Kinder werden schnell gefunden791 Vermisste im Rheinisch-Bergischen Kreis in 2020

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Bergisch Gladbach – Immer wieder veröffentlichen Medien Suchmeldungen nach vermissten Personen, die von der Polizei gesucht werden: oft Jugendliche, manchmal auch alte Leuten. Vergangenes Jahr galten 791 Menschen in Bergisch Gladbach als vermisst, in dieser Zahl sind Mehrfachnennungen miteingeschlossen. „Die meisten Vermisstenfälle machen Kinder und Jugendliche aus“, sagt der Bergisch Gladbacher Kommissar Jens Tintelnot.
Seit 30 Jahren arbeitet er als Kriminalbeamter an Fällen wie diesen. Einige der Vermissten wohnen in stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen. Die jungen Menschen aus den Einrichtungen laufen meistens nicht einfach weg, weil sie jugendlicher Trotz überkommt: „Man muss sich überlegen, welche Kinder in diesen Einrichtungen leben“, sagt Tintelnot. „Die haben sich das nicht ausgesucht und kommen aus vorbelasteten Verhältnissen.“
Kinder und Jugendliche laufen nicht von heute auf morgen weg
Zu 99 Prozent tauchten die jungen Menschen einige Stunden bis wenige Tage nach ihrem Verschwinden wieder auf: „In den allermeisten Fällen kehren die Kinder wieder von allein in die Einrichtungen zurück“, fügt Tintelnot hinzu. „Ab und an finden wir sie auch an öffentlichen Plätzen wie am Busbahnhof oder in Fußgängerzonen.“ Zusätzlich würden die Beamten manchmal im Laufe der Suche Bekannte und Freunde ermitteln. Auch hier greifen sie die Gesuchten mitunter auf.
Allgemein laufen Kinder und Jugendliche meist nicht von Heute auf Morgen weg. Diese Tendenz entwickelt sich erst. Meist hat sich davor bereits das Verhalten der Kinder geändert: Vielleicht kam es häufiger zu Streit, ob daheim oder in der Schule. Kommissar Tintelnot rät daher Eltern und Erziehungsberechtigten: „Haltet ein Auge auf Eure Kinder, schaut, ob sie Sorgen oder Ängste haben.“
24-Stunden-Wartezeit gibt es nicht
Ein vertrauensvolles Verhältnis verringere die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein junger Mensch zurückzieht. „Bei Jugendlichen können auch schlechte Schulnoten, Drogenkonsum oder Straftaten dazu führen, dass sie sich von Zuhause distanzieren“, erklärt Jens Tintelnot weiter. Aber auch an die jungen Menschen hat er einen Appell: „Bleibt per Handy erreichbar, das ist das die halbe Miete. Da können wir wenigstens hören, dass es euch gut geht.“
Wann gilt jemand überhaupt als vermisst? Für einen vermissten Erwachsenen definiert die polizeilichen Vorschriften drei Kriterien: „Die Polizei leitet eine Vermissten-Fahndung ein, wenn eine Person ihren gewohnten Lebenskreis verlassen hat, ihr derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist und eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann.“
Die berüchtigten 24-Stunden, die man angeblich vor einem Anruf bei der Polizei abwarten soll, sind also falsch. Minderjährige dürfen generell nicht selbst bestimmen, wo sie sich aufhalten. Für sie gilt die „Gefahr für Leib und Leben“ als immanent. Die Suche nach ihnen startet deswegen bereits dann, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthaltsort unbekannt ist.