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KinderbetreuungIm Rheinisch-Bergischen Kreis schließen Kitas immer häufiger

Lesezeit 4 Minuten
In einer Kita waschen sich die ein-bis zweijährigen Mädchen und Jungen mit ihrer Erzieherin die Hände.

77 Kindertageseinrichtungen mussten im Rheinisch-Bergischen Kreis zeitweise schließen oder ihr Angebot reduzieren.

Nach einer Umfrage des Amts für Familie und Jugend wünschen sich Eltern mehr Flexibilität und eine Lösung für den Personalmangel.

Seit Anfang des Jahres stehen Eltern immer wieder vor den geschlossenen Türen ihrer Kita, müssen sich kurzfristig privat um eine Betreuung ihrer Kinder kümmern. So auch im Rheinisch-Bergischen Kreis: 77 Einrichtungen mussten zeitweise schließen oder ihr Angebot reduzieren, wie das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW berichtet.

Für viele Eltern ist der Ausfall kaum zu bewältigen. Das zeigt auch eine etwa vierminütige Elternbefragung des Amts für Familie und Jugend des Rheinisch-Bergischen Kreises, die die Ansprüche an Betreuungsplätze in Kürten, Burscheid und Odenthal ermitteln sollte. Insgesamt sechs Wochen lang wurden 2800 Eltern, deren Kinder im Rahmen der Kindertagespflege oder in einer Kindertageseinrichtung betreut werden oder die einen Betreuungsplatz für das Kita-Jahr 2025/2026 suchen, dafür angefragt. Rund 30 Prozent haben sich an der Befragung beteiligt.

Notbetreuung ist ein Thema, bei dem ich mich frage: Liebe Eltern, wie schafft ihr das
Martin Schäfer, CDU-Mitglied

Die Online-Umfrage zielte unter anderem auf Themen wie reguläre Öffnungszeiten, Nacht- und Wochenendbetreuung und den Bedarf nach Unterbringung von Kindern unter drei Jahren ab. Auch hatten die Eltern die Möglichkeit, individuelle Probleme zu äußern. „In den Einzelstatements wurden häufig Probleme des Fachkräftemangels und der daraus resultierenden Notbetreuung thematisiert“, sagte Thomas Straßer, Leiter des Kreisjugendamts, im Jugendhilfeausschuss. Der Frage nach Ausfallzeiten und einer Notbetreuung für Kinder ist einem Bericht über die Umfrage im Ausschuss nach in der Befragung nicht explizit nachgegangen worden. „Notbetreuung ist ein Thema, bei dem ich mich frage: Liebe Eltern, wie schafft ihr das?“, sagte Martin Schäfer (CDU) im Ausschuss. Seine Bitte: „Dieser Punkt sollte in Zukunft stärker untersucht werden.“

Die Planung der Kita Volberg sieht ein längliches graues Gebäude mit Holzstreben vor.

Eine neue Kita wird aktuell im Kreis gebaut.

Sicherlich eine berechtigte Anfrage, denn im Kreis haben Kindertageseinrichtungen seit Beginn des Jahres zum Beispiel in 88 Fällen ihre Betreuungszeiten reduziert. „Die Lage in den Kitas entspannt sich nach wie vor nicht“, wird SPD-Landtagsabgeordnete Tülay Durdu in einer Pressemitteilung zum aktuellen Stand im Kreis und in NRW zitiert. „Die meisten Träger wissen sich aufgrund der Unterfinanzierung durch das Land nicht mehr anders zu helfen, als das Personal massiv runterzufahren.“

Das ganze Kitasystem ist in Schieflage und auf Kante genäht
Tülay Durdu, SPD-Landtagsabgeordnete

Und nicht nur der Kreis ist von starken Ausfällen und Angebotsreduzierungen betroffen, sondern ganz NRW. Von den rund 10.700 Kitas waren es laut dem Ministerium 3991. Insbesondere im Februar kam es immer wieder zu Schließungen, geringeren Betreuungszeiten und reduzierten Kitaplätzen. Das LVR-Landesjugendamt berichtet von 1456 betroffenen Einrichtungen. 1298-mal wurden die Öffnungszeiten eingeschränkt, 173-mal gesamte Einrichtungen schließen.

Die Gründe? Erkrankungen des Personals, unbesetzte Stellen, Beschäftigungsverbote und Elternzeit. „Wenn von den etwas über 10.000 Kindertageseinrichtungen rund 4000 Personaldeckelungen mit Angebotseinschränkungen an das Land melden mussten ist klar: Das ganze Kitasystem ist in Schieflage und auf Kante genäht“, so die Landtagsabgeordnete.

84 Prozent der Eltern sind mit den Öffnungszeiten zufrieden

Die Problematik des Fachkräftemangels mal außen vorgelassen, erlaubt die Elternbefragung einen Einblick in die aktuelle Situation im Kreis. 84 Prozent der Eltern wünschen sich laut den Auswertungen keine anderen Öffnungszeiten als die, die aktuell angeboten werden. „Jedoch gibt es immer Einzelfälle, die wir individuell betrachten müssen“, sagte Sabine Becker, stellvertretende Abteilungsleiterin, im Jugendhilfeausschuss. Diese benötigten etwa eine Nachtbetreuung.

Ähnlich verhält es sich mit dem Wochenende. Rund 90 Prozent der Befragten gaben an, keine Betreuung durch eine Kita an Samstagen und Sonntagen zu brauchen. Lediglich flexiblere Bring- und Abholzeiten, etwa ab 7 Uhr und bis 16.30 Uhr, seien stärker gefragt, so Becker.

Familien wünschen sich mehr Flexibilität

Was den Eltern im Kreis laut den Ergebnissen jedoch zu schaffen macht, ist die Anzahl an Stunden, mit der ein Kind pro Woche betreut wird. Diese kann pro Einrichtung variieren und liegt beispielsweise bei 35 oder 45 Stunden. Bei 56 Prozent der Eltern passt der Stundenumfang nicht zum Bedarf. Das Problem sei jedoch nicht, wie man vermuten könnte, dass es ihnen grundsätzlich an Stunden mangelt, berichtete Becker. „Es gibt Familien, die haben 45 Stunden und brauchen 35 und umgekehrt.“ Auch in diesem Fall sei eine stärkere Flexibilität gefragt, das Amt wolle sich mit den Trägern der Kitas diesbezüglich noch abstimmen.

Neben Flexibilität wolle man außerdem an einer früheren Betreuung für Kinder unter drei Jahren und Einzelfalllösungen arbeiten, so Becker. Die Elternumfrage soll wiederholt werden, in welchen Abständen muss noch geklärt werden. Der Ausschuss stimmte einstimmig dafür, dass die gewonnenen Erkenntnisse, die sich auf die bisherige Bedarfsplanung auswirken, in der kommenden Planung für das Kita-Jahr 2026/2027 berücksichtigt werden.