Kämpfen in MechernichKinder erhalten in Workshop Einblick in Wrestling-Welt

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Exakt sitzen müssen die Griffe, die Fynn Freyhart zeigt, damit sich beim Showkampf niemand verletzt.

Exakt sitzen müssen die Griffe, die Fynn Freyhart zeigt, damit sich beim Showkampf niemand verletzt.

Mechernich – Kampfszenen in Mechernich: In dem professionellen Boxring, komplett mit Schwingboden und Stahlseilen ausgestattet, bewegen sich die Kämpfer aufeinander zu, greifen sich an den Hals. Das mag zum Alltag im Kampfsportstudio gehören, doch im Evangelischen Gemeindehaus ist das durchaus ein ungewohnter Anblick. Zumal die Kämpfer, die sich gerade in den Schwitzkasten nehmen, alle minderjährig sind.

Darüber hinaus ist Fynn Freyhart nicht ganz zufrieden mit dem, was seine Schützlinge dort machen – und zwar nicht, weil sie sich überhaupt an den Hals gehen. Er korrigiert die Griffe und diktiert die nächsten Bewegungen: „Headlock“ aufbrechen, Arm drehen, eindrehen und den Gegner in den Schwitzkasten ziehen. „Und du lässt dich ziehen“, weist er den dann vermeintlich Unterlegenen an. Denn der Profi-Wrestler gibt den Kindern einen Einblick in seinen Sport: Wie kämpfe ich möglichst spektakulär, ohne meinem Gegner wirklich Schaden zuzufügen? Der Workshop mit der Einführung in die Welt des Wrestlings findet im Ferienprogramm des Kirchenkreises Aachen statt.

Die Idee zu dem Workshop stammt von Carlos Martinez. Der Nettersheimer veranstaltet seit 2003 den „Rock’n’Roll Wrestling Bash“, eine Show mit Heavy Metal Musik und Wrestling, die auch in den USA und Mexiko unterwegs ist. Showkämpfe mit Livemusik sind eine Mischung, die ihr Publikum gefunden hat. Doch die Kinderworkshops haben nicht das Ziel, Nachwuchsathleten auszubilden.

Von 2017 bis zur Flutkatastrophe gab es trotz Nachfrage keine Workshops

„Als ich das im Jahr 2017 zum ersten Mal gemacht habe, war das vor allem ein soziales Projekt für Kinder, die keinen Sommerurlaub machen konnten“, erzählt Martinez. Über die körperliche Betätigung hinaus hat das Projekt auch eine kreative Komponente, denn die Kinder müssen sich einen Show-Charakter ausarbeiten und ein Kostüm dafür gestalten.

Nach dem Premieren-Workshop in Köln habe es trotz Anfragen keine weiteren mehr gegeben. Bis zur Flutkatastrophe in der Eifel. „Wir haben in Nettersheim im Sommer über drei Wochen ein Camp gemacht und auch eines in der ersten Woche der Herbstferien“, erzählt der Veranstalter. Der Kontakt zum Kirchenkreis lief über die Jugendreferentin Christina Pütz. „Wir haben den Workshop zuerst mit ehrenamtlichen Mitarbeitern von 16 bis 50 Jahren gemacht, der super ankam“, erzählt sie. In Zusammenarbeit mit dem Kobiz des Kreises Euskirchen sei der Kinder-Workshop ausgeschrieben worden. Elf Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren nehmen teil. „Die Kinder sind hier selbstbestimmt und können sich ausleben“, sagt sie.

Hoch konzentriert üben die Jungs den „Headlock“ und die anschließenden Befreiungsmoves.

Hoch konzentriert üben die Jungs den „Headlock“ und die anschließenden Befreiungsmoves.

„Ohne Teamwork geht Wrestling nicht“, erläutert Martinez. Denn es gehe um Show: „Es ist ein Teamsport: Der Unterlegene macht den großen Job, denn er lässt den anderen gut aussehen.“ Das bestätigt auch Freyhart: „Uns ist egal, wer gewinnt, das bestimmt der Veranstalter.“ Schläge werden nie durchgezogen. Die Kämpfer seien Athleten, die auch schauspielen. Tun sie sich denn nicht weh? „Doch, wenn man auf den Boden fällt, das ist schmerzhaft, das muss man lernen“, sagt er.

Auch die vermeintlich anarchistische Wrestling-Welt hat ihre feste Regeln. „Regel eins: Schütze deinen Gegner. Regel zwei: Schütze dich selbst. Und Regel drei: Beeindrucke dein Publikum“, diktiert Freyhart seinen jungen Eleven die Grundbegriffe des Wrestlings. Dann bringt er ihnen die Bewegungsabläufe bei. Wie in einer Tanzchoreographie sind Griffe und Drehungen festgelegt, die wie ein Kampf aussehen, bei dem sich der eine aus einem Griff befreit und seinen Gegner kontert. Doch ohne die gegenseitige Kooperation geht es nicht.

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„Die Kinder sind da total drin“, erzählt Pütz von den Rückmeldungen der Eltern. Die Körpererfahrung sei wichtig. „Hier spüren die Kinder, wie weit sie gehen können“, sagt sie. „Das pusht die Kinder mental“ ergänzt Martinez. Das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein entwickle sich, schüchterne Kinder können sich um 180 Grad drehen: „Wenn du siehst, dass du den Kindern eine neue Welt gezeigt hast, ist das der Hammer.“

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