Goldenes JubiläumOberbergs erste Metall-Meister paukten im Schulzentrum Waldbach

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Zu sehen sind zwei Männer mit Meisterbrief und historischem Bild.

Theo Hoffstadt (l.) und Mitstreiter Oswald Zenses aus Erlinghagen gehörten damals zu den ersten Prüflingen in Oberberg.

Vor 50 Jahren wurden in Gummersbach erstmals angehende Industriemeister der Fachrichtung Metall geprüft. 

Für die Metaller in der Region ist es eine kleine Sensation: Im Herbst 1970 verbreiten sich Gerüchte, nach denen die Zweigstelle Oberberg der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK) die Ausbildung zum Industriemeister erstmals in die eigene Hand nehmen will. Endlich müsste man für die Fortbildung nicht mehr den umständlichen Weg an den Rhein auf sich nehmen.

Tatsächlich munkelt man richtig: 1971 startet die oberbergische Kurs-Premiere mit 48 Männern. Für den 22. Mai 1973 – gut zweieinhalb Jahre später und heute vor genau 50 Jahren – ist die entscheidende Prüfung angesetzt. Drei Tage später verleiht die IHK-Kommission das begehrte Zertifikat an 42 frischgebackene Industriemeister der Fachrichtung Metall. Das Ziel, Fachkräfte aus der Region zu Führungskräften für die Region auszubilden, ist voll aufgegangen.

Kölner Kommission lobt das Niveau der oberbergischen Prüflinge

Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses äußert sich damals in dieser Zeitung voller Anerkennung über das hohe Niveau der gezeigten Leistungen. „Der jüngste Teilnehmer ist 23 und der älteste 51 Jahre alt. Allein der schriftliche Teil der Prüfungen erstreckte sich über fünf Tage“, notieren die Kollegen seinerzeit.

Zu den erfolgreichen Absolventen des ersten oberbergischen Industriemeisterkurses gehören damals auch Theo Hoffstadt und Oswald Zenses. Beide leben in Erlinghagen, arbeiten in der Federschmiede der Gebrüder Ahle im Leppetal und erinnern sich heute noch genau an die begeisterte Reaktion auf das neue Angebot. „Wir hatten ja immer wieder nachgefragt, ob man einen solchen Kurs nicht auch in Oberberg anbieten könnte – wir waren glücklich, als es endlich so weit war.“ Aber nicht nur Oberberger interessieren sich 1971 für die Meisterprüfung. „Auch von Schmidt+Clemens kamen Kollegen, deren Werk lag ja in Lindlar und damit im früheren Rheinisch-Bergischen Kreis“, berichtet Hoffstadt.

Bei aller Euphorie stellen die Meisterkandidaten allerdings schnell fest, dass sie ihr Ziel nicht im Spaziergang erreichen werden. Etliche Monate paukt die Truppe Theorie. Mechanik, Werkstoffkunde und viel Mathematik stehen genauso auf dem Lehrplan wie Grundsätze der Fertigung, Zeichnen und nicht zuletzt die Mitarbeiterführung. Immer samstags verwandelt sich ein Klassenraum des Ründerother Schulzentrums Walbach in den Hörsaal der Metaller. „Und unter der Woche organisierten wir Lerngruppen. Man musste bei dem Stoff einfach am Ball bleiben“, blickt Hoffstadt zurück. Zenses weiß noch, dass sich die Lerngruppen telefonisch absprachen.

Nach bestandener Ausbildereignung stehen im Mai 1973 die schriftlichen Tests an und danach geht es noch zur Praxis in die Steinmüller-Ausbildungswerkstatt. 30 Minuten lang müssen Hoffstadt, Zenses und Co. je einen Azubi im Bohren, Schweißen, Fräsen oder Schmieden unterweisen – sämtliche Details des Arbeitsrechts und der Arbeitssicherheit inklusive. Theo Hoffstadt selbst hat nach bestandenen Prüfungen zwar den Meisterbrief in der Tasche, die Firma Ahle aber keine freie Meisterstelle. „Ich habe dann gekündigt und war mir mit einer Firma in Bensberg bereits einig“, schildert der heute 80-Jährige.

Unter den Absolventen waren auch zwei Freunde aus Marienheide-Erlinghagen

Kurzerhand fuhr er mit der Familie noch einige Tage nach Holland. „Dort erreichte mich dann der Anruf von Ahle“, sagt Hoffstadt, heute 80 Jahre alt, mit einem Schmunzeln. „Man hatte doch noch eine Meisterstelle für mich gefunden.“ Oswald Zenses wiederum hatte sofort eine Meisterstelle bei Ahle im Kaltwalzwerk, doch gerade das schloss die Firma 1976. Der heute 89-Jährige wechselte zur Gummersbacher Schraubenfabrik Knipping. „Da zahlte sich der Meisterbrief aus, ohne ihn hätte ich wieder als Schlosser arbeiten müssen.“

Ihr Arbeitsleben gefiel beiden Erlinghagenern, beide waren bis zur Rente als Industriemeister tätig. Zu einem Dutzend der damaligen Meisterkurs-Teilnehmer haben sie bis heute lockeren Kontakt. Aber man sehe sich viel zu selten, bedauert Hoffstadt. Eine Feier zum Jubiläum der ersten oberbergischen Industriemeisterbriefe wird es nicht geben. Vergessen sein sollen die Metall-Pioniere von damals aber nicht. 

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