Türkgücü-InsolvenzKündigung für Reichshofer Karweina kam zum Geburtstag

Sinan Karweina.
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Reichshof/München – Am 29. März feierte Sinan Karweina seinen 23. Geburtstag – und erhielt per Post die Kündigung von Fußball-Drittligist Türkgücü München, der einige Tage zuvor die Insolvenz nicht mehr abwenden konnte und sich vom Spielbetrieb abmelden musste. Für den Reichshofer und seine Mitspieler war das ein Schock. Die Kündigung war da nur die formale Bestätigung, wenn auch vom Zeitpunkt her ungünstig.
Gerade vom Joker in die Starformation gekämpft
Einen schönen Geburtstag erlebte Sinan Karweina dennoch – „erstmals seit vielen Jahren wieder im Kreise der ganzen Familie“. Freilich hätte er das lieber getan in dem Glauben, seinen in der Rückrunde gezeigten sportlichen Aufwärtstrend fortsetzen zu können. Denn nach schwieriger Hinrunde mit nur zwei Einwechslungen startete der 23-Jährige unter neuem Trainerteam durch, kämpfte sich zunächst als Joker in die Startformation, kam in elf Spielen zum Einsatz und überzeugte mit zwei Toren, einer Vorlage und gewohnt viel Betrieb auf dem Platz.
Dann folgte die Club-Pleite – und für Sinan Karweina eine Zäsur. „Endlich habe ich das Vertrauen des Trainers gespürt, der auf mich gesetzt hat, und dann passiert so etwas“, seufzt der Offensivspieler, der von der „schwersten Phase meiner Karriere“ spricht.
An die Chance auf den Klassenerhalt geglaubt
Hinter ihm liegt eine Saison mit einigen Tiefen und vielen Lehren bei einem kriselnden Verein mit zahlreichen verschiedenen Trainern in wenigen Monaten. Im Winter folgte der vermeintliche Neustart mit dem neuen Trainerteam, guter Vorbereitung und neuer Hoffnung im Abstiegskampf. „Wir haben wieder an uns und unsere Stärke geglaubt und daran, dass wir den Klassenerhalt schaffen können“, sagt Karweina. Die Ergebnisse unterstrichen die positive Entwicklung – dann jedoch mehrten sich die Gerüchte um eine Insolvenz. „Wir haben vorwiegend aus den Medien erfahren, was mit dem Club und auch mit uns passiert.“ Am 31. Januar wurde der Insolvenzantrag gestellt, knapp zwei Monate später wurde der Spielbetrieb endgültig eingestellt – und Karweina war plötzlich arbeitslos.
Fitnesscenter statt Torejagd
Statt in der 3. Liga auf Torejagd zu gehen, hat er jetzt einiges zu klären. „Versicherungen, Arbeitsagentur, Gespräche mit meinem Berater, ständig klingelt das Telefon. Dazu habe ich bis 30. Juni ein Berufsverbot und suche mit meinem Berater einen Verein, bei dem ich mittrainieren kann. Mannschaftstraining ist etwas anderes, als mein Laufpensum abzuspulen und ins Fitnesscenter zu gehen“, sagt Karweina, der dazu auch mit ehemaligen Clubs im Austausch ist.
Trotz allem versucht der 23-Jährige, nicht den Kopf hängen zu lassen. „Ich denke positiv, verbringe viel Zeit mit der Familie und schaue nach vorne. Das bringt mir mehr, als mit der Situation zu hadern.“ Zudem ist er sportlich mit seinen Leistungen im Jahr 2022 sehr zufrieden. „Da habe ich einige Schritte nach vorne gemacht und gezeigt, was ich kann. Auf dem Platz hat es trotz der schwierigen Situation drumherum Spaß gemacht und ich habe viel Selbstvertrauen getankt. Das war schon eine wichtige Erkenntnis für mich, auch mit Blick auf den Sommer und die anstehende Vereinssuche“, berichtet der Reichshofer, der inzwischen schon 68 Spiele in der 3. Liga auf dem Buckel hat und neun Tore erzielte.
In den kommenden Wochen wird Sinan Karweina also nicht in den Drittliga-Stadien in Braunschweig, Kaiserslautern oder Osnabrück zu sehen sein, sondern häufiger auf der Wiehler Walter-Lück-Sportanlage und erlebt damit eine Rückkehr zurück zu seinen fußballerischen Wurzeln. Die Gegner heißen dann beispielsweise SV Bergisch Gladbach 09 oder 1. FC Düren.
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Freilich wird der 23-Jährige nicht als Spieler auflaufen. Vielmehr unterstützt Karweina das Trainerteam der U17 der Wiehler um Thomas Koch und Dirk Monheimius, gibt seine Erfahrungen als Fußball-Profi weiter und sammelt selbst auch einige Eindrücke in einer anderen Rolle.
Kontakt nach Wiehl war nie abgerissen
Die Verbindung zum FV ist seit seinem damaligen Wechsel im Sommer 2014 zu den Junioren des 1. FC Köln nie abgerissen. So kam dieser Schritt schnell zustande. „Ich habe bereits ein paar Übungen mit den Jungs im Training gemacht, gebe Kommandos und habe auch schon mitgekickt. Das macht richtig Bock“, berichtet Karweina und fügt an: „Ich soll alles sagen, was ich weiß und was mir auffällt. Die Jungs sind total wissbegierig, nehmen alles auf und schreiben mir auch nach dem Training.“