Historisches HandwerkMit dem Hundepflug zur Kartoffelernte

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Kürten – Karl Heinz Berster hat in die alten Filme schon reingeschaut. Der Heimathistoriker aus Bechen ist begeistert. Denn der Hungsplog, der Hunde- oder Hunnenpflug, war schon in den späten 1970er-Jahren ein landwirtschaftliches Gerät mit Seltenheitswert. Aus Holz gefertigt, gebogen, mit einer Vorrichtung zum Anspannen des Pferdes. Ohne den Hungsplog kam ehedem keine bergische Kartoffel aus dem Acker. Das landwirtschaftliche Gerät war es wert, im Film festgehalten zu werden. Auch dank Bersters Einsatz kommt der Hungsplog demnächst wieder zu Ehren.

Die Dielsäge war auch so ein Nostalgieteil, schon damals im Sägewerk der Gebrüder Brochhaus (heute Firma Nordhaus) längst nicht mehr im Einsatz. Auch das Arbeiten mit der Dielsäge wurde in bewegten Bildern festgehalten. Ebenso das Leiterbauen auf der „Fäächbank“ (Fegebank) und das Futterholen mit dem „Krauttuch“. Das Amt für Rheinische Landeskunde gab die Filme in Auftrag, die Landesbildstelle NRW filmte. Dr. Günther Schlieker, der damalige Kreisveterinär, war als Kenner bergischen Handwerks der Ideengeber.

Filmabend für Heimatfreunde

Heute sind diese Aufnahmen selbst historisch. Das Wissen um die Dielsäge – die Säge zum Zuschneiden der großen Dielenbretter – ist untergegangen. Technik hat in Handwerk und Landwirtschaft Einzug gehalten, die alten Gewerke sind lange verdrängt. Höchstens im Museum darf man staunen: Was, damit ist mal gearbeitet worden? Einen ganz besonderen Filmabend für Kürtener Heimatfreunde und Kenner altbergischer Landwirtschaft gilt es anzukündigen für den 16. April: Vier Filme, mit Aufnahmen vom Hungsplog, von der Dielsäge, vom Bau einer Obstbaumleiter mit der „Fäächbank“ (Fegebank) in Kürten-Engeldorf und dem altertümlichen Krauttuch. dem „Kruckdooch“. Es wird auf jeden Fall nostalgisch.

Zufälle sind es, die zum Filmabend führten. Auf dem jüngsten Kürtener Vereinsfest entsannen sich einige Mitglieder des Geschichtsvereins um Karl Heinz Berster der einstigen Aufnahmen. Die Diskussion bekam auch Günther Brochhaus mit – er war einer der Akteure und wirkte seinerzeit am Filmdreh mit der Dielsäge mit. Der Firmensenior erinnerte sich an eine Filmkopie im Archiv von Nordhaus. Über Brochhaus gelang auch der Kontakt zu Dr. Günther Schlieker, heute 90 Jahre alt. Schlieker wird am Filmabend einer der Ehrengäste sein, ebenso die Darsteller. Gemeinde, Landschaftsverband Rheinland als Träger des landeskundlichen Instituts und der Geschichtsverein Kürten laden gemeinsam ein. Das Amt für Rheinische Landeskunde wird die vier Filme digitalisiert einspielen. Drei der vier historischen Aufnahmen sind bis heute im Ausleihprogramm des Instituts gelistet.

Günther Brochhaus kann sich noch sehr genau an die damaligen Aufnahmen erinnern. „Wir haben einen richtigen Schniggplatz, einen Schneideplatz, eingerichtet.“ Das war der Platz, wo die Eichenstämme zu Dielenbrettern geschnitten wurden. Schon Tage vor den Aufnahmen begannen die Vorbereitungen. Wo heute der Parkplatz des Splash-Bades ist, richteten die Zimmerleute Hermann Brochhaus aus Olpe und Josef Spicher aus Kürten den Platz ein. Die Fuhrleute Josef Hemmelrath und Hubert Spicher sorgten für den Transport der gewaltigen Eichenstämme zum Drehort. Pferd Hansi zog die Stämme aus dem Wald. Das Aufspannen der Hölzer auf dem Richtblock war kraftzehrend. Anschließend hatte die Mannschaft die Stämme mit Beil und Axt zu behauen.

Säge mit 66 Zähnen auf 1,90 Meter

Dann die Dielsäge, nur mit zwei starken Männern anzusetzen. 66 Zähne, eine Länge von 1,90 Metern: Mit dieser Kraft kam die Säge dem Eichenholz bei, um die Dielenbretter aus dem Holz zu schälen. Bis in die 1930er-Jahre, erklärt Brochhaus, seien auf diese Weise die Dielen für bergische Fachwerkhäuser entstanden. „Heute ist so etwas nicht mehr vorstellbar.“ Späne flogen auch an der Fegebank zu Kürten-Engeldorf. Auf dem Holzbock nahm Bauer Josef Döpper Platz, Zimmerer Fritz Roth senior arbeitete ihm zu. Nach alter Art wurden die Rohlinge eingespannt.

Mit dem Fegemesser, dem Fäächmetz, wurde die festgeklemmte Rohsprosse befegt, dass die Späne flogen. Vermittels eines Hebelarms kam das Bohlenstück in die „Klemme“ und saß dort fest wie in einem Schraubstock. Früher war die Fäächbank unentbehrlich auf dem Hof: für die Holzzinken der Eggen, die Stützen der Melkschemel, für Stiele von Heugabeln, Besen, Schüppen, Beilen und Äxte. Bei Stellmachern, Schreinern und Küfern ging nichts ohne die Fegebank. Sohn Hans Döpper, heute Landwirt auf dem Döpper-Hof zu Kürten-Engeldorf und im Filmdreh Gehilfe der Zimmerleute, hat zugesagt, am Filmabend im Bürgerhaus aus alter bergischer Zeit zu berichten.

Filmvorführung am Donnerstag, 16. April, 19 Uhr, im Bürgerhaus Kürten. Eintritt frei.

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