Kollegen.

Die Aufgaben

Hauptaufgabe des Teams ist die detaillierte Aufnahme von Sachbeweisen am Tatort zur späteren Auswertung. Dazu gehören vor allem Fotos. Festgehalten werden Spuren, Beschädigungen, die gesamte Örtlichkeit sowie die den Verkehr beeinflussenden Faktoren und besonders die Lage der Fahrzeuge nach dem Unfall. Wichtig sind dabei auch Übersichtsaufnahmen aus der Vogelperspektive.

Alle Spuren werden „konserviert“. Dies ist für die Ermittler wichtig, beispielsweise um später herauszufinden, ob die Spurenlage mit den Zeugenaussagen übereinstimmt.

Die Ausrüstung

Ein Einsatzwagen wurde speziell für das VU-Team ausgebaut. Mit modernsten technischen Mitteln werden Unfälle punktgenau ausgemessen und festgehalten. Die Unfallstelle wird dazu in mehrere Referenz-Vierecke unterteilt.

Das Besondere ist die Fotoausrüstung: Das Team arbeitet mit zwei hochwertigen Spiegelreflexkameras, während die Kollegen in der Regel mit kleinen, kompakten Kameras ausgerüstet sind. Per Stativ kann aus erhöhter Perspektive bis 5,50 Meter über der Unfallstelle fotografiert werden. So entstehen lückenlose, flächendeckende Aufnahmen, die am Computer zusammengefügt werden.

Des Weiteren werden Messungen mit Bandmaß und einem lasergesteuerten Messgerät durchgeführt, das wesentlich genauer ist als die üblichen Geräte, die in den Streifenwagen zur Verfügung stehen.

Die bunten Zeichen

Die bunten Zeichen werden mit Sprühfarbe angefertigt, die bei normaler Witterung zwei bis drei Monate hält. Zu Beginn setzte die Polizei Farbe ein, die sich kaum löste. An manchen Stellen – etwa an der B 266-Kreuzung in Obergartzem – sind die Zeichen noch viele Monate nach einem Unfall gut auf dem Asphalt zu erkennen. An Unfallstellen kommen Buchstaben zum Einsatz, wie etwa „SM“ für Schlagmarke (Beschädigungen an der Fahrbahn) oder „KS“ für Kollisionsstelle der Unfallfahrzeuge. Halbkreise und Winkel zeigen Umrisse der beteiligten Fahrzeuge an, gestrichelte Linien Brems- und Driftspuren. Die Spuren jedes Fahrzeugs werden in einer anderen Farbe markiert, da sie häufig übereinanderliegen und so besser unterschieden werden können. Aus Pietätsgründen werden zur Markierung von Leichenteilen Abkürzungen genommen.

Dass die Farbe einige Wochen zu sehen ist, ordnet die Polizei positiv wie negativ ein. „Die einen schreckt es ab und sie bremsen – die anderen sind abgelenkt“, so Helmut Abels.

Eigene Erfindung

Wenn’s trocken ist, funktioniert die Sprühfarbe einwandfrei. Bei stärkerem Regen, Eis und Schnee hält sie jedoch nicht oder verläuft. Die Euskirchener hatten die pfiffige Idee, kurze, farbige Plastikleerrohre mit Sand zu füllen und damit die Markierungen vorzunehmen. Auch die gute, alte Kreide haben die Polizisten in ihrem Fahrzeug an Bord.

Lange Einsätze

Fünf Stunden und länger kann die Aufnahme eines Unfalls dauern. Die Aufarbeitung dauert bis zu zwei Tage. Pro Unfall entstehen bis zu 200 Fotos. „In der Dienststelle erfolgt die Auswertung der Bilder und Fertigung einer verzerrungsfreien Gesamtdarstellung der Fahrbahnoberfläche der Unfallstelle“, so Borchert: „Daraus fertigen wir eine maßstabsgerechte Unfallskizze und stellen je nach Notwendigkeit den Unfallverlauf dar.“

Basisarbeit

Hat das Team keinen Einsatz, werden für ein spezielles Skizzen-Programm Kreuzungen und Einmündungen aufgenommen. 324 Stellen im Kreis wurden bereits erfasst und in ein Zeichenprogramm als digitale Schablonen installiert. Polizei-Sprecher Norbert Hardt: „Unser VU-Team hat sich etabliert. Die Kollegen sind richtig fit in den Techniken. Die Qualität der Unfall-Auswertung ist enorm gestiegen. Dadurch konnten nicht nur die Streifen-Kollegen entlastet, sondern auch Sachverständigen-Einsätze reduziert werden.“

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