Äpfel kamen hängerweiseBei erster Streuobstannahme reichen Äpfel nicht zum Pressen

Klaus Weber, Karl-Heinz Schulz-Kempe und Marc Raderschal beim Anliefern.
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Lindscheid – Noch sind die großen Lagertanks für Fruchtsäfte leer, aber das soll sich ändern. Am vergangenen Samstag hat die Obstannahme der Saftkelterei Weber in Nümbrecht-Lindscheid damit begonnen. Gesammelte Äpfel und Birnen aus dem Garten oder von Streuobstwiesen können hier gegen Saft getauscht, gegen Lohn verarbeitet oder verkauft werden.
Karl-Heinz Schulz-Kempe und sein Schwiegersohn Marc Raderschall wollen ihre Apfelernte gegen gepressten Saft eintauschen. Mit zwei Autos und einem Anhänger voller Äpfel sind die beiden aus Neunkirchen-Seelscheid angereist. 580 Kilogramm bringen die mit der Familie gesammelten Äpfel auf die Waage, knapp mehr als 100 Flaschen Apfelsaft werden den beiden dafür gutgeschrieben. „Bei uns hängen die Bäume voll, wir kommen sicher noch mal wieder“, verspricht Schulz-Kempe. Auch Jürgen Dietzsch, ebenfalls aus Neunkirchen-Seelscheid, tauscht im Auftrag seiner Kinder einige Kisten Äpfel ein.
Kälteeinbruch machte den Blüten zu schaffen
Doch nicht überall ist die Ernte in diesem Jahr so gut, ahnt Klaus Weber (58), Inhaber der Fruchtsaftkelterei. „In diesem Jahr gibt es eine durchwachsene, eher schwache Ernte“, sagt er. Durch die Kälte zu den Eisheiligen Anfang Mai hätten einige durch den milden Winter früh ausgetriebenen Blüten Frostschäden erlitten. In vielen Äpfeln säßen zudem Apfelwickler, kleine Raupen, aus denen sich ab Mitte Mai Falter entpuppen. „Der Wurm ist wohl Gewinner des Klimawandels“, befürchtet Weber.

Ira Weber im Laden.
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Auch sonst sind die milden Winter und trockenen Sommer spürbar. Da die Obstblüte in diesem Jahr zwei bis drei Wochen früher begonnen hat, nimmt die Lindscheider Saftkelterei die reifen Äpfel und Birnen schon Anfang September an, denn seit August fallen die Äpfel – wegen der Hitze und der Apfelwickler.
Früchte abgeben
Voraussichtlich bis Ende Oktober können reife, frische und ungespritzte Äpfel samstags, montags und dienstags abgegeben werden. Birnen können an drei Dienstagen gleichzeitig mit Äpfeln angeliefert werden. Unter (02293) 7 20 8 bringt die Fruchtsaftkelterei Weber Obstbaumbesitzer, die nicht ernten können, mit Sammelwilligen zusammen, die keine Obstbäume haben. (fts)
Die meisten Obstsammler kommen aus einem Umkreis von 30 Kilometern, doch auch aus Königswinter oder Siegen brachten Kunden ihre Äpfel schon. Mehr als 100 verschiedene alte und heimische Sorten werden zur Obstannahme angeliefert.
Am liebsten hätte Klaus Weber die Saftpresse schon gleich am Samstagnachmittag angeworfen, doch das lohnte sich für die gut neun Tonnen Äpfel noch nicht. „In starken Erntejahren wie 2015 ging die Autoschlange mit Kunden bis zur Hauptstraße“, erinnert sich der Fachmann. In diesem Jahr kamen gut 40 Leute am ersten Annahmetag. Spätestens nach drei bis fünf Tagen wird aus den abgegeben Äpfeln Saft. Grob kalkuliert ergeben 100 Kilogramm Äpfel 72 Liter Saft, aber das hänge auch immer von der Größe der Früchte ab.
Oberbergisches Obst punktet auch geschmacklich
Vom Annahmeplatz aus werden die Äpfel ins Kühlhaus geschwemmt, gewaschen, gemahlen und dann ausgepresst. In 35 Lagertanks können theoretisch mehr als 900 000 Liter des pasteurisierten Safts gelagert werden. Unwahrscheinlich, dass sie in diesem Jahr voll werden. Klaus Weber überlegt schon, Äpfel aus Baden-Württemberg zuzukaufen, denn dort ist die Ernte gut. Lieber ist ihm jedoch das Streuobst von den heimischen Wiesen. „Das merkt man auch im Geschmack“, merkt Weber an.

Klaus Weber, Karl-Heinz Schulz-Kempe und Marc Raderschal beim Anliefern.
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Begehrt ist der Apfelsaft aus Nümbrecht und Umgebung. „Corona war positiv für uns“, sagt der Lindscheider Weber. Im März und April hätten viele Kunden Saft auf Vorrat und es sei dabei auch vermehrt auf die Regionalität und die Nachhaltigkeit geachtet worden.