Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

MottowocheStatt „Abi-Krieg“ Karnevalsparty im Kreis Euskirchen

Lesezeit 4 Minuten

Abiturientin Katharina Jeworrek liefert sich während der Mottowoche mit ihrem Lehrer ein spannendes Bobbycar-Rennen.

  1. Die Mottowoche im Kreis Euskirchen verläuft friedlich und kreativ.
  2. Vor 19 Jahren gab es allerdings auch hier Ausschreitungen und Sachbeschädigung.

Kreis Euskirchen – Eine mutwillig zerstörte Eingangstür, ein entwurzelter Baum und Gülle, die vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulhof verteilt worden war. Vor 19 Jahren liefen die Feierlichkeiten der angehenden Abiturienten in Euskirchen aus dem Ruder. Marienschüler und Pennäler vom Emil-Fischer-Gymnasium bekriegten sich in ihrer letzten Schulwoche regelrecht und scheuten dabei auch nicht vor Sachbeschädigung zurück.

Auch in dieser Woche feiern die Abiturienten wieder ihre letzte Schulwoche, bevor in den Osterferien Pauken angesagt ist und bald die ersten Abi-Klausuren geschrieben werden müssen. „Von Hass und Missgunst sind wir weit entfernt“, sagt Schülerin Isabelle Riße vom Emil-Fischer-Gymnasium. Am Montag fand sogar erstmalig ein Fußballfreundschaftsspiel zwischen den beiden Jahrgängen statt – mit gemeinsamer dritter Halbzeit. „Ich habe mich noch nie so oft bei einem Marienschüler entschuldigt“, sagt Riße mit einem Augenzwinkern.

Große Karnevalsparty

Das passt ins Bild, dass die beiden Jahrgänge in diesen Tagen abgeben. Die letzten fünf Schultage an den beiden Euskirchener Gymnasien sind bisher eher eine große Karnevalsparty als eine Krawallveranstaltung. Es wird gefeiert, getanzt und sich verkleidet. Die beiden Abiturjahrgänge der Marienschule und des Emils haben es geschafft.

Noch vor der ersten Prüfung haben sich die Stufen ein „Denkmal“ gesetzt. Zwar ist die Mottowoche bereits ein schöner Brauch, doch was allein die 130 angehenden Abiturienten an der Marienschule auf die Beine gestellt haben, ist außergewöhnlich. Da wurde das Foyer der Schule mal schnell zur Strandbar, zum Bauernhof, zur Disco oder zum „Asi-Treff“ umfunktioniert. Über die einzelnen Motti wurde innerhalb der Jahrgangsstufe abgestimmt. Auf Freitag freut sich Marienschüler Lukas Heiwolt besonders: „Wir haben für die gesamte Jahrgangsstufe Talare und Doktorhüte bestellt und feiern Abschied im US-amerikanischen Stil“, sagt der Ülpenicher, der beim Springbreak-Tag nur in Badehose, Adiletten und Bierkönig-T-Shirt in die Schule ging.

Über die Zeit nach der Mottowoche macht sich Heiwolt noch keine Gedanken. „Ich möchte das einfach nur genießen, denn ich glaube nicht, dass wir uns später noch so oft in dieser Konstellation sehen werden.“

Den Augenblick leben

Auch Isabelle Riße lebt den Augenblick, denn manchmal kommt vor der (Abitur-)Arbeit eben doch das Vergnügen. Bei ihren Feiern und der Umsetzung des eigentlichen Mottos scheuten Riße und Co. jedenfalls keine Kosten und Mühen. „Ich habe meine Klamotten für den Seniorentag im Schrank meiner Oma gefunden“, berichtet sie. Beim Motto Marioworld wurden die Abiturienten des Emil-Fischer-Gymnasiums mitunter ganz schön kreativ: Aus Kissen wurden beispielsweise Pilz-Hüte genäht und Katharina Jeworrek hat sogar ihr altes Bobbycar rausgekramt für das wohl illegalste legale Autorennen auf dem Schulhof: Schülerin Jeworrek im Duell mit Lateinlehrer Bora Yildirim – jeweils auf einem Bobbycar. Die Strecke wurde wenige Minuten zuvor mit Kreide markiert. „Ich glaube, sie haben mich gewählt, weil ich rückwärts einparken kann“, sagt die Abiturientin. Gegen den Pauker hat sie allerdings trotz lautstarker Anfeuerungen keine Chance und muss sich nach drei Runden geschlagen geben.

„Die Schüler der beiden Gymnasien verhalten sich vorbildlich“, freut sich der Schulleiter des Emil-Fischer-Gymnasiums, Dr. Wolfram Ferber. Im Austausch mit den Oberstufenkoordinatoren und dem Stufensprecher seien im Vorfeld „Spielregeln“ festgelegt worden, an die sich bisher ausnahmslos gehalten wurde. Eine dieser Regeln stellt klar, dass kein Motto zum Alkoholkonsum in der Schule verleiten soll – wie etwa Oktoberfest. In der Nacht zu Freitag darf die komplette Jahrgangsstufe in der Schule übernachten.

Eine unvergessliche Woche ermöglichen

„Das ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass wir das machen“, so Ferber. Auch die Marien-Schüler werden in der Sporthalle nächtigen können – beaufsichtigt von fünf Lehrern. „Es ist schön, dass alle so mitziehen und den Schülern eine unvergessliche Woche ermöglichen“, sagt der Schulleiter der Marienschule, Jürgen Antwerpen.

Auch am Franken-Gymnasium in Zülpich feiern die Abiturienten kräftig ihre letzten Tage an der Schule. Am Freitag dürfte es für viele Schüler und Lehrer allerdings schwierig werden, das Gebäude zu betreten.

Mit Straßenabsperrungen, Bauzäunen und Unmengen Strohballen wollen die Abiturienten die Schule „dicht machen“. Jahrgangsstufensprecherin Jule Bannier hatte sich zum „Asi-Tag“ extra „rausgeputzt“ und den grellen Lippenstift besonders dick aufgetragen. Am Freitag soll es hingegen verhältnismäßig schlicht in die Schule gehen. „Wir wollen unsere Abi-T-Shirts tragen und unser Motto präsentieren: Abi heute – Captain Morgan“, sagt die Zülpicherin, die zugibt, noch nicht ganz realisiert zu haben, dass am Freitag die Schulzeit vorüber ist: „Es fühlt sich ein bisschen komisch an. Aber die Gewissheit kommt erst nach den Ferien.“

Ihr Schulleiter Franz Peter Wirtz hält die Aufmerksamkeit für die Mottowoche für übertrieben: „Sie haben doch noch gar nichts geschafft. Da könnte ja auch der Tafelschwamm mitfeiern.“ Bannier und ihre 87 Mitabiturienten lassen sich von einer solchen Aussage nicht den Spaß verderben: „Die Schulzeit wird ein unvergesslicher Teil unseres Lebens bleiben. Und so etwas kann man auch feiern.“

Ähnlich sehen das auch die Abiturienten vom Mechernicher Gymnasium am Turmhof, die sich nach zwölf Jahren mit dem Motto „MafiABI – 12 Jahre Verbrechen“ verabschieden. Allerdings dauert ihre Mottowoche nur vier Tage, da das Lehrerkollegium in Mechernich am Mittwoch auf einer Fortbildung weilte und die Schule geschlossen war.