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KabarettSatire, Klamauk und Politik-Bashing von Urban Priol im Euskirchener Theater

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„Alles im Fluss“ heißt das Programm, mit dem Kabarettist Urban Priol im Euskirchener Stadttheater auftrat.

Euskirchen – Noch nicht einmal zur Hälfte besetzt war das Stadttheater Euskirchen beim Aufritt des Kabarettisten Urban Priol. Der ließ sich davon nicht entmutigen und spulte sein aktuelles Soloprogramm „Alles im Fluss“ so ab, wie es der Titel nahelegt: Als teilweise gehetzte kabarettistische Reise zwischen Satire, Klamauk und Politik-Bashing.

Priols Markenzeichen ist die hochgeföhnte graue Mähne rund um die Halbglatze, die ihn wie dauerhaft elektrisiert wirken lassen. Diese Optik ist bei dem 61-Jährigen aus Aschaffenburg Programm: Er ist der kabarettistische Derwisch, schnell denkend, humorvoll, die Themen teilweise mitten im Satz wechselnd, dabei aber garantiert unterhaltsam.

Wortwitz und auch stimmparodistisches Talent

So wurden auch in Euskirchen die 60 Minuten bis zur Pause kurz.Priols Wortwitz machte vor nichts und niemandem Halt. Politiker, die von ihm nicht durch den Kritik-Kakao gezogen werden, müssen sich wohl eher Sorgen machen, nicht mehr ausreichend populär zu sein. Priol entfaltete – auch stimmparodistisch – ein karikaturesk überzeichnetes Figurenkabinett.

Etwa als er bräsig-greinend den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Wilfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) aufs Korn nahm und dessen Vorschlag, nicht mehr so oft zu duschen, sondern besser zum Waschlappen zu greifen.

Auch Minister Lauterbach durch den Kakao gezogen

Auf Robert Habeck und Annalena Baerbock von Bündnis 90/Die Grünen ließ er im Vergleich zu anderen Mitgliedern der Ampel-Koalition wenig kommen. Eindeutige Ausnahme war der Kabarettisten-Lieblingsfreund: Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dessen markantes rheinisches Sprachphlegma lieferte auch Priol wohlfeile Vorlagen.

Vergleichsweise deutlich wurde sein Humor hingegen, als es um CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder oder um Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ging. „So richtig schlecht regieren kann man nur, wenn die FDP mit im Boot sitzt“, meinte Priol in Abwandlung des berühmten Lindner-Satzes, mit dem dieser 2017 eine Beteiligung der Liberalen an der „Jamaika-Koalition“ absagte: „Es ist besser nicht zu regieren, als schlecht zu regieren!“

Im Publikum überwiegend "Baby-Boomer"

Solche zeitgeschichtlichen Bezüge verstand das Publikum im Euskirchener Stadttheater mühelos. Es war, wie Priol selbst, eher der „Baby-Boomer“-Generation zuzuordnen. Für diese Klientel waren auch Passagen gedacht, die die Themen Umweltschutz und Klimawandel betrafen. Priol erinnerte an die legendäre Veröffentlichung „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972, in der der Club of Rome schon vor 50 Jahren exakt beschrieben hat, was passieren kann, wenn die Erwärmung des Weltklimas ungebremst weitergehe. Seitdem, so Priol, sei so gut wie nichts geschehen.

Manch ein Witz bot nicht mehr als Stammtischniveau

Er zeigte sich zudem skeptisch, ob die auf dem Boden festgeklebten Aktivisten der Gruppe „Last Generation“, die zuvor Kunstwerke mit Kartoffelbrei beworfen hatten, dem Kampf gegen den Klimawandel mehr nützen als der Club of Rome. Oder ob ihr Aktionismus am Ende genauso wirkungslos bleibe wie die Mahnung der Experten vor 50 Jahren.

Solche eher ambitionierte politische Satire wechselte sich indes immer wieder mit Witzen ab, denen man nicht mehr als das sprichwörtliche „Stammtischniveau“ attestieren kann. Andererseits trifft er gerade dann oft den Nagel auf den Kopf – der Wiederkennungseffekt im Publikum bestätigt es. Beispielsweise beim Thema Impfen: „Wir sind die, die die Narben von der Windpockenimpfung in der Schule bis heute voller Stolz tragen“, begann es eher harmlos. Doch dann: „Leute, die glauben, dass eine Impfung ihre DNA verändern könnte, sollten das als eine Chance begreifen!“

Man könne es sich einfach machen, und sich „einfach keine Gedanken machen“, stellte Priol an einer anderen Stelle eher beiläufig fest. Das war durchaus selbstironisch gemeint. Einfach macht es sich Urban Priol nämlich nicht.