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Kabarett „Fast zu Fürth“Viel Nonsens und ein Fall von unerträglichem Sexismus

Lesezeit 3 Minuten

Gehobener und manchmal auch niederer Nonsens: Das Trio „Fast zu Fürth“ trägt den Schalk schon im Namen.

Leverkusen – Erst als Matthias Egersdörfer es im süddeutschen Dialekt ausspricht, geht einem ein Licht auf: „Fast zu Fürth“ heißt das Trio mit Multi-Instrumentalist Robert Stephan und Akkordeonspieler Lothar Gröschel. Eigentlich sind sie ja fünf, nur der Gitarrist und der Schlagzeuger haben sich auf irgendwelchen kruden Abwegen verirrt, falls man den Ausführungen von Egersdörfer Glauben schenken will.

Was zur Hölle?

Wenn man am Freitagabend ohne Vorahnung in das Konzert der drei im Forum stolpert, wird man von der Absurdität dieser Erscheinung zunächst tief getroffen. Zwei dickliche Herren und ein stoischer Ziehharmonika-Spieler „singen“, nicht gleichzeitig, schief und ohne Rhythmus: „Ich Schwanz, du Möse – Bam. Ich Möse, du Schwanz – Bam.“ Was zur Hölle, könnte man meinen.

Nonsens-Performance

Doch als dann Egersdörfer in den Abend einleitet, und im größten Phlegma „Es ist uns eine große Freude“ verkündet, eröffnet sich das Kalkül hinter der Nonsens-Performance. „Mit diesen beiden ersten Liedern ist, inhaltlich und musikalisch, was unsere Leistung anbelangt, das Pulver im Grunde schon verschossen“, gibt der unbewegte Komiker zu. Und dass die anderen beiden Musiker – ohne ihn – durchaus zu Höchstleistungen fähig wären.

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Die Entstehung der Stücke (in denen es zum Beispiel darum geht, dass einer sich je ein Glöckchen an Arm und Bein bindet) habe indes viel mit mittelfränkischem Bier und Schlehenschnäpsen zu tun. Dementsprechend bewegen sie sich auch irgendwo zwischen Volksmusik und Dadaismus, der klingt, als wäre er gut in einer Kneipe aufgehoben. Spät, sehr spät am Abend. 

Gesang ohne Text

„Sie werden sich vielleicht manchmal fragen: Was soll das?“ erklärt Egersdörfer weiter. Man solle sich melden, wenn es nicht zu überbrücken sei; dann könne man das besprechen. Natürlich meldet sich niemand, außer einmal, um „Passt schon“ zu antworten, als Egersdörfer sich für seinen „Gesang ohne Text“ entschuldigt. Doch der Impuls, aufzustehen und etwas kundzutun, kommt schon auf.

Wer lacht unter der Maske?

Ob das auch für den Rest des Publikums gilt, ist unklar – man kann nicht unter die Masken gucken und prüfen, ob überhaupt jemand lacht. So kommt es leider auch zu einem Fall von unerträglichem, lüsternen Sexismus. Es wäre anzunehmen, dass die Männer auf der Bühne provozieren wollen; wäre nicht der Rest des Programms so unfassbar unschuldig und brav. Die größte Provokation davor war es, zwischen Songzeilen je Zehn-Sekunden-Pausen zu lassen.

Hamsterkauf passt auf Jingle Bells

Vermutlich ist auch das ganze Konzept durchgeplanter, als es den Anschein macht, wenn Stephan gongschlagend um das Publikum eilt, während die anderen beiden jeder für sich kakophon sein Ding macht. Dass sowohl „Stalingrad“ als auch „Hamsterkauf“ metrisch perfekt auf „Jingle Bells“ passen, ist jedoch ein Gewinn, den man von dieser Darstellung im Forum Leverkusen auf jeden Fall mit nach Hause nimmt.