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Historische UrkundeDie Bosbachs und die Wassergenossen

Lesezeit 3 Minuten

Trafen sich in Heiligenhaus: Bürgermeister Heider (M.) und die Bosbachs. Links Sohn Wolfgang MdB, rechts Vater Alfred, oben das Schild der Gaststätte, in der vor 114 Jahren die urkunde der Wassergenossenschaft unterzeichnet wurde.

Overath – Die Stadt Overath ist um eine historische Urkunde reicher: Sie besitzt jetzt das Gründungsdokument der Wassergenossenschaft Heiligenhaus vom 27 Februar 1899. Zu verdanken hat sie die in Sütterlinschrift verfasste Urkunde Alfred Bosbach (91) aus Bergisch Gladbach, dem Vater des bergischen CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach.

Zeitreise in das späte19. Jahrhundert

Dienstag, 12 Uhr mittags: Am Heiligenhauser Kreisel, genauer gesagt an der Gaststätte „Haus Bosbach“, treffen sich Alfred und Wolfgang Bosbach mit dem Overather Bürgermeister Andreas Heider. Letzterer hat als studierter Historiker eine schlaflose Nacht darauf verwendet, das alte Schriftstück zu entschlüsseln, das ihm Wolfgang Bosbach aus dem Fundus seines Vaters zugeschickt hatte.

„Das Dokument ist nichts anderes als die Gründungsurkunde der Wassergenossenschaft Heiligenhaus, die 1899 die erste Wasserleitung nebst Hochbehälter für die auf dem Berge zwischen Overath und Steinenbrück liegende Ortschaft zuwege gebracht hat“, sagt Heider.

Liest man die PC-Abschrift, die der Bürgermeister vorgenommen hat, findet man sich unversehens in einer Zeitmaschine wieder:

Mit 15 Personen haben sie damals, vor 114 Jahren, in der Wirtschaft von Wilhelm Bosbach zusammengesessen. Aus „Bergisch-Gladbach“ (mit Bindestrich!) war außerdem noch der Königlich Preußische Notar Nikolaus Schmitz angereist, um zu beurkunden, was es zu beurkunden gab: dass nämlich 13 der versammelten Personen von einer 14. Person ein Grundstück kauften, um eine Wasserversorgung zu installieren.

Aus heutiger Sicht bemerkenswert ist an der Urkunde aber nicht nur der heute verpönte Bindestrich für Bergisch Gladbach. Interessant ist auch die Bezeichnung der Verkäuferin: Sie wird an einer Stelle kurzerhand als „Ehefrau Wilhelm Wessel“ tituliert. Womöglich ist das nur als Kurzform für ihren eigentlichen Namen „Margaretha geborene Roth zu Groß Schwamborn“ zu verstehen. Ihr Ehemann, der Ackerer Wilhelm Wessel, saß bei dem Geschäft übrigens als 15. Anwesender mit in der Wirtschaft.

Beim gestrigen Treffen in Heiligenhaus wies Alfred Bosbach, der seinerseits erst 23 Jahre nach der Gründungsversammlung geboren wurde, auf ein weiteres Detail der Urkunde hin: Zwei der damaligen Gründungsgenossinnen konnten nicht schreiben. Analphabetismus war also hierzulande an der Schwelle zum 20. Jahrhundert durchaus noch zu finden. Doch die Heiligenhauser wussten sich zu helfen.

Wörtlich heißt es dazu in der Urkunde: „Auf Befragen erklärten die Wittwe Wolschläger und die Wittwe Schamborn nicht unterschreiben zu können und wurde deshalb ein Schreibzeuge zugezogen in der Person des Lehrers Herrn Christoph Schmitz zu Heiligenhaus.“ Wolfgang Bosbach meinte dazu gestern schmunzelnd: „Bürokratie ist keine Erfindung der Neuzeit.“

Blieb bei der mittäglichen Begegnung an historischer Stätte gestern nur noch eine Frage zu klären: Wie kam die Urkunde in den Besitz von Alfred Bosbach? Denn, das hatte Bürgermeister Heider bereits recherchiert, zwischen den Bergisch Gladbacher Politik-Bosbachs und den Heiligenhauser Gastronomie-Bosbachs gibt es keine verwandtschaftlichen Beziehungen. Die Urkunde ging also nicht von Gastwirt Wilhelm auf Politiker-Vater Alfred über.

Auch stammt Alfred Bosbach selbst auch gar nicht aus Heiligenhaus, sondern hat mit seiner Familie immer in Bergisch Gladbach gewohnt. Allerdings stammt seine Mutter, eine geborene Kalsbach, ebenfalls aus Heiligenhaus. Alfred Bosbach: „Ich könnte mir vorstellen, dass meine Tante die Urkunde in die Familie mitgebracht hat.“

Hundertprozentig ließ sich diese Frage gestern nicht mehr aufklären. Macht aber nichts. Und überhaupt: Mit der Schenkung an das Archiv der Stadt Overath ist das für heimatgeschichtlich interessierte Menschen kostbare alte Schriftstück jetzt quasi Gemeineigentum geworden.