Andere Glauben kennenlernenZu Besuch in der Bergneustädter Moschee

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Auf der Empore der Moschee sitzend verfolgten die jungen „Herzwerk“-Teilnehmer das innige Gebet der Männer.

Auf der Empore der Moschee sitzend verfolgten die jungen „Herzwerk“-Teilnehmer das innige Gebet der Männer.

Bergneustadt – Wer auf der Suche ist nach dem richtigen Weg in den Beruf und in das Leben eines der Erwachsenen, der sollte sich unbedingt mit anderen Kulturen und Religionen beschäftigen. Davon ist Markus Guterding vom christlichen Forum Wiedenest überzeugt. Seit 2012 organisieren er und seine Ehefrau Regina daher von September bis Juni ein Orientierungsjahr, das nach dem Schulabschluss eben zur Selbstfindung im Weltlichen, aber auch im Glauben einladen soll. „Herzwerk“, das ist der Name dieses Programms mit Teilnehmern aus ganz Deutschland.

Teil dieser 41 Wochen ist stets ein Besuch in der Bergneustädter Moschee – so auch am Sonntag. 24 Studenten sitzen auf der Empore des Gebetsraumes. Von der Religionsbeauftragten Büsra Nur Kaya haben sie eben erfahren, dass eine rituelle Waschung jedem Gebet vorausgeht und dass sich die Gläubigen beim Betreten des Hauses die Schuhe ausziehen.

Dank an den scheidenden Bürgermeister

Als Bürgermeister dankte Wilfried Holberg für „diese wundervolle Geste der Annäherung“: „Die Religion ist ein guter Weg, um der Gesellschaft ein Zusammenwachsen zu ermöglichen.“ Er erinnerte daran, dass ein Ziel noch nicht erreicht sei: die eigene Moschee.“ Für die türkisch-islamische Gemeinde dankte Vorsitzender Fetin Karaca dem scheidenden Rathauschef für seinen Einsatz und den ehrlichen Umgang miteinander. „Wir brauchen die Moschee, um an einem würdigen Ort unsere Gottesdienste feiern zu können“, betonte er.

Holberg-Nachfolger Matthias Thul erklärte, er sei oft in der Moschee gewesen, aber etwas so Feierliches wie ein Gebet habe er noch nie erlebt. (höh)

„Wir waschen uns dreimal die Hände, das Gesicht, die Ellenbogen und auch die Füße“, klärt sie auf. Diesmal aber gehört auch das Messen der Körpertemperatur zur Vorbereitung – es ist natürlich der Corona-Pandemie geschuldet.

Offene Fragen sollten nicht im Hinterkopf bleiben

Jetzt neigen die hockenden Männer in der Moschee immer wieder das Gesicht gen Boden, der Imam Recep Özaydenli singt und spricht. Luca Höft (18) aus Schalksmühle ist fasziniert von der Konzentration der Betenden, ihrer Hingabe. Später möchte er sie fragen, wie ihr Bild von den Christen ist. „Ich selbst hätte Schwierigkeiten, so andächtig zu bleiben“, räumt er ein. Unterdessen überlegt seine Nachbarin Simone Hahn (19) aus Meinerzhagen, ob die Gläubigen in ihrem Gebet auch persönliche Aspekte einbringen. „So machen wir Christen es ja im Gebet, wenn wir den Kontakt zu Gott suchen.“

Ebenfalls zu Gast: Wilfried Holberg (l.) und Matthias Thul.

Ebenfalls zu Gast: Wilfried Holberg (l.) und Matthias Thul.

Tatsächlich sind es zunächst Verse aus dem Koran, die Imam Recep Özaydenli vorträgt, darauf antworten die Betenden. Kaya: „Das Loben und Preisen Allahs ist die Vorbereitung auf die eigene Untergebenheit.“

Keine „Hinterhof-Religion“

Mit der Einladung ans Forum Wiedenest möchte türkisch-islamische Ditip-Gemeinde um ihren Vorsitzenden Fetin Karaca zeigen, dass der Islam keine „Hinterhof-Religion“ ist – obwohl die Gebetsräume tatsächlich oft dort zu finden sind. Wie eben seit 1982 an der Bergneustädter Wiesenstraße. „Damals fehlte meist das Geld für eine richtige Moschee“, schildert Büsra Nur Kaya . „Viele der türkischen Gastarbeiter dachten auch nicht daran, dass sie für immer in Deutschland bleiben würden.“ Dass sich die Gemeinde weiterhin eine echte Moschee wünscht, brachte Karaca zum Ausdruck. Denn auch Wilfried Holberg als scheidender Bürgermeister und sein Nachfolger Matthias Thul waren der Einladung in die Moschee gefolgt.

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„Bitte treten Sie nicht als Gäste ein, sondern als Menschen aus unserer Runde“, betonte Rafet Öztürk, Dialogbeauftragter der Ditip aus Köln. Er ermunterte, ohne jegliche Scheu jede Frage zu stellen. „Es ist nicht gut, wenn man nach Hause geht und immer noch offene Fragen im Hinterkopf hat.“ Und dem kamen die jungen Leute bei einer Fragerunde in der Moschee gerne nach.

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