SilvesterNachfrage nach Böllern ist im Kreis Euskirchen groß

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In Schütten in einem Discounter liegen verschiedene Arten von Feuerwerk.

Die Menschen im Kreis Euskirchen haben sich am ersten Tag des offiziellen Verkaufs von Böllern reichlich damit eingedeckt. Auch im Aldi an der Georgstraße war die Nachfrage groß.

Der erste Jahreswechsel nach der Corona-Pandemie steht bevor. Die Nachfrage nach Böllern war am ersten Tag sehr groß. Doch nicht überall kommt die Feuerwerkstradition gut an.

„Ich lasse es Silvester richtig krachen. Aus der Tradition heraus mache ich das tatsächlich, um die bösen Geister zu vertreiben“, sagt Markus Ramacher. Der Bad Münstereifeler hat sich im Großhandel mit Böllern eingedeckt.

„Nach zwei Jahren Pandemie, Flutdrama, das uns bis heute verfolgt, sowie Krieg und Energiekrise ist ein lauter Knall zum Jahreswechsel sicherlich ein Zeichen, um in eine bessere Zeit zu starten“, so Hundebesitzer Ramacher: „Was ich gar nicht leiden kann, sind diejenigen, die schon zwei Tage vorher losböllern oder meinen, Feuerwerkskörper in einen Briefkasten stecken zu müssen.“

Aldi in Euskirchen: Nicht das komplette Sortiment im Verkauf

Im Aldi an der Georgstraße in Euskirchen ist am Donnerstag die Nachfrage nach Feuerwerk groß. „Die ersten 30 Minuten waren der Hammer. Da sind wir kaum nachgekommen“, sagt eine Verkäuferin. Immer wieder werden aus dem Lager die Bestände aufgefüllt. Dass im Laden nicht alles ausgestellt ist, hat laut Filialleiter seine Gründe. „Wegen der Explosionsgefahr“, erklärt er. So darf die vierteilige 152-Schuss-Batterie immer nur einmal ausliegen. Die anderen sind im Lager verstaut.

Der Bad Münstereifeler Markus Ramacher steht vor seinem Auto und hält zahlreiche Silvesterraketen in der Hand.

Der Bad Münstereifeler Markus Ramacher hat sich im Großhandel mit Feuerwerkskörpern eingedeckt.

Sebastian Kaiser hat gefühlt den Kofferraum voller Böller. Doch das reicht nicht. Der Frauenberger macht sich noch auf den Weg nach Eitorf zu Weco, um bei der Pyrotechnischen Fabrik noch Überraschungspakete abzustauben. Mit neun weiteren Paketen Böller und Raketen geht’s nach Hause. „Es ist eine der sinnlosesten Geldverschwendungen, die es gibt. Aber es ist eben trotzdem auch schön und faszinierend. Und nur einmal im Jahr“, sagt Kaiser.

Feuerwehren im Kreis Euskirchen sind gut auf die Silvesternacht vorbereitet

Bei der Mechernicher Feuerwehr laufen nach Angaben von Jens Schreiber keine besonderen Planungen. „Wir haben auch keine herausstechende Veranstaltungen, die mehr Personal erfordert. Das Tagesgeschäft läuft ganz normal“, sagt der Mechernicher Feuerwehr-Chef.

„Grundsätzlich gehen wir in den Silvesternächten von mehr Anrufen und Hilfeersuchen und damit auch von mehr Einsätzen aus“, sagt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises Euskirchen. Das habe sich oftmals so bewahrheitet. Die vergangenen Jahreswechsel seien aufgrund der Corona-Pandemie ein schwieriger Gradmesser. „Insofern tun wir gut daran, uns auch entsprechend personell aufzustellen. In der Rettungsleitstelle sind daher in der kommenden Silvesternacht fünf statt üblicherweise drei Kollegen im Dienst“, so Andres.

Für Krankenhäuser ist der Jahreswechsel kein besonderer Tag

Die Krankenhäuser Mechernich und Schleiden seien voll. Daran änderten auch die hohen Krankenstände beim pflegerischen und ärztlichen Personal nichts, sagt Sarah Lückenbach, Abteilungsleitung Organisation und Qualitätsmanagement des Kreiskrankenhauses. Die internen, personellen Notfallstrukturen hätten sich bewährt und greifen Lückenbach zufolge das ganze Jahr über – unabhängig vom Jahreswechsel.

Die Klinik für Unfall-, Sport- und Wiederherstellungschirurgie sowie die spezialisierte Klinik für Handchirurgie sei jederzeit auf Notfallszenarien vorbereitet. Insbesondere die Klinik für Handchirurgie sei auf komplexe Notfälle spezialisiert.

Der Himmel über Euskirchen ist in der Silvesternacht bunt erleuchtet.

Nach zwei Jahren darf an Silvester auch im Kreis Euskirchen wieder geböllert werden. Für Tiere ist die Tradition aber immer eine Qual.

Nach Angaben von Dr. Marcus Münch, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme, waren die vergangenen beiden Jahreswechsel „Tage wie jeder andere, ohne besonders heftige Schwankungen und ohne spektakuläre Verletzungen. Wir sind jederzeit auf Notfälle in allen klinischen Bereichen eingestellt.“

Dr. Thomas Giefer, Chefarzt der Klinik für Handchirurgie, ergänzt, dass in den Jahren vor 2019 durchaus mehrere komplexe Fälle in der Silvesternacht eingeliefert wurden, die in mehrstündigen Operationen versorgt werden mussten. „Zuweilen sind die Verletzungen so schwer, dass die Patienten trotz schneller ärztlicher Hilfe und erfolgreicher Operationen irreversible Schäden davontragen“, so Giefer.

Daher seien in diesem Jahr, ohne Covid-Einschränkungen, wieder mehr Hand- und Gesichtsverletzungen zu erwarten. „Wir sprechen uns für einen äußerst zurückhaltenden Gebrauch von Feuerwerk und Böllern aus. Zum einen aus Sicherheitsaspekten – damit die Feierenden erst gar keine Patienten werden. Zum anderen, um eine zusätzliche Belastung der Zentralen Notaufnahme zu verhindern. Damit sich die Ärzte und Pflegekräfte dort auf die akut erkrankten Patienten konzentrieren können“, so Lückenbach.

50 Patienten in der Ambulanz

Auch im Euskirchener Marien-Hospital ist man auf den Jahreswechsel vorbereitet. Die Zahl der Ärzte sei nicht geringer als in den Jahren zuvor, sagt Nicole Nettersheim, Pressesprecherin des Marien-Hospitals. Seit 2019 hatten jeweils etwa 50 Menschen in der Silvesternacht die Ambulanz aufgesucht: „Gravierende Verletzungen kommen zwar vor, sind jedoch eher selten. Jedenfalls im Vergleich zu Großstädten, wo auf wesentlich engerem Raum mehr Menschen feiern und Feuerwerke zünden.“

Wie sich die Silvesternacht auf die pandemische Entwicklung im Kreis auswirke, sei nicht abzuschätzen. Die Zahl der Corona-Patienten sind Nettersheim zufolge in den vergangenen Wochen gestiegen. Am Donnerstag seien 14 von ihnen in Behandlung – jedoch benötige keiner eine intensivmedizinische Betreuung.

Polizei will im Kreis Euskirchen mehr Alkoholkontrollen durchführen

Die Silvesternacht 2021/22 verlief aus polizeilicher Sicht unauffällig. Wie die Polizei berichtete, mussten die Beamten am Jahreswechsel 2021/22 im Kreisgebiet zu 28 Einsätzen mit Silvesterbezug. Im Jahr zuvor waren es 53. Wie in den Jahren zuvor, sollen verstärkt Alkoholkontrollen durchgeführt werden. Die Polizei rechnet mit einem „erhöhten Feieraufkommen“. Das sei bei der personellen Besetzung für die Silvesternacht berücksichtigt worden, heißt es seitens der Polizei.


Für die einen ist das Feuerwerk ein ritueller Neujahrsspaß, für die anderen der pure Neujahrsstress: Wildtiere, Nutztiere und Haustiere – sie alle drehen regelrecht durch, sobald in der Silvesternacht die Raketen fliegen.

„Natürlich bin ich für ein Böllerverbot“, sagt Rainer Bauer, Leiter des Kreistierheims in Mechernich. Zwar seien die Hundehäuser gut gegen Schall und Geräusche isoliert, dennoch bedeute so eine Nacht Stress für die Tiere. Bauer bringt aber noch einen weiteren Aspekt an. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass aus der Ukraine geflüchtete Menschen es toll finden, wenn nun hier auch geböllert wird“, sagt Bauer: „Ich kann die Menschen verstehen, die Silvesterböller aus Spaß in die Luft jagen. Aber ist der Spaß es auch wirklich wert?“

Nach Angaben des Umweltbundesamtes sind Feuerwerkskörper jedes Jahr für rund ein Prozent der gesamten Feinstaubmenge, die in Deutschland jedes Jahr freisetzt wird, verantwortlich. Konkret geht es da um mehr als 2000 Tonnen Feinstaub, die jährlich vom Feuerwerk an Silvester produziert werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Müll, der durch die Böllerei entsteht. Doch die Industrie bemüht sich. Von einer Feuerwerksfirma gibt es die „Green Line“. Auf ihrer Webseite schreibt das Unternehmen, dass die Feuerwerke der Green Line plastikfrei, recycelbar und aus Altpapier seien. Das Unternehmen sagt, dass jedes verkaufte Feuerwerk in Sachen

CO2 kompensiert werde. Zudem sei das Feuerwerk „geräuschreduziert“, um weniger Belastung für Tiere darzustellen. (tom)

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