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Online-OstergottesdienstOpladener Pfarrer zwischen Mischpult und Weihrauchschwenkern

Lesezeit 4 Minuten
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Pfarrer Teller ist jetzt online - und bekommt ein Mikro angesteckt.

  1. Anweisung von der Regie: "Bitte auf die Osterkerze zoomen". Pfarrer Teller aus Opladen musste seinen Gottesdienst an Ostern online streamen. Unser Redakteur war dabei.
  2. Wie die Messe übers Internet geklappt hat und ob die Gemeinde das jetzt häufiger machen möchte, erfahren Sie bei uns.

Leverkusen – „Was ist das wichtigste an einer funktionierenden Sakristei? Der Kaffeeautomat!“ Pfarrer Heinz-Peter Teller zeigt in eine Ecke des mit technischen Apparaten voll gestellten Funktionsraums der Kirche Sankt Remigius. „Ich habe Kopp-Ping, können Sie mir noch einen kochen?“ Es sind noch fünf Minuten bis zum Gottesdienst, Teller braucht einen Espresso, die Küsterin Marie-Luise Schöllmann weiß Bescheid und setzt das Maschinchen in Gang. Kurz vor 20 Uhr, kurz vor dem wohl wichtigsten Gottesdienst im Jahr, kippt der Pfarrer zwischen Mischpulten, Laptops und Weihrauchschwenkern schnell noch seinen Kaffee. Teller bekommt ein Mikrofon ans Messgewand geklippt.

Die Gemeinde am Computer

Die Kirche ist leer, Teller wird die Messe wie immer halten, sie wird über Internet übertragen. Von den Gemeindemitgliedern, die virtuell an dem Gottesdienst teilnehmen, sitzen schon etwa 100 zu Hause vor ihren Computern, auf denen sie die gleich beginnende Übertragung, einen Livestream, sehen können: Auf www.remi-tv.de, so heißt der Fernsehkanal der Opladener. Auf einem Laptop lässt sich die Einschaltquote ablesen. Die Küsterin entzündet das kleine Osterfeuer vorm Altar, die Messe beginnt.

Im Kirchenraum stehen drei Kameramänner bereit. Wie bei einer richtigen Fernsehaufzeichnung haben sie Kopfhörer auf den Ohren und können mit der Regie sprechen, die von der Sakristei aus die Kameramänner anweist: „Bitte mal auf die Osterkerze zoomen!“

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Schön sieht die Kirche aus, leider nur leer ohne die vielen Gläubigen.

Die vier Veranstaltungstechniker, die an den Geräten in der Sakristei die Regler ziehen und die Knöpfe drücken, machen das jetzt schon nach ein paar Vorübungen mit einer gewissen Routine. Die Langenfelder Firma Latteyer macht normalerweise Karnevalssitzungen, Firmenfeiern, Messen und andere Veranstaltungen. In Leverkusen wickelten sie den technischen Anteil des Streetlife-Festivals ab, sagt Firmenchef Johannes Brüls (40). Seine eigentliche Arbeit hat immer mit Publikum zu tun, deshalb ist jetzt Stillstand und er kann sich in der Kirche beschäftigen. Die meisten seiner 30 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Die, die jetzt in der Kirche die Übertragung machen, sind Azubis und der Rest, der in der Firma sonst auch nur zum x-ten Mal das Lager aufräumen würde, sagt Brüls zwischen zwei Regieansagen an seine Kameraleute. Die Firma bekommt kein Geld von der Kirche für Remi-tv. „Wir sind auch froh, dass wir was tun können, aber wir wollen irgendwann auch gerne wieder Geld verdienen“, sagt er.Brüls sagt, er habe einen Bezug zur Liturgie und zu Sankt Remigius. Tatsächlich weiß er genau, wann Teller das „Gloria“ anstimmt, wann das Halleluja kommt.

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Die vier Veranstaltungstechniker, die an den Geräten in der Sakristei die Regler ziehen und die Knöpfe drücken, machen das jetzt schon nach ein paar Vorübungen mit einer gewissen Routine.

Zum Gloria wechselt der Mann am Lichtpult die Stimmung in der Kirche von blau auf warme Töne. Die Orgel setzt ein, Festgeläut beginnt, die ganze Stadt bekommt diesen Augenblick mit. Die Küsterin und weitere Mitarbeiter der Pfarrei zünden alle Kerzen an. Die Regie spielt einen Film ein, eine vorher aufgezeichnete Aufnahme mit einer Drohne, die im Kirchenschiff startet: Ein Bild wie eine Himmelfahrt.

Ausgewählte Spezialeffekte

Das ist aber schon das Höchste der Gefühle an optischen Spezialeffekten. Die Kollegen seien alle Veranstaltungstechniker mit Leib und Seele, sagt Brüls lachend, sie hätten noch ganz andere Vorschläge gebracht, etwa eine Lasershow. Er habe da etwas bremsen müssen: „Wir übertragen einen Gottesdienst, das hier ist keine Fernsehshow.“

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Tellers Predigt fällt kurz aus, bedrückt wirkt er jetzt und spricht in die Kameras zur Gemeinde: „Ihr fehlt uns alle!“ Zum Schlusssegen wechselt das Licht noch einmal auf blau und rot, wie ein italienisches Renaissance-Gemälde.Dann macht der Pfarrer noch eine Ansage an die Gemeinde, dankt denen, die die Übertragung ermöglicht haben. Teller hat anscheinend Anfragen aus der Gemeinde erhalten, ob man das mit dem Internet nicht immer so machen könne, schön von zu Hause Messe gucken, vielleicht beim Frühstück:Teller: „Das, liebe Gemeinde, lassen wir besser sein. Denn ihr fehlt uns hier und dann müssten wir eine eigene Ordnung erlassen, was man alles tun darf und was nicht, was man trinken darf und was nicht.“ Die Technik sei schön, aber diese Fragen seien doch zu kompliziert. Ein paar Wochen noch, bis die Kirche wieder geöffnet werden kann, wird es ohne diese Vorschriften gehen.