Der 289 Jahre alte Hausbaum der Bockwindmühle ist geschützt und ein Ausstellungsraum entstanden. Die Enkel des letzten Müllers sind begeistert.
Spieler MühleEines der ältesten Gebäude im Freilichtmuseum Kommern ist überarbeitet

Zum Schutz vor Witterung: Der Bock, auf dem die Spieler Mühle steht, wurde mit einem Mauerring und Kegeldach eingehaust. In dem kleinen Gebäude befindet sich nun eine Ausstellung.
Copyright: Julia Reuß
Als Helmut Liefen einen der neuen Räume unter der Bockwindmühle aus Spiel im Freilichtmuseum betritt, muss er sich bücken. Allzu hoch sind der Eingang und auch der Raum dahinter nicht. „Schön geworden“, sagt Liefen und schaut sich die Ausstellungsstücke in dem Raum genauer an. Wäre Liefen ein paar Jahrzehnte früher geboren, hätte er vermutlich selbst die Säcke in dieser Mühle geschleppt: Er ist der Enkel des letzten Müllers der Spieler Mühle. „Der vierte geborene Enkel“, betont Liefen.
Als er 1962 das Licht der Welt auf dem Hof der Spieler Mühle erblickte, stand die Bockwindmühle bereits seit drei Jahren im Freilichtmuseum in Kommern. 1959 verkaufte Liefens Großvater das historische Gebäude, das eines der ersten ist, das in Kommern errichtet wurde.
Bockwindmühle im Freilichtmuseum musste schon häufig saniert werden
Fast 180 Jahre lang war sie davor in Betrieb. „Ein einzigartiges Gebäude, das uns zeigt, wie unsere Vorfahren die Kräfte der Natur nutzten“, beschreibt es Museumsleiter Dr. Carsten Vorwig. Doch diese Kräfte hinterließen über die Jahrhunderte auch Spuren an der Mühle selbst.
2011 erhielt sie deshalb neue Flügel, 2012 musste das Schindeldach ausgebessert werden, 2014 war eine Thermobehandlung gegen Holz-Schädlinge nötig, 2018 wurde der Bock saniert und 2020 mussten Balken und Treppe repariert und das Schindeldach komplett erneuert werden. Die vielen Ausbesserungen hätten eines deutlich gemacht: „Wir müssen die Holzkonstruktion der Mühle besser schützen“, so Vorwig.

Freuen sich über die Eröffnung: Ann-Franziska Heinen (v.l.), Carsten Vorwig, Anne Henk-Hollstein (LVR), Helmut Liefen, Jürgen Frantzen (Bürgermeister der Gemeinde Titz) und Michelle Turlach (Freilichtmuseum).
Copyright: Julia Reuß
Immerhin: Der Hausbaum, auf dem das gesamte Mühlenhaus steht, ist schon im Jahr 1736 gefällt worden. Das habe eine wissenschaftliche Untersuchung im vergangenen Jahr ergeben, berichtet Ann-Franziska Heinen, wissenschaftliche Leiterin Museumsbetrieb. Der Pfahl, der die gesamte Mühle hält, ist damit 289 Jahre alt.
Neue Ausstellung in Kommern gibt Einblicke in Müller-Handwerk
Deshalb haben die Handwerker des Freilichtmuseums den Holzbock nun nach historischem Vorbild mit Mauerring und Kegeldach eingehaust. Das Ganze dient allerdings nicht nur dem Schutz, sondern hat noch eine weitere Funktion.
„Mit dieser Einhausung entstand ein ganz neuer Raum“, schildert Vorwig. Oder konkreter: Vier neue Räume, jeweils zwischen den vier Holzstützen des Bocks. Hier hat das Team um Kuratorin Heinen eine kleine Ausstellung aufgebaut. Besucherinnen und Besucher können hier trotz der engen Räume einiges über die Müllerei, die Besonderheiten der Bockwindmühlen und die Geschichte der Spieler Mühle erfahren.

Waage, Mehlsäcke, Karren: Die Ausstellung zeigt typische Gegenstände, die in einer Bockwindmühle zum Einsatz kamen.
Copyright: Julia Reuß

Ihre Kraft testen können Besucher an der Station mit den Mehlsäcken.
Copyright: Julia Reuß

Die Spieler Mühle in klein hat ein Auszubildender gebaut.
Copyright: Julia Reuß
Neben Info-Tafeln und historischen Gebrauchsgegenständen sind auch Soundeffekte und eine Videostation eingearbeitet. In einem Raum können die Besucher verschieden schwere Mehlsäcke hochheben, um einen Eindruck von der körperlichen Arbeit der Müller zu erhalten. Besonders stolz ist das Museum aber auf die Miniatur-Nachbildung der Mühle, die der Auszubildende Tom Ewertz des Museums angefertigt hat.
Die Einhausung des Holzbocks samt Museum wurde im Rahmen des Projekts „(H)aus alt mach neu!“ erstellt. Im Zuge dieses Projekts werden im Freilichtmuseum Stück für Stück langjährige Museumsgebäude angeschaut und inhaltlich wie gestalterisch überarbeitet. Helmut Liefen findet, dass das im Fall der Bockwindmühle seines Großvaters gelungen ist. „Für unsere Familie ist das schon ein besonderer Tag“, sagt er bei der Einweihung der neuen Einhausung. Deshalb ist er auch nicht alleine gekommen, sondern hat einen Großteil der Familie mitgebracht.
Schon sein Urururopa sei Müller gewesen, skizziert er seine Familiengeschichte. Allerdings nicht in Spiel. Diese Bockwindmühle sei durch seinen Uropa in den Besitz der Familie gekommen. Selbst sein Vater habe das Handwerk noch gelernt und auch auf der Spieler Mühle gearbeitet. „Dann ist die Müllerei in die Landwirtschaft übergegangen“, berichtet Liefen. Der Hof in der Gemeinde Titz, auf dem die Bockwindmühle einst stand, ist noch heute in Familienbesitz.