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EhrenamtlerHilfe soll Flüchtline in Bergisch Gladbach vorm Scheitern schützen

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Mentorenprojekt11

 In der ganzen Stadt helfen die Mentoren des Programms der evangelischen Kirchengemeinde:  Hanna Thomé, Sebastian Lippert, Lucrecia Lopèz, Flüchtling Emil, Heike Kochan und Dr. Werner Grosseschallow (v. l. ).

Bergisch Gladbach – „Ich hatte das Gefühl, etwas machen zu müssen. Auch gegen die rechte Gesinnung in unserem Land“, sagt Sebastian Lippert. Der Student ist ehrenamtlicher Mitarbeiter eines Mentorenprojektes, dessen Trägerschaft die evangelische Kirchengemeinde Bergisch Gladbach übernommen hat.

Rund 90 Bürger betreuen Flüchtlinge – teils Einzelpersonen, teils Familien – im Alltag. Die Ehrenamtler begleiten die Überleitung der  Flüchtlinge aus Heimen  in die erste eigene Wohnung in Deutschland. Während in den Sammelunterkünften etliche Initiativen helfen, sind die Neuankömmlinge in ihren vier Wänden meist auf sich allein gestellt.

„Nicht allen fällt es leicht, aus dem Haus zu gehen und Kontakt zum deutschen Umfeld aufzunehmen“, sagt Lucrecia López, Koordinatorin des Mentorenprojektes. Auch wer sich nicht isoliere, scheitere oft an amtlichen Formularen und dem Verstehen deutscher Sitten und Gebräuche. Hier setzt die Hilfe der Ehrenamtler an.

„Ich habe mir vorgestellt, wie es für die Menschen sein muss, in ein fremdes Land zu kommen“, sagt Heike Kochan. Sie wollte helfen und übernahm als Mentorin eine sechsköpfige Familie aus dem Irak. Die Familie mit vier Kindern zwischen sechs und 15 Jahren sei aus einer Unterkunft in eine Wohnung verlegt worden. „Die Menschen hatten nichts, sind praktisch ins kalte Wasser geworfen worden“, erklärt Kochan die Situation der Familie. Heute, sieben Monate später, habe sich die Familie in der nun auch eingerichteten Wohnung eingelebt. Ihre Mentorentätigkeit beschränke sich nur noch auf einen lockeren Kontakt und wenige Anfragen nach Hilfestellung.

Kochan hilft nun einer allein stehenden, schwangeren Frau aus Syrien,  sich in Deutschland zurecht zu finden. Die Mentoren verschweigen nicht, dass es auch Probleme gibt und sie oft vor schwer lösbaren Aufgaben stehen – so wie Hannah Thomé. Die Studentin kümmert sich um zwei junge Syrer. Die beiden Männer, 19 und 20 Jahre alt, leben zusammen in einer Wohnung.

Die Freunde sind mit ihren 15-jährigen Brüdern nach Deutschland gekommen. Die Minderjährigen leben in einem Kinderhaus. „Meine beiden Mentées sind sehr unterschiedlich. Einer ist sehr bemüht, geht in die Öffentlichkeit und versucht, schnell Deutsch zu lernen“, erklärt Thomé.

Der Zweite dagegen komme mit seiner Situation überhaupt nicht zurecht, wolle zurück in die Sammelunterkunft in Katterbach. Die Studentin: „Er wurde von der Familie gezwungen, den jüngeren Bruder nach Deutschland zu bringen.“ Da nun ein minderjähriges Mitglied der Familie in Deutschland lebe, sei der Familiennachzug möglich. Der junge Syrer leide, sein wenig motiviert und wolle zurück in sein Heimatland. „Dies ist für ihn allerdings nicht möglich. Er hat Angst vor seinem Vater im Falle einer Rückkehr“, schildert  Thomé.

Alleingelassen mit den täglichen Problemen ihrer Arbeit fühlen sich die Mentoren allerdings nie. Jederzeit können sie sich bei Koordinatorin López Hilfe holen, in regelmäßigen Abständen werden Reflexionstreffen abgehalten, um Probleme zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen.

Die Treffen stehen auch Interessenten offen, die mitarbeiten und vorab einen Eindruck von der Mentorenarbeit bekommen wollen.Die Ehreamtler arbeiten im Zweierteam. Abwechselnd besuchten sie ihren Mentée zweimal pro Woche. „Wir wollen die Belastung für die Mentoren gering halten. Sie helfen ja in ihrer Freizeit“, sagt López.

Zudem könne sich ein  Team  besser über die betreuten Menschen und deren Problemeaustauschen. Wichtig  im Miteinander von Mentoren und  Flüchtlingen seien  drei Dinge:  Die Kommunikation soll auf Augenhöhe stattfinden. Die Hilfe soll an den persönlichen Bedürfnissen ausgerichtet sein. Und sie soll eine Hilfe zur Selbsthilfe sein. „Wir wollen nicht, dass die Mentoren Dienstmädchen werden“, betont die  Koordinatorin. 

Im Gegensatz zu einigen Flüchtlingen wird kein Mentor ins kalte Wasser geworfen. Jeder Interessent durchläuft eine Basisqualifizierung. Aktuell haben die Verantwortlichen des Projektes 20 Anfragen und suchen 40 weitere Mentoren.

Wer Interesse an einer Mentorenschaft hat, kann sich bei Koordinatorin López melden,  unter (0177) 18 17 682 oder  per E-Mail.

kontakt@mentorenprojekt-gl.de