Karl GötzeKühner Unternehmer und Lebemann

sein Buch über Karl Götze, den „Tiger von Lindlar“. (Foto: Strombach)
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Lindlar – Zwei stattliche Bronze-Tiger ruhen an der Bismarckstraße – sie verweisen auf einen außergewöhnlichen Mann: Karl Götze (1903-1973). Lothar Meinerzhagen hat ein spannendes, höchst informatives Buch über den Lindlarer Unternehmer und Lebemann geschrieben und im Eigenverlag veröffentlicht – mit dem vielsagenden Titel „der Tiger von Lindlar“.
Als gelernter Zeitungsredakteur hat Meinerzhagen überaus gründlich recherchiert, Akten gewälzt, viel gelesen und vor allem zahlreiche Menschen befragt, die Götze gut kannten.
Der Aufstieg Götzes und der Nord-West Papierwerke beginnt in den 1930er Jahren. Götze macht sich als Unternehmer selbstständig und kauft in Lindlar eine alte Fabrikhalle der ehemaligen Bismarck-Fahrradwerke. Wenig später beginnt in Lindlar die Produktion von Rollen- und Tütenpapier.
In Kriegszeiten werden neben dem Rohstoff Papier auch die Arbeiter knapp. Nord-West Papier beschäftigt Zwangsarbeiter, auch sie lässt Meinerzhagen zu Wort kommen. Eine unklare Rolle spielt Karl Götze bei der „Zwangsarisierung“ seines alten Arbeitgebers, der Kölner Firma Steinberg.
In den 1950er und 1960er Jahren ist die Papier-Tragetasche aus dem Hause Nord-West ein Erfolgsschlager – dank des Aufstiegs der Supermärkte. Nord-West gehört zu den führenden Verpackungsherstellern in Deutschland. Karl Götze lädt allerhand Prominenz ein, vor allem die Sopranistin Anneliese Rothenberger ist immer wieder Götzes Gast. In Lindlar fällt er aus dem Rahmen, als er sich einen Mercedes 600 kauft – eine Staatskarosse.
Für Schlagzeilen sorgt Götze, als er 1966 ankündigt, sein Unternehmen den Nord-West-Mitarbeitern vermachen zu wollen. Gleichzeitig beginnt der wirtschaftliche Abstieg. Ein Zweigwerk in Paderborn fährt Millionen-Verluste ein, Götze erkennt zu spät, dass die Plastik-Tragetasche die Papiertasche verdrängt. Zudem entnimmt er seinem Unternehmen immer wieder große Summen Bargeld, um einen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren.
Das rätselhafteste Kapitel in der bewegten Lebensgeschichte von Karl Götze aber steht noch aus. Auf dem Sterbebett diktiert er ein Nottestament, demzufolge seinen Freundin Irene Osdiek den Großteil des noch verbliebenen Vermögens erhalten soll.
Nottestament auf dem Sterbebett
Götzes Freund und Leibarzt Dr. Wilhelm Meinerzhagen wird eine monatliche Leibrente von 4000 Mark zugesprochen. Doch der Letzte Wille des Unternehmers wird weitgehend ignoriert, Osdiek und Meinerzhagen – der Vater des Autors – gehen leer aus. Im Schlusskapitel beschreibt Meinerzhagen das letzte, traurige Kapitel von Nord-West: Die Übername durch Mondi und die Schließung des Werks.
In Lindlar ist Karl Götze bis heute umstritten. Der frühere Bürgermeister Josef Bosbach etwa hat sich sehr negativ über den Unternehmer geäußert, obwohl beide befreundet gewesen sein sollen. Meinerzhagen vertritt die Gegenseite – und läuft dabei in Gefahr, seinen Protagonisten zu idealisieren. Wer sich für die Lindlarer Industriegeschichte interessiert, der kommt an Meinerz-hagens Buch nicht vorbei. Ein Wermutstropfen bleibt der hohe Preis – geschuldet dem Selbstverlag.
Lothar Meinerzhagen: Der Tiger von Lindlar. Die Geschichte von Karl Götze und den Nord-West Papierwerken. Lindlar 2013, 39,50 Euro. Das Buch ist erhältlich in der Bergischen Buchhandlung Lindlar, Kirchplatz 12, und unter www.amazon.de