LVR-IndustriemuseumLego-Tag mit großer Faszination für kleine Steine in Euskirchen

Staunen, was mit Lego-Steinen alles möglich ist: Die Modelleisenbahnanlage „Steinthal“ war Publikumsmagnet beim 2. Lego-Tag im LVR-Industriemuseum. Fotos: Stefan Lieser
Copyright: Stefan Lieser
Euskirchen-Kuchenheim – Am Anfang war – der „Grundstein“. Und dann jede Welt. So verstehen die Freunde des Lego-Systembausteins vermutlich ihr Hobby: Es bietet Platz für grenzenlose Fantasie. Zehn von ihnen zeigten am Sonntag ihre Kreationen beim zweiten Lego-Tag im LVR-Industriemuseum Tuchfabrik Müller.
In der einstigen Spinnerei sprühte an diesem Tag die Kreativität. Vorausgesetzt, man kann sie mit den Steinen des Lego-Systems umsetzen. Mehrere hundert große und kleine Besucher waren zum Lego-Tag gekommen, um sich in Welten auf der berühmten „Grundplatte“ entführen zu lassen oder große Bauten zu bewundern.

Patrik Sonnenberg mit einem seiner „Race-Trucks“.
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Hauptsache gesteckt, nicht geklebt! Wen das mehr faszinierte? Die Kinder von heute, die in Videogames ganz andere Welten „besuchen“? Doch wohl eher deren Väter oder gar Großväter, für die Lego in ihrer Kindheit die einzige mögliche Anderswelt war.
Patrik Sonnenberg sieht sich als Anbieter einer bundesweiten Exklusivität. Dafür braucht er ein Originalset des Steinchenherstellers aus Dänemark, und dann baut er auf, was ihm für seine Art der Science Fiction gerade zu passen scheint. „Spielend in den Weltraum“ lautete das Motto des Tages in der einstigen Tuchfabrik, da war Sonnenberg schon mal Stichwortgeber.
Auf einem Hindernisparcours durch eine Mondlandschaft
Seine „Race-Trucks“ aus Lego hatten einen Parcours zu bewältigen. Die Kinder an der Fernsteuerung konnten, wenn sie wollten, den Hindernisparcours auch als grob gestaltete Mondlandschaft sehen.

Der „Felsen“ aus der Phang-Nga-Bucht von Wolfgang Hoffmann.
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Die Welt als Grundstein und Vorstellung: Ob aus dem Modellset des Herstellers, realistisch nachgebaut oder aus der reinen Fantasie. Zwei mal vier Steckköpfe hat das berühmte Grundmodell von Lego, von hier aus sind alle weiteren Einzelsteine abgeleitet. Auch die im Maßstab 1:100 nachgebaute Saturn-Trägerrakete mit Startrampe und Transportfahrzeug. „Genau so sieht das in Cape Canaveral aus“, beteuert Jürgen Kropp aus Köln-Vogelsang, er war schon dort.
Wenn der Lego-Virus aktiviert wird
Mit zehn Jahren hat er „erste Erfahrungen“ mit dem Bausteinsystem gemacht, dann war er eine ganze Zeit lang abstinent in diesen Sachen, „bis mir vor zehn Jahren ein Freund vom Lego-Stammtisch erzählte“. Der 63-Jährige ging mit zum Treffen der Gleichgesinnten.
Und der Lego-Virus war wieder aktiviert. 8000 Steine verbaute Kropp in drei Monaten für die Raketenstartanlage, 3500 Euro würde er dafür auf dem Markt verlangen. Allein der voluminöse Transporter, den er im Auftrag eines Fans noch einmal nachgebaut hat, brachte ihm 500 Euro ein. Für den 2,80 Meter hohen Nachbau des derzeit höchsten Wohngebäudes der Welt, den Bhurj Khalifa (Original: 828 Meter), wäre der Verkaufspreis Verhandlungssache. „Ich baue immer in die Höhe“, so Kropp zum Offensichtlichen.
Hobbystatiker sind am Werk
Wer als Erwachsener mit Lego baut, entdeckt eben nicht nur das Kind in sich wieder, sondern auch den Ingenieur – und idealerweise den Hobbystatiker. Wolfgang Hoffmann aus Bergheim hat seinen „Felsen“ mitgebracht, der im unteren Teil ein maßstabsgetreuer Nachbau eines markanten Felsens in der Phang-Nga-Bucht in Thailand ist, bekannt aus dem James-Bond-Film „Der Mann mit dem goldenen Colt“.

Jürgen Kropp und der Nachbau der Basis in Cape Canaveral.
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Darauf hat Hoffmann ein Fantasiegebäude gesetzt: für die einen ein mittelalterlicher Speicher, für die anderen ein Fantasy-Schloss. Für beides hat Hoffmann im Schaffensrausch in die Container mit den Steinen gegriffen und dann „die Händchen laufen lassen“.
Kein anderes Spiel biete diese Möglichkeiten, davon ist er überzeugt. So begeistert war er schon als Kind, vor 13 Jahren kehrte die Leidenschaft beim Ü-60-Jährigen zurück: Seine Tochter hatte Lego für sich entdeckt – und der Vater war neu entflammt.
Ein bekanntes Verhaltensmuster bei älteren Männern
In der alten Spinnerei war das offenbar ein bekanntes Verhaltensmuster bei älteren Männern. Und kommt die Blockade, „wenn es beim Bauen einfach nicht weiter geht“, dann empfiehlt der Homo ludens aus Bergheim, „aufzuhören und besser erst mal den Rasen mähen“. Am Ende will berechnet sein, was zusammengesteckt ist und beim Transport nicht zerbrechen soll.
Diese Sorgen muss man in „Steinthal“ nicht haben. Eine komplette Monorail-Bahn, eine der Loks hat sogar eine Kamera, deren Bilder während der Fahrt per WLAN live auf einen kleinen Monitor übertragen werden, haben Stefanie und Ralf aus Euskirchen aufgebaut. 2,60 Meter lang, einen Meter tief, zusammengesetzt aus den Grundplatten: Diese Zauberwelt hat „Morast-Standard“, das bei Lego-Fans anerkannte Maß für den Monorail-Schienenanlagenbau. Grundeinheit ist ein Meter Tiefe aus Grundplatten.
Alle Steinchen kommen zurück in die Sammelcontainer
Das Paar ist zwar Mitglied im Fan-Forum „1000 Steine“, will seinen vollständigen Namen aber nicht in der Zeitung lesen: Vorsicht Diebe! Dieses kleine Lummerland mit einem Dorf, Kürbisgarten, der Serpentinenbahn, einer Drachenhöhle, belebt von den Lego-Figürchen, ist eine besondere Welt. Besitzen will sie so manch einer. Aber nachbauen?
An den großen Lego-Modelltagen wie der „Brickborn“ Anfang Oktober in Neuhäusel im Westerwald zeigen die beiden Euskirchener ihr „Steinthal“, insgesamt auf drei bis vier Ausstellungen im Jahr. Spätestens danach werde nicht mehr nur abgebaut und verstaut, sondern Tabula rasa gemacht: Alle Steinchen kommen zurück in die Sammelcontainer. Nur die leeren Grundplatten bleiben. Zeit für eine neue Welt.
41 Steine hat etwa eine kleine „Palme“ im Steinthal. „Das machen wir abends nebenbei beim Fernsehen“, so Stefanie. Ist sie Lego-süchtig? Sie wiegelt ab: „Wir haben Familie, Kinder, Tiere. Dafür muss auch noch Zeit sein.“