Gezielter Griff nach privaten Daten?Waldbröler vermisst entwerteten Führerschein

Sein alter Führerschein kam an, der seiner Ehefrau dagegen andere nicht: Günter Hoffmann mit dem aufgeschlitzten Kuvert.
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Bohlenhagen – Wäre es nur einmal passiert, hätte Günter Hoffmann die ganze Sache wohl als Zufall abgetan. Doch nachdem der ehemalige Kommissar der Polizei feststellen musste, dass sich jemand erneut an seiner Post zu schaffen gemacht hatte, geht er von einer gezielten Tat aus: „Es geht darum, persönliche Daten abzugreifen“, vermutet der 81-Jährige aus der Waldbröler Ortschaft Bohlenhagen. Hoffmann und seine Ehefrau Christel gehören zu der großen Schar der Menschen, die eine Vorgabe der EU dazu verpflichtet, ihren alten Führerschein abzugeben und gegen eine neue Fahrerlaubnis umzutauschen.
Führerschein-Rückgabe im Oberbergischen Kreis
Bis zum 19. Januar 2033 müssen in Deutschland Führerscheine, die vor dem 19. Januar 2013 ausgestellt worden sind, umgetauscht werden. Das fordert eine Richtlinie der EU. Demnach sollen alle Fahrlizenzen nicht nur ein einheitliches Erscheinungsbild haben, sondern auch eine Befristung auf 15 Jahre tragen.
Umgesetzt wird diese Aktion gestaffelt nach Geburtsjahrgängen. Bis zum 19. Januar kommenden Jahres spätestens muss den alten „Lappen“ abgeben, wer zwischen 1953 und 1958 geboren worden ist. Erst im Sommer und dann eher langsam angelaufen sei diese Rückgabe im Oberbergischen Kreis, sagt Kreissprecher Philipp Ising. In diesem Jahr seien bislang etwa 2650 Anträge abgearbeitet worden (Stand Mitte dieses Monats).
Wie viele Dokumente insgesamt an das Straßenverkehrsamt des Kreises zurückgehen, sei nicht festzustellen. Die Führerscheinstelle rechne mit insgesamt rund 135 000 Lizenzen, das entspreche etwa 11 000 Führerscheinen pro Jahr, die ausgewechselt werden müssen. Ising: „Die genaue Anzahl derer, die den Führerschein umtauschen müssen, ist nicht bekannt, da bisher nicht sämtliche Altinhaber im System nacherfasst werden konnten und auch nicht bekannt ist, ob diese ihren Wohnsitz noch im Kreisgebiet haben.“ Ebenso unbekannt sei, wer von außerhalb zugezogen und noch eine alte Fahrerlaubnis habe. „Zudem gibt es sicher einige Oberberger, die aufgrund ihres Alters oder des Gesundheitszustandes nicht mehr fahren und somit nicht umtauschen möchten.“
Dank der Unterstützung von zehn Städten und Gemeinden im Kreisgebiet, die für die Kreisverwaltung zurzeit Umtauschanträge entgegennehmen, so Ising, habe es bisher kaum Engpässe in der Terminvergabe gegeben. „Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es bis zum 19. Januar 2022 doch noch dazu kommt.“ Antragstellerinnen und Antragsteller, die dieses Datum nicht einhalten könnten, kämen dann vorerst wohl nicht in den Besitz einer neuen Fahrerlaubnis. (höh)
www.obk.de/eu-fuehrerschein
Von den guten alten „Lappen“ aber wollten sich die beiden Senioren nicht trennen. Also baten sie die Führerscheinstelle im Straßenverkehrsamt des Oberbergischen Kreises, diese liebgewonnenen, dann natürlich entwerteten Dokumente per Post zurückzuschicken. „Mein Führerschein kam an, der von meiner Frau aber nicht“, berichtet Günter Hoffmann und zeigt das Kuvert, das an der rechten Seite offenbar vorsichtig und sorgfältig aufgeschlitzt worden ist.
Deutsche Post rät dazu, eine Nachforschung zu verlangen
Es käme sicher vor, dass ein Krimineller in Briefen zum Beispiel nach Geld, Gutscheinen oder Geschenkkarten suche, weiß der frühere Kommissar. „Als ich jedoch den eigenen Führerschein zurückbekam und sah, dass auch dieser Umschlag unterwegs auf dieselbe Weise geöffnet worden war, habe ich Anzeige erstattet.“
Dass sein Dokument nicht verschwunden ist, erklärt sich der Bohlenhagener damit, dass es sich im Kuvert wohl verkantet hatte und sich daher nicht herausziehen ließ. „Hätte man den Umschlag neben dem Adressfenster weiter aufgeschlitzt, wäre der stark beschädigt worden“, führt Hoffmann aus. „Und das wäre sofort zu sehen.“ Für ihn stehe fest, dass jemand gezielt diese Sendungen des Kreises aus der Post herausfische, um damit an ein Passfoto und eben die Daten der Inhaberin oder des Inhabers sowie an einen amtlichen Stempel zu kommen. „Dafür spricht auch, dass sich der Täter so viel Mühe gegeben hat.“
Keine weiteren Fälle im Kreis
Bei der Polizei in Oberberg sind solche Fälle bisher nicht bekannt. „Davon haben wir noch nicht gehört“, sagt Sprecher Michael Tietze. Und auch für den Oberbergischen Kreis kann Sprecher Philipp Ising keine weiteren Fälle bestätigen.
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Günter Hoffmann habe alles richtig gemacht, erklärt derweil Jessica Balleer, Sprecherin der Deutschen Post in Düsseldorf. Denn der Waldbröler hat zudem einen Nachforschungsantrag gestellt. Balleer: „Häufen sich solche Fälle, wird unsere Security aktiv.“ Ihr Unternehmen könne natürlich nicht ausschließen, dass es sich um Diebstähle handeln könnte. Sollten solche Dokumente während des Sortierprozesses aus einer Sendung hinausfallen, gingen diese an eine Ermittlungsstelle in Marburg und würden von dort dem Empfänger zugestellt, sagt Balleer.
Günter Hoffmann winkt ab. Er rechne sogar fest damit, dass es eine enorm große Dunkelziffer bei solchen Fällen gebe. „Nur scheuen die meisten Menschen sicher den Aufwand.“