Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nach Bombenexplosion in EuskirchenSchaustellerfamilie kämpft um Existenz

Lesezeit 3 Minuten

Fridolin Schaffrath (rechts) und Peter Metzner am Wohnwagen der Schausteller: Im Hintergrund ist der Schuttberg zu erkennen, dahinter explodierte die Luftmine.

Euskirchen – Sechs Wochen ist es her, dass in Euskirchen ein Baggerfahrer bei der Detonation einer Luftmine getötet wurde. Zwei weitere Menschen kamen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus, zahlreiche Gebäude wurden beschädigt.

Vieles wurde mittlerweile behoben, die Versicherungen kommen im Regelfall für den Schaden auf.

Schutt verhinderte Schlimmeres

Anders sieht es bei der Schaustellerfamilie Schaffrath aus. Vater Fridolin und Mutter Christa leben mit ihren beiden Söhnen Stefan (16) und Oliver (14) den dritten Winter auf dem Gelände. Nur der meterhohe Schuttberg trennte die Wohnwagen und Anhänger von dem Unglücksort. „Der Berg hat uns das Leben gerettet“, sagt Fridolin Schaffrath.

Als die Luftmine beim Zerkleinern detonierte, saßen er, seine Frau und ihr Freund Peter Metzner in dem einen, die beiden Kinder befanden sich in dem anderen Wohnwagen. „Wir haben zuerst gedacht, da ist eine Gasflasche hochgegangen“, berichtete Fridolin Schaffrath, denn man habe am selben Tag erstmals eine Gasflasche von einem neuen Lieferanten erhalten. Draußen habe man dann die Rauchwolke und das Feuer gesehen von der anderen Seite des Berges gesehen.

Schnell war auch klar: Obwohl der aufgehäufte Schutt die Druckwelle abgeschwächt hat, ist bei den Schaffraths einiges zu Bruch gegangen. An einer Zugmaschine ist die Windschutzscheibe zerborsten. Die Pfeil-Ball-Werfen-Bude ist zertrümmert. Auch im Süßwarenwagen, in dem es immer noch nach gebrannten Mandeln riecht, herrscht Chaos.

Schwere Edelstahlgeräte, die fest mit der Wagenwand verbunden waren, sind in Richtung Wagenmitte gerutscht, eine Edelstahlplatte, die an der Wand angebracht war, ist durch den Wagen geflogen. Auch ein VW-Bus wurde beschädigt, ihn hat Vater Fridolin mit einem Gabelstapler selbst ausgebeult. „Da ist dieses Jahr der Tüv fällig, da kommt er nicht durch.“

Unklar ist der Zustand des Karussells. Die „Kleine Raupe“ aus dem Jahre 1946 ist vermutlich auch kaputt. Die Gondeln und weiteren Bestandteile liegen in einem Wagen verstreut. Ein Gutachter hat das Gerät vorsorglich stillgelegt. Schaffraths müssten erst Eisenhaken röntgen, das kostet aber 1200 Euro.

Doch mit den Finanzen ist das so ein Problem: Eine Versicherung kommt für den Schaden, den Fridolin Schaffrath auf 100?000 bis 200?000 Euro schätzt nicht auf. Denn wie bei vielen Schaustellern üblich, werden die Wagen im Winter abgemeldet. Bei Schaffraths war das ein paar Tage vor dem Unglück der Fall.

Erst im Mai sollten die Wagen wieder angemeldet werden. „Das sind für uns unnötige Kosten“, so der Schausteller.

Jetzt steht die Familie vor dem Ruin. Die Stadt habe den Schaffraths klar gemacht, dass von ihr keine Hilfe zu erwarten sei. „Pech gehabt“, soll es beim Ordnungsamt geheißen haben.

Geld zur Reparatur der Geschäfte fehlt. Verträge mit Jahrmärkten, etwa in Adenau, Belgien, dem Westerwald und Trier, hat die Familie für dieses Jahr gekündigt. „Die Kirmesplätze sind nicht zu halten, die Plätze sind im nächsten Jahr dann vermutlich bereits besetzt“, so Fridolin Schaffrath. Seine Frau ergänzt: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht.“