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Zum Beispiel das EinkochenDen Alltag von früher wieder entdecken

Lesezeit 3 Minuten

Vorsichtig setzt Hauswirtschafterin Elisabeth Walter die gefüllten Gläser in den Einkochtopf. Die „Weckgläser“ sollten bis zu Dreiviertel ihrer Höhe von Wasser umgeben sein. Mit dieser Methode bleiben Obst und Gemüse lange Zeit haltbar.

Oberberg – Mit geschultem Blick kontrolliert Elisabeth Walter die Temperatur des Wassers im Einkochkessel, der auf dem alten Sparherd im Hof Peters steht. „80 Grad Celsius muss das Wasser haben“, erklärt die Hauswirtschafterin des LVR-Freilichtmuseums Lindlar, während sie noch ein Stück Holz nachlegt. Dann widmet sie sich wieder dem Schnibbeln des Obstes. Heute werden Pflaumen mit Zimt, Birnen mit Ingwer und Aprikosen mit Zitrone eingekocht.

Was war vor dem Kühlschrank?

Früher war das Einkochen von Obst und Gemüse unverzichtbar, weiß Hannah Janowitz vom Freilichtmuseum. „Bis in die 1950er Jahre hatte kaum eine Familie einen Kühlschrank. Das Einkochen war die einzige Möglichkeit, Lebensmittel haltbar zu machen“, erklärt sie. Um diesen Prozess etwas zu erleichtern, gab für Hausfrauen es schon früh einige Hilfsmittel. So zum Beispiel eine Saugpumpe von der Firma Saxonia aus den 1930ern, die dem gefüllten Einmachglas die Luft entzog und so ein Vakuum herstellte.

„Wegen der Namen der Requisiten, die man typischerweise zum Einkochen benutzte, nannte man den Vorgang auch ,Einsaxen’ oder ,Einwecken’“, erzählt Janowitz.

Datenbank nun auch online abrufbar

Wie alltäglich und verbreitet das Einkochen bis vor einigen Jahrzehnten noch war, erkennt man an der Menge der Rezeptheftchen und Gerätschaften, die Hannah Janowitz und Maybritt Schützenmeister auf dem alten Esstisch der Familie Peters im Museum ausgebreitet haben. „Die Objekte, die man sich bei uns anschauen kann bilden nur einen Bruchteil der Objekte, die im Besitz des Museums sind“, erklärt Schützenmeister.

Damit die anderen Objekte aus dem Depot nicht in Vergessenheit geraten, kann man ab sofort online das vielfältige kulturelle Erbe des Rheinlandes auf dem Portal „Alltagskulturen“entdecken.

„Es war und ist eine Menge Arbeit unsere bisher lückenhafte und schriftliche Datenbank zu digitalisieren“, berichtet Janowitz. Seit drei Jahren schon beschäftigt sie sich gemeinsam mit Schützenberger damit, den Quellenbestand an Fotos, Filmen, Tondokumenten und Manuskripten in dem Portal zu erfassen. Bis Dezember 2017 soll das Projekt abgeschlossen sein, bei dem die LVR-Freilichtmuseen Lindlar, Kommern und das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn zusammenarbeiten. Derzeit arbeiten die Historiker an der Erfassung der Objekte aus dem landwirtschaftlichen Bereich.

Zurück zu Elisabeth Walter: Die Hauswirtschafterin benötigt neben dem Einkochkessel kaum andere Hilfsmittel. Wichtig sei es, dass das Obst in den Gläsern ungefähr die gleiche Temperatur habe wie das Wasser im Kessel. Daher hat sie das Wasser-Zucker-Gemisch, mit dem sie die Gläser auffüllt, vorher ebenfalls erhitzt. „Auch die Gummiringe müssen vorher abgekocht werden“, betont Walter.

Sehr lange haltbar

Nachdem sie die Ringe auf den Gläserrand gelegt hat, verschließt sie den Deckel mit Hilfe einer Verschlusszange. Dann sind die halbierten Pflaumen, Aprikosen und Birnen bereit, eingekocht zu werden. Vorsichtig platziert sie die Gläser nebeneinander im Topf und stellt fest, dass sich dort zu viel Kochwasser befindet. „Die Gläser sollten nur bis zu Dreiviertel ihrer Höhe von Wasser umgeben sein“, erklärt sie, als sie einige Kellen des Wassers abschöpft.

30 Minuten müssen die Einmachgläser in dem Kessel erhitzt werden, damit sich ein Vakuum bildet. Nun sei es wichtig, die Gläser mindestens einen Tag ruhen zu lassen, bevor man die Verschlussklammern entfernt. „So, nun sollte das Obst haltbar sein“, freut sich Elisabeth Walter.

Wie lange Obst und Gemüse mit dieser Methode haltbar bleiben, zeigt ein Glas Sauerkirschen, das auf dem Schrank im Schlafzimmer von Hof Peters steht. Auf dem Etikett ist das Jahr 1927 vermerkt.