Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Zugunsten der WirtschaftBergneustädter Stadtrat verzichtet auf eine halbe Million Euro

3 min
Ein Sparschwein mit Euro-Geldstücken liegt zerbrochen auf einem Tisch.

Um die klamme Bergneustädter Kasse wieder aufzufüllen, sollen mehr Firmen in die Stadt kommen. Ein Hebesatz von 2000 Prozent fürs Grundstück ist da keine gute Werbung, findet die Mehrheit im Stadtrat.

Zugunsten der Wirtschaft will die Stadt Bergneustadt die Grundsteuer senken. Einen niedrigeren Satz fürs Wohnen hat der Rat aber abgelehnt.

Beim Dauerthema Grundsteuer kommt der Stadtrat der Bergneustädter Wirtschaft entgegen. Mit den Stimmen von CDU, FDP, Freien Wählern und Teilen der Grünen hat das Gremium am Mittwochabend einen Antrag angenommen, wonach der momentane Hebebesatz für sogenannte Nichtwohngrundstücke – also vor allem Boden, auf dem Firmen und Geschäfte stehen – in Höhe von 2000 Prozent im kommenden Jahr um 500 Punkte gesenkt wird.

Ob dies tatsächlich so kommt, ist aus zweierlei Gründen aber noch unklar: Der im September zu wählende Stadtrat könnte den Beschluss wieder kippen, etwa wenn er Ende des Jahres zu der Einschätzung kommt, dass sich die Stadt die Senkung gar nicht leisten kann. Außerdem müssen auch Kreis und Bezirksregierung mitspielen – schließlich befindet sich die Stadt in der Haushaltssicherung.

Ballast bei Neuansiedlungen in Bergneustadt

Vor der Abstimmung hatten die Fraktionen den Antrag, der von CDU, FDP und FWGB formuliert worden war, intensiv diskutiert. Die CDU mit Bürgermeister Matthias Thul argumentierte mit dem Wirtschaftsstandort Bergneustadt. „Wir sind eine der wenigen oberbergischen Kommunen, die noch freie Gewerbeflächen hat. Aber der hohe Hebesatz ist ein ernstes Problem“, berichtete Thul aus Gesprächen mit Unternehmern über Neuansiedlungen in Hannemicke oder Dreiort.

Der vergleichsweise hohe Hebesatz für 2025 kam deshalb zustande, weil sich die Ratsmehrheit für differenzierte Hebesätze entschieden hatte – 1050 Prozent für Wohngrundstücke und 2000 fürs Gewerbe statt 1248 für alle. Damit habe man das Wohnen in Bergneustadt letztlich günstiger gemacht, sagte Mehmet Pektas (FWGB) in der Debatte. „Aber wir haben aus dem Blick verloren, dass damit die Kosten für unsere Unternehmen durch die Decke gegangen sind.“

Wohnen in Bergneustadt soll nicht teurer werden

Die Verwaltung bezifferte die Kosten für die Senkung um 500 Punkte auf 492.000 Euro – und sie sieht Spielraum dafür, vor allem mit Blick auf das seit kurzem feststehende Haushaltsergebnis 2024, das einen Überschuss von rund 1,5 Millionen Euro ausweist. „Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um mehr Geld zu verdienen“, warb CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte für den Antrag. Die CDU erinnerte außerdem daran, dass es doch Kern des Neustädter Haushaltssicherungskonzeptes sei, dass sich in der Stadt mehr Unternehmen ansiedeln und die Gewerbesteuer entsprechend steigt.

Ist der Beschluss eine „Luftnummer“?

SPD und UWG lehnten die Pläne kategorisch ab – unter anderem mit dem Argument, dass Firmen die Grundsteuer als Kosten bei der Besteuerung ihres Gewinns geltend machen könnten, was privaten Haushalten eben nicht möglich sei. Die Sozialdemokraten scheiterten allerdings mit ihrem Vorschlag, den Hebesatz für Wohn- und Gewerbegrundstücke zu gleichen Teilen zu senken, an der gleichen Mehrheit, die die Senkung für die Wirtschaft befürwortete.

„Wer nur das Gewerbe unterstützen will, muss den Bürgern ehrlicherweise auch sagen, dass Wohnen dann teurer wird“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Grütz. Eine niedrigere Gewerbesteuer sei der sozialere Weg. Von einer „Luftnummer“ der CDU im Wahlkampf sprach Roland Wernicke (Grüne), weil der Beschluss für den nächsten Stadtrat ja gar nicht bindend sei.

Auf der anderen Seite wies die CDU die SPD-Darstellung zurück, dass für die Bergneustädter das Wohnen demnächst teurer werde. Der Plan sehe ja ausdrücklich nicht vor, die fehlende halbe Million Euro nun bei den Wohngrundstücken einzutreiben, sondern die Stadtkasse wolle vielmehr ersatzlos darauf verzichten.

Unmittelbar vor der Abstimmung griff dann noch einmal der Bürgermeister zum Mikrofon. „Wir stehen bei der Ansiedlung neuer Firmen in einem harten Wettbewerb, vor allem mit dem Märkischen Kreis. Und wir haben nicht viele Hebel, an denen wir drehen können, um unsere Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen“, so Matthias Thul. „Wir können es uns weder leisten, die Gewerbesteuer massiv nach unten zu drehen, noch, unsere Grundstücke praktisch zu verschenken. Aber die Senkung der Grundsteuer halte ich für einen gangbaren Weg.“ Eine Mehrheit im Stadtrat folgte ihm.