Detektivarbeit in GummersbachDutzende Mitarbeiter ermitteln im Umfeld Infizierter

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Im Kreisgesundheitsamt versuchen Mitarbeiter, die Kontakte von Infizierten nachzuvollziehen.

Im Kreisgesundheitsamt versuchen Mitarbeiter, die Kontakte von Infizierten nachzuvollziehen.

Gummersbach – Der Kampf gegen das Coronavirus hat alles verändert. Nicht nur für die vielen Oberberger, die in häuslicher Quarantäne stecken, um ihre wirtschaftliche Existenz bangen oder gar im Krankenbett unter schwereren Symptomen der Covid-19-Erkrankung leiden. Auch die Oberberger, die im Kreishaus gegen die Ausbreitung des Coronavirus kämpfen, erleben nie Dagewesenes.

Oberberg: Mitarbeiter sämtlicher Ämter unterstützen Corona-Bekämpfung

An normalen Betrieb in den Ämtern ist nicht mehr zu denken. Aus allen Abteilungen helfen Kreismitarbeiter mit, potenzielle Virusträger zu testen, Infizierte zu betreuen und deren Kontaktpersonen zu ermitteln. Selbst Beschäftigte des Kulturamtes, die sonst im Museum Schloss Homburg ihrer Arbeit nachgehen, sind derzeit Seuchenbekämpfer.

Die Ärztin Kaija Elvermann leitet das Kreisgesundheitsamt, ihre Kollegen leisten seit drei Wochen vor allem Detektivarbeit. Oberste Priorität hat es herauszufinden, mit welchen Menschen ein Infizierter Kontakt hatte, wohin Infektionsketten führen und wie das Virus ausgebremst werden kann. In Anbetracht der täglich steigenden Infektionszahlen im Kreis scheint das wie eine Sisyphos-Aufgabe. „Aber wir haben damit Erfolg“, sagt Elvermann: „Nur in ganz wenigen Fällen wissen wir nicht, wen ein nachweislich Infizierter vielleicht noch angesteckt hat.“

Coronavirus: Suche nach Kontaktpersonen

Mittlerweile ist das Team im Gesundheitsamt am Wiedenhof auf 30 Köpfe angewachsen. Neben Verwaltungsmitarbeitern helfen auch ehemalige Kollegen sowie Ärzte mit, die sich aus dem Ruhestand gemeldet und ihre Hilfe angeboten haben oder gezielt angesprochen wurden. Zudem hat der Kreis zwei Medizinstudenten eingestellt. Anders ist die Aufgabe nicht mehr zu stemmen.

Acht Amtsärzte sind nun Fallmanager, die je ein kleines Team um sich haben. Bekommen sie einen neuen Infektionsfall auf den Tisch, beginnt ihre Arbeit. Anhand von detaillierten Formularen, die Infizierte ausfüllen müssen, rufen sie Kontaktpersonen an. Schnell gilt es einzuschätzen: Wie eng war der Kontakt? Wie groß das Risiko, dass das Virus weitergegeben wurde? Reicht eine häusliche Quarantäne oder muss der Betroffene in ärztliche Behandlung? Braucht es auch für diesen Menschen einen Coronatest? Die Mitarbeiter arbeiten gegen die Uhr, alles muss so schnell wie nur möglich gehen. Elvermann: „Hier geht keiner nach Hause, bevor die aktuellen Fälle nicht abgearbeitet sind.“

Das Warten auf die Ergebnisse

Im Abstrichzentrum unweit des Gesundheitsamtes wurde in den vergangenen drei Wochen bei mehr als 1200 Oberbergern ein Test gemacht, die Wattestäbchen dann in Labore zur Untersuchung geschickt. Weil derzeit Gesundheitsämter bundesweit Labore mit ihren Proberöhrchen fluten, musste Oberberg zwischenzeitlich etwas auf die Ergebnisse warten. Deswegen wurden tageweise nur ganz wenige Neu-Infizierte gemeldet, dann wieder sehr viele. Unterm Strich kam bei knapp zehn Prozent ein positives Testergebnis zurück.

Wer als Infizierter oder Kontaktperson erfasst wurde, wird danach von Telefonisten betreut, die im Kreishaus in einem Raum neben dem Bürgertelefon sitzen. Acht Mitarbeiter greifen dort täglich 1700 Mal zum Hörer und erkundigen sich nach dem Gesundheitszustand. Verschlechtert sich die Verfassung einer Kontaktperson, wird auch sie getestet. Automatisch geschieht das nicht, weil der bislang vorhandene Test bei einem frühen Infektionsstadium nicht anschlägt.

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Kaija Elvermann erklärt: „Derzeit werden Testverfahren entwickelt, die das Virus früher entdecken sollen.“ Doch die seien frühestens in vier Wochen zu erwarten. Die Amtschefin erwartet, dass die Zahl der Infizierten in den nächsten Tagen noch weiter steigt – „eben weil wir es in Oberberg schaffen, diejenigen auch tatsächlich zu ermitteln“. Wahrscheinlich werde es auch noch mehr Erkrankte geben, die wegen schwerer Leiden in den Krankenhäusern versorgt werden müssen. Derzeit sind das neun Infizierte, alle höheren Alters, von denen zwei auf der Intensivstation liegen. Der Tod einer Seniorin am Mittwoch war der bislang traurige Höhepunkt des Virusausbruchs in Oberberg.

Die nächsten Tage sind für Elvermann entscheidend im Kampf gegen Corona. Ob der Stillstand des öffentlichen Lebens und das Kontaktverbot Wirkung zeige, wird wegen der langen Inkubationszeit erst in 10 bis 14 Tagen klar sein. Elvermann hofft, dass die Infektionskurve dann runtergeht.

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