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Leverkusen auf Rang 361Politik und Wirtschaft streiten über Studie zur Lebensqualität

Lesezeit 5 Minuten
Panorama Leverkusen

Mit seinem Panorama holt Leverkusen wohl auch keinen ersten Platz. Trotzdem sind die Bürger stolz auf ihre Stadt.

Leverkusen – „Es kann doch nicht wahr sein, dass unser Freizeitangebot eines der schlechtesten der Republik ist, der Wohnungsmarkt katastrophal ist oder wir eine der Gemeinden sind, die den meisten Müll produziert.“ Der FDP-Politiker Friedrich Busch war überrascht, als er vergangenen Dienstag im ZDF die Ergebnisse der deutschlandweiten „Prognos“-Studie gesehen hat.

Leverkusen liegt bei der Frage „Wo lebt es sich am besten?“ abgeschlagen auf Platz 361 von insgesamt 401 Kreisen und kreisfreien Städten.

München hat die höchste Lebensqualität

Ermittelt wurden die Zahlen anhand der Themenkomplexe Arbeit & Wohnen, Gesundheit & Sicherheit sowie Natur & Freizeit. Diese waren unterteilt in messbare Indikatoren wie Lebenserwartung, Grünfläche je Quadratmeter, Arbeitslosenquote, Kaufkraft pro Kopf, Mietpreise, Besucher kultureller Angebote, Arztdichte, Kita-Plätze und vieles mehr. Prozentual nach ihrer Relevanz für die Lebensqualität gewichtet, flossen diese Werte in ein Endergebnis. Hinter Leverkusen tummelt sich noch das Ruhrgebiet mit Schlusslicht Gelsenkirchen, angeführt wird die Liste von München und einem Großteil des süddeutschen Raums.

Für Friedrich Busch und seine Partei ein triftiger Grund, einen Antrag an den Oberbürgermeister zu stellen, mit der Bitte, Stellung zum desaströsen Ergebnis zu beziehen. „Ich sehe einen echten Imageschaden für den Wirtschaftsstandort Leverkusen, immerhin wird der Studie bundesweit Beachtung geschenkt“, so Busch über seinen offensiven Umgang mit dem Thema. „Besonders die hohen Zahlen zur Kinderarmut und der privaten Schuldner sind besorgniserregend.“ Potenzielle Investoren und Fachkräfte würden von Leverkusen abgeschreckt, meint Busch.

Positive Wirtschaftszahlen

Eva Babatz, Leiterin der Industrie- und Handelskammer in Leverkusen, ist anderer Meinung: „Ich habe mir die Studie angeschaut, aber keinen Wert zur Produktivität gefunden. Diese ist in Leverkusen im bundesstädtischen Vergleich hoch. Darauf schauen unsere Mitglieder und Investoren.“ Was wiederum in der Studie berücksichtigt wurde, ist die Kaufkraft, ein weiterer Indikator für die kommunale Wirtschaft. Platz 132 in der ZDF Studie ist durchaus respektabel. Erreichbarkeit, Fachkräfte, die zentrale Lage und ein „guter, satter Mittelstand“, so Babatz, machen Leverkusen zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort. „Auch wenn es am Tegernsee schöner ist als am Silbersee“, ergänzt sie augenzwinkernd mit Blick auf die süddeutschen Sieger.

Die Leverkusener schätzen den japanischen Garten.

Dass es Verbesserungspotenzial gibt, streitet die Leiterin der IHK nicht ab. Das prekäre Abschneiden der Stadt in sozialen Belangen – viele Personen mit Sozialleistungsbezug Rang 346, große Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen Rang 382 und Immobilien-Einkommens-Relation Rang 325 – steht im deutschen Gegensatz zu den positiven wirtschaftlichen Zahlen.

Sozialdezernent verweist auf Erfolge

Sozialdezernent Alexander Lünenbach (SPD) kennt die Probleme, weist aber auch auf Erfolge der letzten Jahre hin. „Mit dem Stadtteilbüro in Rheindorf und »Gemeinsam Leben in Manfort« haben wir Projekte etabliert, die von den Menschen angenommen werden und auf Dauer die Lebenssituation vor Ort verbessern“, so Lünenbach. „Langfristig sind ähnliche soziale Einrichtungen auch in anderen Stadtteilen geplant.“ Das Ziel dabei ist es, die Gesellschaft zusammenzuführen, damit zwischen den Einkommensstarken und -schwachen die Schere nicht auseinander geht, sondern alle die gleiche Chance haben, ihr Leben zu gestalten.

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„Derzeit sammeln wir relevante Daten, dazu gehören Faktoren wie Kita-Plätze, Bildung, Einkommen, Lärmbelästigung, Freizeitangebot, Verkehrssituation, um daraus die passenden Maßnahmen abzuleiten“, erklärt Lünenbach die Arbeit seines Dezernats. „Das geht nicht von heute auf morgen.“

Doch alle Befragten sind sich einig: Man dürfe nicht vergessen, dass Leverkusen in einer Metropolregion liege, die viel Lebensqualität für die Menschen biete. Frage man die Bürger der Stadt, zeige sich bei vielen ein gewisser Stolz auf Leverkusen. Dies sei ein großes Potenzial, auf das aufgebaut werden könne.

Was wünschen sich Leverkusener, damit sich die Lebensqualität in ihrer Stadt verbessert?

Ich lebe seit mehr als zehn Jahren hier und fühle mich sehr wohl. Ich habe hier so was wie eine Familie gefunden. Als Mutter von bald drei Kindern wünsche ich mir bezahlbaren Wohnraum. Dieser ist schwer bis gar nicht zu finden.

Daisy Martinez, 36 Jahre alt

Auch wenn ich derzeit in der Eifel wohne, gefällt mir die Stadt. Ich kann mir sogar vorstellen, wieder zurück zu kommen. Aktuell pendle jeden Tag in die City, wo ich mein Geschäft habe. Daher wünsche ich mir die schnelle Fertigstellung der A 1.

Wolfgang Süß, 55 Jahre alt

Eindeutig mehr Ausgehmöglichkeiten für junge Leute. Eine Disco oder eine Strandbar, die regelmäßig geöffnet hat und wo ab und an Partys veranstaltet werden. So muss man immer nach Köln oder so fahren. Ansonsten bin ich sehr zufrieden hier.

Nora Neumann, 22 Jahre alt

Ich lebe seit 1958 hier und die Stadt hat sich positiv entwickelt. Schade ist der Umgang mit Eigentum, wie kann ein 25 Jahre altes Rathaus abgerissen werden? Mein Wunsch sind bessere Radwege. Brillen sind durch herabhängende Zweige kaputt gegangen.

Werner Schröter, 82 Jahre alt

Wir haben eine hohe und gute Lebensqualität. Als Vater einer kleinen Tochter wünsche ich mir aber bessere Spielplätze und mehr Wahlfreiheit beim Kita- und Grundschulplatz. Zudem würde der Ausbau von Kreisverkehren die Mobilität verbessern.

Tim Feister, 39 Jahre alt

Was denken Sie?

Die gesamte Deutschlandstudie „Wo lebt es sich am besten?“ können Sie im Internet einsehen.

Nun würden wir gerne Ihre Meinung zur Lebensqualität hören: Hat Leverkusen diesen schlechten Rang verdient? Oder ist die Stadt viel lebenswerter, als es  auf den ersten Blick scheint? Was läuft gut in unserer Stadt und wo muss dringend etwas passieren? Wie bewerten Sie die Freizeitangebote, den sozialen Zusammenhalt, das Wohnungsangebot oder den Arbeitsmarkt der Stadt?

Schreiben Sie uns, was Sie denken – an unsere E-Mail-Adresse! (lis)