Ein Dorf für alle NotfälleFeuerwehr will Übungsgelände bei Brächen eröffnen

Die Feuerwehr will die Räume nun nach und nach als Wohnungen herrichten.
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Wiehl-Brächen – Im Wald neben der Wiehler Ortschaft Brächen hatte sich die Bundeswehr bestens eingerichtet. Neben der großen Fahrzeughalle stand eine Kfz-Werkstatt mit Rampe, vis-à-vis ein geräumiges Offizierskasino, ein Kantinengebäude und ein Bürohaus. Unterhalb davon zerfallen heute der einstige Schießstand und der große Zwinger, in dem die Wachhunde für das weitläufige Munitionsdepot gehalten wurden.

Die alten Gebäude der Bundeswehr eignen sich hervorragend fürs Retten, Bergen, Löschen.
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Kreisbrandmeister Wilfried Fischer stapft an diesem verregneten Vormittag inmitten der alten Gebäude durch den Schneematsch, an seiner Seite Rolf-Dieter Standtke. Die beiden Feuerwehrmänner sehen nach dem Rechten – und besprechen nebenbei, was noch alles gemacht werden muss. Denn in ihrer Obhut liegt der frühere Bundeswehr-Standort, der seit August vergangenen Jahres als Übungsgelände für die in Oberberg beheimateten Rettungsorganisationen dient.
Pause durch Pandemie
Nachdem der Kreis das Areal im Sommer seiner Bestimmung übergeben hatte, konnten dort gerade mal zwei Übungen stattfinden. Die Feuerwehr hielt Truppführerlehrgänge ab, dann zwang die Pandemie zum Pausieren. Für den März war die Wiederaufnahme des Ausbildungsbetriebs angesetzt, den Start hat Fischer nun vorausschauend auf Juni verschoben. Dabei seien die Ausbilder bei den Feuerwehren heiß darauf, hier endlich loszulegen, sagt Oberbergs oberster Feuerwehrmann: „Die scharren mit den Hufen.“ Und mit ihnen die Kräfte von Rotem Kreuz, Johannitern, Maltesern, DLRG und Technischem Hilfswerk – für sie alle ist „Brächen“ gedacht.

Eine Küche steht bereits teilweise.
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Der Name der benachbarten Wiehler Ortschaft war schon zu Bundeswehr-Zeiten Synonym für das Gelände, das zum Hauptteil aber auf Engelskirchener Territorium liegt. Der Kreis nutzt gerade mal zwei der 55 Hektar, die das größtenteils unter Naturschutz stehende Areal umfasst.
Vor der Eröffnung wurden ein Jahr lang Vorarbeiten geleistet. Der Kreis investierte 600.000 Euro, weitere 70.000 Euro sind im neuen Doppelhaushalt für das Gelände eingebucht. Das Wachhaus am Hauptzugangsweg wurde bereits modernisiert, Sanitärräume und ein großer Schulungsraum eingerichtet. Dieser ist erste Station für jede Feuerwehreinheit, die zum Üben anrückt, erklärt Fischer: „Vor dem praktischen Teil wird das Szenario hier in der Theorie erklärt. Das ist Vorschrift.“ Anschließend geht’s ins Gelände – das die Bundeswehr im optimalen Zustand hinterlassen hat, meint Standtke mit Blick auf die größtenteils heruntergekommenen Gebäude. Der 65-jährige Pensionär war stellvertretender Leiter der Wiehler Wehr und im Hauptberuf am Institut der Feuerwehr in Münster beschäftigt. „Die alten Häuser bieten sich an, um diverse Lagen durchzuspielen.“

Je realistischer das Szenario, desto besser lässt sich üben.
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An der Fahrzeughalle, in der einst die Bundeswehr-Feuerwehr ihre Wagen parkte, muss nicht mehr viel gemacht werden. Das Dach wurde bereits erneuert. Wenn noch einige Stolperstellen im Boden ausgebessert sind, können die Feuerwehren hier etwa im Trockenen üben, wie ein Auto für die Personenrettung aufgeschnitten wird. Ein ausrangierter Opel steht draußen schon parat.
In das alte Offizierskasino und die beiden Backsteinbauten gegenüber will die Feuerwehr ihre Muskelkraft investieren, um sie einzurichten, sagt Fischer: „Wir haben schon damit begonnen, ausgedientes Mobiliar zu sammeln.“ Damit soll ein Gebäude als Wohnhaus eingerichtet werden, samt Küche, Wohnzimmer, Schlafräumen. Der größte Raum wird zur Kantine. Nebenan, ins zweite Backsteinhaus, sollen Pflegebetten, um die Zimmer eines Altenheims und Krankenhauses nachzustellen.
Realistische Bedingungen sinnvoll
Je realistischer die Bedingungen sind, unter denen die Trupps später Menschenrettung und Löschangriff üben, desto besser sind sie im Ernstfall vorbereitet, weiß Fischer. Die beiden Gebäude sind mit einem alten schmalen Tunnel verbunden, in dem die Wehrleute die Fortbewegung unter extremen Bedingungen trainieren können.
Das alte Munitionsdepot
In den umliegenden Orten munkelt man, in ihrem Depot bei Brächen habe die Bundeswehr einst so viel Munition gelagert, dass es gleich für mehrere Kriege gereicht hätte. Nur so viel ist aber gewiss: Das 55 Hektar große Areal auf Engelskirchener Gemeindegebiet, in Nachbarschaft der Wiehler Ortschaft Brächen, bot viel Platz für Munition und andere Dinge. Neben den zwei Hektar mit Gebäuden, die nun der Kreis als Übungsgelände nutzt, gab es auf dem Gebiet einst weitere Hallen zwischen Schutzwällen, zum Teil auch Munitionsbunker. Im Jahr 1996 zog sich die Bundeswehr zurück, 2005 wurde der Kontrollturm des Depots gesprengt. (ag)
Von der einstigen Kfz-Werkstatt steht nur noch die Betonrampe, die zur technischen Ausbildung an Wagen genutzt werden kann. Die Hydranten liegen noch trocken: Die Leitung zum alten Wasserbehälter abseits des Geländes muss noch unter Druck gesetzt werden. Die Gebäude werden mit einer Alarmanlage versehen und einer Brandschutzanlage – auch zu Übungszwecken. Fischer ist dankbar, dass der Sicherheitsausstatter Königs und Woisetschläger hier die Feuerwehr unterstützt hat.
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Alle geplanten Arbeiten wollen die Wehrleute nun nach und nach erledigen, während der Übungsbetrieb läuft. Denn einsatzbereit ist das Areal bereits jetzt – falls Corona es zulässt. Früher hatten die Feuerwehren stets an benutzten Gebäuden üben müssen und waren dabei auf die Hilfe der Eigentümer angewiesen, sagt Fischer: „Dieses Übungsgelände macht so vieles einfacher.“