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„Schuld bleibt ein Leben lang“Bewährungsstrafe nach Unfall mit Todesfolge

Lesezeit 3 Minuten
Unfall Nosbach 015_nas

Der Kradfahrer verstarb noch an der Unfallstelle.

Waldbröl – Es waren wenige Sekunden, die am 14. Oktober vergangenen Jahres über Leben und Tod entschieden hatten: Noch am Unfallort auf der Nosbacher Straße (Landesstraße 342) in Reichshof erlag ein 43 Jahre alter Motorradfahrer seinen schweren Verletzungen an Kopf und Brust, nachdem er mit seiner Maschine gegen den Kleinbus einer damals 63-jährigen Frau geprallt war. Sie hatte dem Mann aus Freudenberg beim Abbiegen die Vorfahrt genommen.

Dafür wurde die Ärztin, die eigenen Angaben zufolge seit mehr als 30 Jahren in der Palliativmedizin tätig ist, gestern vor dem Waldbröler Amtsgericht schuldig gesprochen. Angeklagt worden war sie wegen fahrlässiger Tötung. Die Fahrerin selbst konnte sich vor Gericht nur an den Aufprall des Mannes und einen Schatten auf der Frontscheibe erinnern.

Geld für soziale Zwecke

Richter Carsten Becker verhängte eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 10 400 Euro auf Bewährung mit einer Frist von einem Jahr. Zu den Auflagen gehört in dieser Zeit die Zahlung von 6000 Euro zu gleichen Teilen an den Förderverein der Palliativstation im Kreiskrankenhaus, an die Verkehrswacht Oberberg und an die Eltern des Opfers, die diese Summe spenden wollen. Das hatte deren Anwältin erklärt. Richter Becker betonte, dass diese Summe nicht als Schmerzensgeld zu verstehen sei. Das Urteil, so Becker, sei eine Verwarnung: „Die Schuld am Geschehen bleibt ein Leben lang.“

Diese hatte die Angeklagte vor Gericht nicht bestritten. Die tiefstehende Sonne, die ungleichen Schatten der Bäume am Straßenrand und die begrenzte Einsicht in die langgestreckte Kurve der L 342 in Höhe der Ortschaft Grunewald hätten trotz der langsamen Geschwindigkeit zu dem Unfall geführt, fasste ihr Verteidiger des Geschehen an jenem Samstagnachmittag zusammen. Daher sprach er sich dafür aus, das Verfahren einzustellen, was Richter Becker jedoch strikt ablehnte.

Vergeblich hatte die Medizinerin damals nach der Kollision versucht, den schwerst verletzten Motorradfahrer wiederzubeleben. Der Obduktionsbericht bestätigte den Ausführungen eines Rechtsmediziners aus Bonn zu Folge, dass der 43-Jährige sofort das Bewusstsein verloren hatte. „Zu stark war die Schwellung des Gehirns“, sagte er. Einen Herzinfarkt des Mannes vor dem Unfall schloss er aus.

Ein 38 Jahre alter Begleiter des Toten, ebenfalls aus Freudenberg, war hinter ihm gefahren und hatte den Unfall miterlebt: Er selbst konnte dem Bus der Frau ausweichen. Seinen Freund bezeichnete er als erfahrenen Motorradfahrer. Die Route durch Reichshof sei so etwas wie die Hausstrecke der beiden gewesen. „Wir sind mit Abstand und nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, weil die Straße stellenweise schon feucht war.“

Zur Sprache kam zudem, dass die Angeklagte nach dem Unfall den Kontakt zu den Eltern und den Angehörigen des 43-Jährigen gesucht hatte und diese mehrfach besuchte, bis es der Familie „zu viel“ geworden sei. Auch an der Beerdigung nahm sie teil. Richter Becker musste die Verhandlung unterbrechen, weil die 63-Jährige nach ihren Schilderungen die Fassung verlor, ebenso setzte der Prozess den Angehörigen und Freunden des Opfers auf den Zuhörerplätzen zu. Das Geschehen sei unfassbar und mache sie unfassbar traurig, sagte die Frau, zumal sie im Beruf Leid mindern und die Gesundheit anderer Menschen erhalten wolle. Heute meide sie den Unfallort so gut es gehe. Zur Not nehme sie einen Umweg über Feldwege, um die Stelle nicht zu sehen.