Rat tagt unter Corona-BedingungenAlle müssen jetzt auseinander rücken

Das Mikrofon mit Aerosol-Schutz wird häufig gebraucht. Weil alle auseinander rücken müssen, hat nicht mehr jeder ein eigenes Mikro.
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- Immer nur Dringlichkeitsentscheidungen in kleiner Runde – das geht nicht.
- Der Stadtrat trifft sich zu ungewohnt früher Stunde, um eine riesige Tagesordnung abzuarbeiten.
- Unter Corona-Bedingungen wird auch über die finanziellen Wirkungen der Pandemie gestritten.
Leverkusen – Für Zuschauer ist kaum Platz in der fünften Etage des Ufos, die Tagesordnung sprengt alle Grenzen und orientiert sich an mutmaßlichen Abstimmungen: Alles, was knapp werden könnte, behandelt der Stadtrat erst nach der Mittagspause. Dann sind auch die Ratsmitglieder dabei, die nebenbei im Aufsichtsrat der Wupsi sitzen und dort vormittags über die Zukunft des Verkehrsunternehmens befinden müssen. Normalerweise wären zwei Sitzungen an einem Tag kein Problem: Aber der Stadtrat muss sich an diesem Donnerstag schon um 11 Uhr versammeln, damit es überhaupt eine Chance gibt, alle Punkte an einem Tag zu behandeln.
Denn es ist die erste Sitzung nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, die neben vielem anderen das politische Leben in der Stadt zum Erliegen gebracht hat. Weil nicht alles liegen bleiben konnte – sondern, im Gegenteil, sehr viel schnell zu entscheiden war – traf sich zwar der Hauptausschuss unter den strengsten Hygiene-Regeln im riesigen Terrassensaal des Forums und fällte eine Menge Dringlichkeitsentscheidungen. Aber dieses demokratische Vehikel taugt auf die Dauer nicht. Und so sind in dieser Ratssitzung unter Corona-Bedingungen nahezu die Hälfte aller Entscheidungen welche, mit denen Voten aus dem Hauptausschuss bestätigt werden.
Zum Auftakt eine Pausen-Debatte
Es läuft auch recht zügig an, nachdem die erste Klippe umschifft ist im Rathaus: Wann und wie lang pausiert werden soll – auch darüber lässt sich länger debattieren. Es bleibt dann beim ursprünglichen Zeitplan: eine Unterbrechung alle zwei Stunden.

Name, Adresse, Kontakt. Auch Monika Ballin-Meyer-Ahrens (FDP) kommt auf die Liste.
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Unter das alles überwölbende Thema Corona fällt die Frage, welche Auswirkungen die Krise auf die Finanzen der Stadt haben wird. Anfang der Woche hatte Kämmerer Markus Märtens eine erste, recht detaillierte Einschätzung gegeben (wir berichteten). Danach sind jetzt schon Einnahmeverluste in Höhe von 17,7 Millionen Euro absehbar.
Ein wenig überraschend wirkt, dass trotz der enormen Lasten für die Unternehmen die ohnehin auf 250 Hebesatz-Punkte fast halbierte Gewerbesteuer nur sehr wenig tangiert sein soll. Im Moment rechnet Märtens mit 124 statt der prognostizierten 135 Millionen Euro.
Und Erhard Schoofs glaubt auch nicht, dass es so kommt: „Die Zahlen sind nicht verlässlich“, nimmt der Fraktionschef der Bürgerliste und ewige Widersacher eines jeden städtischen Kassenwarts an. Denn die erste Gewerbesteuer-Schätzung stamme noch aus der Zeit vor dem Corona-Ausbruch. Angesichts der unabsehbaren Risiken für Leverkusens Etat will Schoofs einen Nachtragshaushalt. So zu tun, als laufe alles nach Plan, hält er für verantwortungslos. Auch Bund und Land hätten Nachtrags-Haushalte. Doch Mitstreiter findet Schoofs nicht: Fast alle Politiker sind froh über einen Zwischendurch-Kassensturz, der ein bisschen Planungssicherheit verheißt.
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Milanie Hengst verweist mit Blick auf die Gewerbesteuer-Prognose darauf, dass ein Minus von elf Millionen Euro einem Rückgang von acht Prozent entspricht – im deutschen Durchschnitt seien es 25. Erhard Schoofs bleibt dabei: Mit dem Märtens-Bericht sei zwar „einiges geklärt“ zu den Finanzen in Corona-Zeiten. „Das reicht uns aber nicht.“ Als abgestimmt wird, zeigt sich, dass die Planung passt: Knapp ist es nicht.