Schon Schläger von Roger Federer besaitetTennis-Guru zu Gast in Bergisch Gladbach

Frank Messerer hat ein eigenes System für die Besaitung entwickelt. Damit sollen die Schläger mehr Zugkraft erhalten.
Copyright: Diethelm Nonnenbroich
Bergisch Gladbach – Was haben Alexander Zverev, Nummer drei der aktuellen Tennisrangliste und die Bergisch Gladbacherin Angelika Winterschladen gemeinsam? Beide spielen Tennisschläger, die von dem Gummersbacher Frank Messerer (45) besaitet sind. Anders als Zverev, der seine Schläger bei großen Turnieren wie den BMW Open in München oder dem Rasenplatz-Turnier im westfälischen Halle Messerer anvertraut, hatte Winterschladen die Möglichkeit ihr Racket bei Sport4You im Bergisch Gladbacher Löwencenter in die Hände des Profi-Besaiters zu geben.
Griffband ist wichtig
„Wer hat denn das Griffband aufgebracht?“, ist die erste Frage des Besaiter-Gurus, als die begeisterte Hobby-Spielerin ihm ihren Schläger in die Hand drückte. Geduldig erklärt der Gummersbacher Winterschladen Funktion und Nutzen eines richtig gewickelten Griffbandes. Dann nimmt der 45-Jährige den Schläger, installiert einen Sensor zwischen zwei Längssaiten des Schlägers und geht an eine transportable Ballwand. „Diagnosestation“ nennt Messerer seinen Aufbau. Nach mehreren Vor- und Rückhandschlägen macht er Winterschladen auf die mangelhafte Besaitung aufmerksam.

Tipps vom Meister gab es auch. Frank Messerer gilt in der Tennis-Szene als Fachmann für die Besaitung von Tennisschlägern. Bei allen großen Turnieren in Deutschland ist er im Einsatz.
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Dann lässt er die Hobbyspielerin mehrere Vorhandbälle schlagen. Auf einem Monitor zeigt er ihr das Ergebnis des Sensors. „Gehen sie zu ihrem Besaiter und lassen sie sich das Geld zurückgeben“, sagt Messerer der Kundin. Winterschladen beteuert, eine teure Saite zu spielen. 45 Euro habe ihr der Besaiter dafür abgeknöpft. Der Gummersbacher klärt sie auf: „Man hat Sie nicht gut beraten. Die Saite auf ihrem Schläger kostet 19 Euro inklusive des Besaitungslohns.“ Winterschladen gibt schließlich eine Neubesaitung in Auftrag. „Ich habe das Gefühl, gut beraten worden zu sein“, sagt sie nach dem Gespräch mit Messerer.
Schlange vor Sportgeschäft
Mittlerweile hat sich eine Schlange in dem Sportgeschäft gebildet. Als nächster wird Günter Radke bedient. Der Wuppertaler hat von der Veranstaltung gelesen und den Weg aus der Schwebebahn-Metropole auf sich genommen, um die Expertise des Besaiters einzuholen. Ein Tennisarm, also feine Risse im Bereich des Sehnenansatzgewebes, dort, wo die Sehne Muskulatur und Knochen verbindet, machen Radke zu schaffen.
Das Problem macht sich durch Schmerzen am Ellenbogen und Unterarm bemerkbar. Meist entstehen die Beschwerden durch eine andauernde Überbelastung der Muskulatur. Messerer rät dem Wuppertaler zu einem neuen Tennisschläger: „Sie spielen ein Racket mit sehr steifem Rahmen. Dadurch könnte das Problem entstanden sein.“ Eine Stunde später hält Radke seinen neuen Schläger mit frischer Saite in Händen.

Ein Tennisschläger erhält ein neues Griffband.
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Messerer besaitet nach dem „S-M-F Stringing System“. Der Gummersbacher hat nach eigener Aussage dieses System entwickelt. Nur vage, um nicht zu viel preis zu geben, erklärt der Meister sein System: „Mit meiner Besaitung erreiche ich einen um 30 Prozent größeren Sweet-Spot (optimale Trefferfläche). Die Zugkraft, die beim Besaiten auf die Saite wirkt, wird der Länge angepasst.“ Messerer berichtet, das auch Alexander Zverev seine Schläger mit dem S-M-F Stringing System besaiten lässt.
Der Gegner in der Hand
„Ihr Gegner steht nicht auf der anderen Seite des Netzes, sondern sie halten ihn in Händen“, muss sich ein älterer Tennisspieler anhören, der unumwunden zugibt, seit vier Jahren mit derselben Saite zu spielen. Eine neue Besaitung ist fällig. Als der Gummersbacher das nächste Racket in die Hand nimmt, ist er entsetzt. „Hier sind die Quersaiten nicht angezogen worden, der Schlägerkopf ist komplett verzogen“, erklärt Messerer und zeigt auf eine gut sichtbare Beule im Schläger. Er legt ihn auf ein großes Blatt Papier und umrandet ihn mit einem Filzstift. Dann schneidet er die Saite aus dem Schläger.

Bei der Arbeit: Ein Tennisschläger erhält neue Saiten.
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Erneut umrundet er den Rahmen mit dem Filzstift. In der Breite hat der Schläger rund einen Zentimeter verloren und in der Höhe einen Zentimeter zugelegt. Die Beule ist verschwunden. „Wir kennen den Besaiter schon lange, aber da gehen wir nicht mehr hin“, kommentiert die Besitzerin des Schlägers die Aktion.
Besaitung häufig miserabel
2500 Rackets werden jedes Jahr von Messerer und seinem Team besaitet. „Dies sind aber nur die Schläger, die ich bundesweit mit der Post erhalte und auf Turnieren besaite“, sagt der ATP-Besaiter. Addieren müsse man noch die Rackets der lokalen Kundschaft in seinem Sportgeschäft. Der Gummersbacher: „Wenn ich mir einzelne Schläger anschaue, weiß ich manchmal nicht, wie die Besaiter überleben.“ Die Qualität der Besaitung sei häufig miserabel.
So etwas könne man sich einfach nicht erlauben, wenn man die Ausrüstung professioneller Tennisspieler betreue. Für die seien ihre Schläger heilig. So habe Altmeister Ivan Lendl während seiner aktiven Zeit immer zwei Sitze im Flugzeug gebucht – einen für sich, den anderen für seine Ausrüstung. Besonders ist Messerer eine Besaitung für den Österreicher Thomas Muster in Erinnerung geblieben.
„Wir mussten seine Schläger mit 44 Kilogramm Zugkraft bespannen. Unsere Maschine war aber nur bis 40 Kilogramm kalibriert“, erklärt Messerer. Als erstes musste also die Besaitungsmaschine neu eingestellt werden. Damit war aber erst ein Problem gelöst. Für derart hohe Zugkräfte war der Schlägerrahmen nicht ausgelegt. Messerer: „Wir haben dann den ganzen Raum auf 18 Grad Celsius abgekühlt und die Schläger vor dem Besaiten in einem eigens herangeschafften Gefrierschrank gekühlt.“ Die fertig besaiteten Rahmen wurden anschließend in einer Kühlbox direkt auf den Tennisplatz gebracht.
Um Schläger von Roger Federer gekümmert
Jahrelang hat sich der 45-Jährige um die Schläger des Schweizers Roger Federer gekümmert, ist mit dem Tenniszirkus um die Welt gereist. „Ich war 32 Wochen im Jahr unterwegs und habe jedes Land der Erde fünf- bis sechsmal gesehen“, sagt der Besaiter-Guru um sofort einzuschränken: „Na ja, meist nur Hotels und Tennisplätze.“ Mittlerweile tritt der Gummersbacher etwas kürzer, was internationale Turniere betrifft.
In Deutschland lässt er sich aber nicht nehmen, auf allen großen Tennis-Events hinter der Besaitungsmaschine zu stehen. So wie im vergangenen Mai bei den BMW Open in München oder im Juni bei den Gerry Weber Open in Halle – einem wichtigen Vorbereitungsturnier der Weltklassespieler für das große Turnier in Wimbledon, das prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt in London. Insgesamt werden dort 2018 mehr als 38,6 Millionen Euro an die Teilnehmer als Preisgelder ausgeschüttet. Die Einzelsieger der Herren- und Damenkonkurrenz erhalten jeweils umgerechnet 2,56 Millionen Euro.
Zu Roger Federer und Alexander Zverev pflegt Messerer einen besonderen Kontakt. Dies dokumentieren auch die Widmungen der Tennisstars auf einem Plakat, dass der Besaiter bei seinen Seminaren immer aufstellt. Messerer: „Zverev kommt nach den Spielen immer noch zu einem Erinnerungsfoto mit allen Besaitern. Er zeigt sich dankbar für unsere Arbeit an seinem Handwerkszeug, ähnlich wie Roger Federer.“