ModeDieser 22-jährige Mechernicher ist laut Vogue einer der spannendsten Designer der Welt

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Luis Dobbelgarten trägt eine schwarze Mütze und hält eine Lederjacke in der Hand.

Luis Dobbelgarten ist ein aufstrebender Designer aus Mechernich.

Die Modewelt schaut nach Mechernich. Denn hier entwirft der 22-jährige Luis Dobbelgarten Designerteile, die ihn sogar bis in die Vogue gebracht haben.

Mehr als 82.000 Menschen folgen seiner Marke auf Instagram. Jüngst bezeichnete die Modezeitschrift Vogue ihn als einen der aufstrebenden Designer, die man jetzt kennen müsse. Das Jahr über reist er nach Italien, wo er Lederjacken produzieren lässt, die mehr als 2000 Euro kosten. Oder nach Paris, um ein neues Fotoshooting „mit 20 Girls“ zu organisieren. Luis Dobbelgarten heißt der 22-jährige Gründer von „No/ Faith Studios“.

Luis Dobbelgarten hat Designer-Atelier über einer Dönerbude

Sein Atelier, in dem er seine Kleidung entwirft, findet sich nicht etwa in Berlin oder London, sondern in der Firmenicher Zikkurat, über einer Bowlingbahn und einer Dönerbude. „Ich verbringe eigentlich den ganzen Tag hier“, sagt Dobbelgarten, der ganz in Schwarz gekleidet ist. Die schulterlangen, gelockten Haare trägt er unter einer Mütze, an den Ohrläppchen kleine Creolen und Silberketten um den Hals.

Wenn man Dobbelgarten etwas fragt, antwortet er nicht mit Ja oder Nein, sondern mit „Safe“. „Ich steh auf, kipp mir einen Energy rein, dann muss ich Pakete packen. Dann habe ich meinen zweiten Energy-Drink“, sagt Dobbelgarten und lacht: „Und ja, dann bin ich eigentlich den ganzen Tag am Designen. Ich gehe nie feiern, ich bin selten unterwegs, meine einzige Droge sind Energy-Drinks, wenn ich das so sagen darf“, führt er aus.

Die Designs von Luis Dobbelgarten entstehen auf dem iPad

Seine Angestellten sind gleichzeitig seine Freunde. Sie studieren Modedesign in Düsseldorf und sehen ein bisschen aus wie er: dunkle Kleidung, lange Haare. „Das ist Mo“, sagt Dobbelgarten und deutet auf den Größeren mit Schnäuzer: „Und das ist Dario.“ Die Designs entwerfen die Jungs ausschließlich auf ihren iPads. „Ich glaube, das Programm, das wir benutzen, ist sogar umsonst“, sagt Mo, der eigentlich Moritz Himmler heißt.

Beim Zeichnen orientieren sie sich an 2D-Silhouetten von Frauen- und Männerkörpern, dazu notieren sie Maße, Material, Farben und die Waschung. „Luis macht das natürlich schon länger, aber wir arbeiten viel zusammen und schauen einfach, wer die cooleren Ideen hat. Mal finden wir Luis’ Entwurf besser, mal meinen“, so Himmler. Viele dunkle Farben finden sich in dem Atelier, in dem sich Akten auf Glastischen und Kleider auf dem Boden stapeln. Vor allem Leder und Jeansstoff verwendet Dobbelgarten gern.

zwei Männer in dunkler Kleidung vermessen eine Lederjacke

Dobbelgartens Angestellte sind zugleich auch seine Freunde.

Mit Siebdruck hat alles angefangen

Auf einer offenen Galerie steht ein Sessel, der aussieht wie eine Hand. Davor findet sich eine Vielzahl an Pfandflaschen. Im Hintergrund läuft Hiphop, die Musik, der sich Dobbelgarten verbunden fühlt. „Ich interessiere mich für Mode, Design, aber auch für Skaten und Hiphop. Das gehört für mich irgendwie alles zusammen“, sagt er. Im Grunde habe so auch alles seinen Anfang genommen. „Eigentlich hat alles angefangen damals im Skate-Camp. Da haben wir einen Siebdruck-Kurs gemacht“, erinnert er sich: „Danach hab’ ich überall erzählt: ,Ich mach jetzt eigene Shirts’. Ich war 14.“

Die großen Töne hätten bereits Wirkung gezeigt: „Die Leute fanden das da schon irgendwie cool“, sagt er. „Ich meinte dann zu meinen Eltern: ,Ich will jetzt mit Siebdruck anfangen’. Die haben mir einen Vogel gezeigt und gefragt: ,Wie Siebdruck? Das ist voll die Sauerei.’“ Deshalb hätten seine Eltern sein Hobby in den Garten verbannt. „Die ersten ein, zwei Jahre habe ich wirklich nur Shirts im Garten geprintet, auf Lustig“, sagt er. Mit 18 Jahren sei er in sein erstes Studio umgezogen – mitfinanziert durch die Verkäufe seiner Siebdruck-Kleidung.

Ein Badezimmer wird zum Druckzentrum

„Das waren 20 Quadratmeter. Man muss sich das vorstellen, das war nicht mal die Hälfte von dem heutigen Studio. Eigentlich war es eher eine winzige Wohnung“, berichtet er und untermalt die Ausführungen mit großzügiger Gestik. Vor allem das Badezimmer habe er zum Drucken benutzt. Zu dem Zeitpunkt habe er hauptsächlich kurze Texte und simple Motive auf Pullover und T-Shirts verewigt. „Das Badezimmer war am Ende total im Arsch, ich hab nicht mal die Kaution wieder gekriegt, weil ich die Farbe nicht mehr aus der Wanne bekommen habe“, so der 22-Jährige. Seine Freunde lachen.

„Ich hab’ jeden Tag Siebdruck gemacht, irgendwann hab’ ich mich daran so sattgesehen“, erinnert er sich: „Ich musste mir das erst beibringen. Ich stand immer in diesem Badezimmer, habe geprintet, neben mir mein Kollege. Dann hab ich dem die Shirts gegeben, der hat die unter die Presse gelegt. Nachts haben wir die Sachen verpackt und zur Post gebracht.“ Schon zu dem Zeitpunkt habe er die Kleidung über seine Marke „No Faith“ vertrieben. Mit den bedruckten Sachen habe er ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch Geld verdienen wollen, um seinen eigentlichen Traum zu verwirklichen: „Ich wollte das machen, worauf ich Bock habe, ich wollte Lederjacken machen“, so Dobbelgarten.

Luis Dobbelgarten sitzt mit iPad auf einem roten Sofa.

Die Designs von Luis Dobbelgarten entstehen auf dem iPad.

Als er genug Geld zusammengekratzt habe, sei Schluss gewesen mit dem Siebdruck: „Ich habe zwar schon Designs entworfen, aber am Anfang war es nicht so easy. Ich musste jemanden finden, der für mich näht und das auch umsetzen kann, was ich will.“

Ich hab’ da so Grannys angehittet, ob die mir was nähen können.
Modedesigner Luis Dobbelgarten

Er habe deshalb in Strickgruppen auf Facebook nach nähenden Menschen gesucht, oder wie Dobbelgarten es ausdrückt: „Ich hab’ da so Grannys angehittet, ob die mir was nähen können. Die haben die Designs nicht verstanden, für die waren die komisch, weil die Ärmel zum Beispiel viel länger waren als normalerweise.“ Schließlich habe er durch eine Kollegin eine Schneiderei in der Nähe gefunden, die seinen Ansprüchen gerecht wurde.

Um das schnelle Geld geht es schon lange nicht mehr

Mittlerweile lasse er aber alles in Italien produzieren. Obwohl er seine Sätze reichlich mit englischen Begriffen mixt, schwingt doch etwas Bodenständiges mit, wenn Dobbelgarten redet: „Alle denken, das ist alles voll big und du bist in der Vogue. Aber wir sind einfach die Jungs aus der Eifel, die ihr Ding machen. Wir denken uns nicht ,Lass uns einen Hoodie droppen, weil das Geld bringt’.“ Übersetzt heißt das: Der 22-Jährige will nur Kleidung produzieren, hinter der er als Designer stehe und die zur Marke passe. Um schnelles Geld gehe es dabei schon lange nicht mehr.

„Klar, ich hab’ damit angefangen, mit den Hoodies und Shirts, um Geld zu machen. Aber man hat sich auch weiterentwickelt. Aber ich konnte eben nicht direkt sagen, ich mache Ledersachen in Italien, dafür brauchte ich erstmal das Geld“, sagt er. Darum gebe es auch zwei Produktlinien bei No Faith: „Es gibt einmal sowas wie die Flared Jeans, wo ich denke, für 190 Euro, da kann man drauf sparen, wenn man will. Und dann gibt es die anderen Sachen, die ich über die günstigeren Klamotten finanziere. Da geht es dann eher um das Standing, um die Marke zu repräsentieren.“

Auch betont er, dass die Unterstützung seiner Familie ebenfalls für seinen Erfolg verantwortlich sei: „Mein Bruder macht den ganzen Kram mit den Steuern, zum Glück. Davon hab’ ich halt null Ahnung.“ Auch seine Großmutter unterstütze ihn – ab und an allerdings ohne ihr Wissen: „Ich hab’ mal so einen Mantel gemacht mit so Stoffen, die bei meiner Oma lagen“, erinnert er sich: „Kissenbezüge, Tischsets, Gardinen. Die weiß immer schon, wenn was fehlt, dass ich das war. Dann ruft die an und fragt: ,Wo sind wieder meine Kissenbezüge hin?’“

Aus der Eifel will Dobbelgarten nicht wegziehen: „Klar, vielleicht ist der nächste Step dann, nach Berlin zu gehen. Aber erstmal wollen wir hier bleiben.“

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