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Kino-AbrissEs blieben nur noch Trümmer übrig

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Schnödes Ende früherer Kinoträume: In Schutt und Asche legte die Firma Schilles das betagte Mechernicher Lichtspielhaus.

Mechernich – „Ich habe ja gar nicht gewusst, dass das Kino abgerissen werden sollte“, schaute ein Zaungast sprachlos den Abbrucharbeiten der Firma Schilles in Mechernich zu. Firmenchef Peter Schilles ließ es sich nicht nehmen, selbst den Bagger zu steuern. „Wenn das Unternehmen arbeitet, geht es voran“, urteilte ein anderer Zuschauer, als ein Eisenträger auf den Boden krachte. Obwohl das Mechernicher Kino in der Bergstraße seit Jahren keine Vorstellung mehr erlebt hat, kommt bei einigen älteren Bürgern Wehmut angesichts des Abrisses auf.

„Meine Eltern haben sich darin kennengelernt“, erzählte ein Mann, der mit dem Fahrrad gekommen war. Viele Mechernicher blieben kurz stehen, um den Arbeiten zuzuschauen.

Von den jüngeren Beobachtern dürften viele gar nicht mehr wissen, dass sich früher gegenüber dem Rathaus ein Kino befand. „Ich kann mich noch gut an die langen Warteschlangen erinnern“, erzählt jedoch Günter Brenig.

„Das Kino war das einzige Highlight im Ort. Wir sind damals von Kommern nach Mechernich gekommen und ließen uns für ein paar Stunden verzaubern“. Dass man damals noch auf Holzstühlen saß, machte kaum jemandem etwas aus.

Mit dem Bagger der Firma Schilles ging eine fast hundertjährige Kinogeschichte zu Ende. Zum Schluss hatte sich der Betrieb nicht mehr gelohnt, wie in Kall, Gemünd und Schleiden blieben auch in Mechernich die Zuschauer aus. Kaum mehr als eine Handvoll Besucher zählte der Veranstalter zuletzt. Die Fassade des Kinos sah vor dem Abriss noch genauso aus wie in seinen Anfangstagen.

Am 10. Dezember 1917 hatten der Gastwirt Wilhelm Klein und der Schreinermeister Heinrich Jacobs den Antrag bei der damaligen Amtsverwaltung gestellt, im Lokal Klein ein Kino einrichten zu dürfen. Man versicherte, dass nur „sittenreine Filme“ zur Aufführung kommen würden. Bald darauf wurde der Saal des Gastwirts Klein zum Kino umgebaut. Bis dahin waren für den Spielbetrieb jeweils Stühle und Tische zurecht gerückt worden.

Am 6. Januar 1918 liefen in den Viktoria-Lichtspielen, wie das Haus damals hieß, erstmals Stummfilme. Da Mechernich erst 1924 elektrifiziert wurde, kam der Strom für den Projektor von einem Aggregat der Schreinerei Jacobs. Das Lichtspieltheater hatte 1924 eine Länge von 20,30 Meter und eine Breite von 14,60 Meter. Im Saal gab es 292 Sitzplätze, auf der Galerie weitere 250. Ab 1935 liefen in dem Kino, das mit neuem Namen nun „Mechernicher Lichtspiele“ hieß, erste Tonfilme. Im „Westdeutschen Beobachter“ wurde die Technik als sehr modern beschrieben und „auf eine Stufe mit Großstadttheatern“ gestellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Kino seine Blütezeit. Aber anders als in den sittenstrengen Anfangsjahren flimmerten später reihenweise Aufklärungsfilme über die Leinwand. Mechernich war sogar dafür bekannt, solche Filme ein paar Tage früher zu zeigen als die Filmhäuser in Kall, Schleiden oder Gemünd. Doch schon in den 70er Jahren, als das Fernsehen Einzug in die Mehrzahl der Wohnstuben gefunden hatte, zog es die filminteressierte Jugend mehr und mehr in die Großstädte, wo das Angebot attraktiver war.

1978 wurde die Kino -Bestuhlung auf 156 gepolsterte Sitzplätze verkleinert, doch die Zuschauer blieben trotzdem weg. Im Jahr 2000 bezog eine Schauspieltruppe das Kino, doch auch für diese fiel zwei Jahre später der letzte Vorhang. Seither stand der Backsteinbau leer.

Die Immobilie ist derzeit im Besitz der Stadt Mechernich. Ein benachbartes Wohnhaus und das frühere Hotel „Ratskeller“ befinden sich jedoch in Privatbesitz. Geplant ist, an der Bergstraße einen Gebäudekomplex mit Wohnungen und einer Arztpraxis zu erbauen. Nach dem Abriss des alten Kinos kann jetzt dafür eine zusätzliche Zufahrt gebaut werden.