Im Jugendgefängnis, so die Hoffnung, könnte der perspektivlose junge Mann die Chance auf eine Ausbildung erhalten.
Opfer bedroht und beraubtBensberger Gericht verurteilt uneinsichtigen Täter zu drei Jahren Haft

Wenig einsichtig zeigte sich der junge Angeklagte vor dem Bensberger Amtsgericht.
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Ganz schön rüde Worte zitierte die Staatsanwaltschaft vor dem Bensberger Amtsgericht: „Hau ab aus Wermelskirchen!“ Und: „Wenn Du die Polizei rufst, schlag’ ich Dich tot!“ Dabei soll Tim M. (Namen geändert) vor dem Kopf des Opfers mit einem Teleskopschlagstock gefuchtelt haben.
In einem Fall forderte er auch noch den Spindschlüssel herauszugeben, um die Geldbörse des Geschädigten zu nehmen. Als dieser sich weigerte, brach er kurzerhand mit seinem Kumpel den Spind auf und nahm 400 Euro an sich. Danach zogen die beiden ab.
Der Angeklagte nannte den Namen seines Kumpels
Der Angeklagte wurde aus der Haft vorgeführt und äußerte sich über seinen Pflichtverteidiger zur Sache. Zwar stimme der Tathergang, so der Angeklagte, doch das Opfer habe eine Schreckschusspistole gezogen und er habe nie mit dem Tod gedroht, wohl aber mit Prügel, behauptete er. Beide Male habe er vorher Amphetamine oder Pep genommen und sei entsprechend enthemmt gewesen. Immerhin nannte er den Namen seines Kumpels: Holger aus Essen (Name geändert). Die Staatsanwaltschaft notierte sich den Namen, um gegebenenfalls auch gegen Holger ermitteln zu können.
Vor Gericht wurden nicht alle Taten aufgeführt, nur die schwersten. Die anderen wurden zunächst von Richter Ertan Güven auf Antrag nach Paragraf 154 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt, da sie das Strafmaß im Falle der angeklagten schweren Tat nicht beeinflussen würden. Besonders brisant war, dass die schweren Taten in der Bewährungszeit begangen wurden und daher auch zur Vollstreckung der Haftstrafe aus einem vorherigen Prozess führten.
Vorausgegangene Bewährungsstrafe führte nicht zur Einsicht
Richter und die Staatsanwältin betonten außerdem, dass die Bewährungsstrafe bei Tim M. nicht dazu geführt habe, sein Unrecht einzusehen und sich zu ändern. Die Jugendgerichtshilfe bestätigte letztlich diesen Eindruck. Zwar habe der Angeklagte in der Haft kooperiert, sich aber standhaft geweigert, an einer Entgiftungsmaßnahme für seine Abhängigkeit teilzunehmen. Es wäre ein Anfang gewesen, denn die Beschaffungskriminalität hätte danach erst einmal keine Rolle mehr gespielt.
Die Eltern von Tim M. hatten sich getrennt, als der Junge sechs Jahre alt war. Mit seinem älteren Bruder hatte er viele Auseinandersetzungen, die weit über das hinausgingen, was man brüderliche Rivalität nennen könnte. Schwierigkeiten in der Grundschule und später in der Förderschule zeichneten seinen Weg, sein Intelligenzquotient liegt bei 57 Nach Aussage der Jugendgerichtshilfe habe der Angeklagte auch wenig Motivation gezeigt, den Test überhaupt durchzuführen.
Angeklagter ohne Geld, Job und Orientierung
Das bittere Fazit: Solange es keinen festen Bezugspunkt im Leben von Tim M. gibt, werde er weiter straffällig, ihm fehle jede Orientierung, ohne Zuhause, ohne Geld, ohne Job. Sein Betreuer bestätigte, dass er bisher keine Einrichtung gefunden habe, die bereit sei, seinen Klienten aufzunehmen. Im Jugendstrafrecht steht die Rehabilitation im Vordergrund.
Daher fragte der Verteidiger Dr. Jürgen Graf die Jugendgerichtshilfe: „Wäre es nicht besser, wenn Tim im Gefängnis bleibt und dort eventuell eine Ausbildung beginnen könnte?“ Die Frage war geprägt von der tiefen Sorge, dass bei weiteren Straftaten das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen würde, da der Angeklagte nun über 21 Jahre alt ist und dann kaum noch etwas möglich sei. Die Jugendgerichtshilfe sah es nicht anders.
Chance auf eine Ausbildung im Jugendgefängnis
Die Staatsanwaltschaft forderte schließlich eine Jugendstrafe von drei Jahren Gefängnis, der Verteidiger schloss sich zwar der Argumentation an, meinte jedoch, dass zwei Jahre und drei Monate ausreichend seien. Richter Ertan Güven, der Vorsitzende des Schöffengerichts, verkündete schließlich das Urteil: Tim M. wird zu drei Jahren Jugendgefängnis verurteilt, wobei die Untersuchungshaft von sechs Monaten angerechnet wird.
„Drei Jahre sind deshalb wichtig, da es nur bei einer längeren Haftstrafe auch die Chance für Ausbildungsmaßnahmen gibt.“ Dr. Jürgen Graf besprach sich kurz mit seinem Klienten und verzichtete dann in dessen Namen auf Revision. Die Staatsanwaltschaft schloss sich an. Somit ist das Urteil rechtskräftig.