Auschwitz-ÜberlebendeEine einmalige Lebensgeschichte

Zeitzeugin: Bürgermeister Lutz Urbach hat gestern Philomena Franz (90, mit Enkelin Ophelia) im Rathaus empfangen. Franz war von den Nazis verfolgt worden, weil sie, so ihre eigenen Worte, „Zigeunerin vom Stamm der Sinti“ ist. Sie hat Auschwitz überlebt.
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Bergisch Gladbach – Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war für die meisten Insassen die Endstation vor dem Gang in die Gaskammer.
Nicht so für Philomena Franz. Sie hat Auschwitz sogar zweimal überlebt und feierte jetzt ihren 90. Geburtstag. Gestern wurde die heute in Bergisch Gladbach lebende und sich selbst als „Zigeunerin vom Stamm der Sinti“ bezeichnende Zeitzeugin von Bürgermeister Lutz Urbach in dessen Amtszimmer empfangen.
„Sie haben ja auch wirklich eine einmalige Lebensgeschichte“, erklärte Urbach. Dem ist nicht zu widersprechen, denn die gebürtige Biberacherin hat während des Dritten Reiches brutale Folter und seelische Qualen erlebt.
„Nationalsozialismus ist ein Abgrund der Menschlichkeit“
Aus einer musikalischen Familie stammend – ihr Großvater war königlicher Hofmusikant – kam Philomena Frank im Alter von 21 Jahren im April 1943 nach Auschwitz und musste dort zunächst in einem Steinbruch schuften. Danach wurde sie nach Ravensbrück verfrachtet, wo ihr die Flucht gelang. Doch nach einigen Tagen schnappte sie ein Mitglied der Hitlerjugend, und zur Abschreckung wurde sie von der Lagerleitung vor den anderen Insassen scheinerhängt. Anschließend brutal zusammengeschlagen überlebte sie nur, weil ihr ein jüdischer Lagerarzt regelmäßig heimlich etwas Brot zusteckte. Mit dem Krankentransport wurde sie dann zurück nach Auschwitz geschickt. „Das war eigentlich der sichere Tod“, erinnert sich Frank. Sie war schon auf dem Weg in die Gaskammer, als ein SS-Mann sie dazu abkommandierte, vor dem Krematorium die Asche der Ermordeten auf Loren zu schaufeln.
Philomena Frank wurde danach in ein Lager bei Wittenberg an der Elbe verlegt, wo ihr ein zweites Mal die Flucht gelang – diesmal für immer.
Nach Kriegsende fängt sie an, über ihre Erlebnisse zu berichten. „Das erste Mal im Jahre 1977 bei Alfred Biolek in dessen Sendung ,Kölner Treff’“, so Frank gestern. Sie verfasst mehrere Bücher und ist trotz ihres hohen Alters nach wie vor an Schulen zu Gast, um aufzuklären, „ohne anzuklagen“, wie sie betont.
Philomena Frank bezeichnet den Nationalsozialismus als einen „Abgrund der Menschlichkeit“, der sich nie wiederholen dürfe. „Denn dann haben wir nichts zu lachen“, sagt sie. Bürgermeister Urbach zeigte sich beeindruckt von den Erlebnissen. „Sie erzählen alles so plastisch, das sofort Bilder im Kopf entstehen“, sagte Urbach zu der Zeitzeugin, die mit Enkelin Ophelia gekommen war.