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„Kaisergeburt“ für MütterLiebe auf den ersten Blick

Lesezeit 3 Minuten

Vor zwei Wochen ist Josi auf die Welt gekommen, per Kaisergeburt.   Melanie und Dirk aus Engelskirchen sind froh, dass die Geburt sanfter war als bei ihrem ersten Sohn Henri. Dr. Simeon Korth (l.) und Diana Wagner (r.) von der Geburtsklinik   haben Josi auf die Welt geholt. (Foto. Luhr)

Bensberg – Es ist nur ein Augenblick, aber er kann ein ganzes Leben beeinflussen. „Wir wissen ja längst, wie wichtig der erste Blickkontakt zwischen Mutter und Kind nach der Geburt ist“, sagt Dr. Simeon Korth, Chefarzt der Geburtsklinik im Bensberger Vinzenz-Pallotti-Krankenhaus (VPH). Ein Erlebnis, das immer in Erinnerung bleiben wird, ist dieses erste Erkennen. Und so ist es kein Zufall, dass diese „Liebe auf den ersten Blick“ in der modernen Geburtshilfe eine Hauptrolle spielt.

Was aber, wenn aus medizinischen Gründen ein Kaiserschnitt erforderlich ist? „Viele Frauen fühlen sich betrogen um den Moment der Geburt“, weiß Diana Wagner, leitende Hebamme im Kreißsaal. „Wir haben uns immer gefragt, was können wir tun, um den betroffenen Frauen zu helfen“, berichtet Dr. Korth. Und wie so oft war ein eigentlich kleiner Schritt die Lösung eines großen Problems. Kaisergeburt lautet das Zauberwort.

„Der Vorhang fällt“, nennt Melanie Krämer-Meierlücke den Moment, der den Unterschied macht. Normalerweise findet die OP hinter sterilen Tüchern statt, und die Mutter bekommt ihr Kind nach der Erstversorgung gereicht. Hier ist das anders. „Nach dem Schnitt, als mein Baby den Kopf durch die Bauchdecke steckte, wurde das sterile Abdecktuch heruntergelassen, und ich konnte sehen, wie Josi zur Welt kam“, erinnert sich die junge Mutter aus Engelskirchen, die bereits einen vierjährigen Sohn hat. „Es war vom Gefühl kein Unterschied zu einer normalen Geburt. Ich habe sogar gepresst. Und sofort darauf legte mir die Hebamme mein Baby in die Arme.“

Auch der Vater bleibt dabei, wie bei einer normalen Geburt. Dirk Krämer bestätigt: „Es war ein sehr eindruckvoller Moment, und ich bin überzeugt, dass die Kleine auch deshalb so ruhig und gelassen ist, weil alles so sanft und natürlich abgelaufen ist.“ Das war nicht selbst verständlich für das Ehepaar. „Die Entbindung mit Henri vor vier Jahren war ein Trauma“, gestehen beide. 28 Stunden lag Melanie in den Wehen, dann ging alles doch ganz schnell. Aber der Säugling blieb stecken, nachdem das Köpfchen durch war, erlitt eine Schulterdystokie. „Es ist ein Wunder, dass er gesund ist“, sagt Dirk Krämer erleichtert. „Aber wir hatten große Angst, so etwas noch einmal zu erleben.“ Deshalb die Entscheidung für den Kaiserschnitt.

„Unser oberstes Gebot ist die sogenannte normale Geburt“, betont Dr. Korth. „Aber in solchen Fällen ist die Wiederholungsgefahr groß, und deshalb ist ein Kaiserschnitt durchaus angesagt.“

Korth legt Wert auf den Hinweis, dass dies nicht bedeute, den Kaiserschnitt zu propagieren. Die Methode sei ausschließlich für Schwangere, für die keine natürliche Geburt möglich sei.

„Die Kaisergeburt ist sozusagen die Weiterentwicklung der sanften Operationsmethode, die bereits sei vielen Jahren beim Kaiserschnitt angewendet wird“, erklärt Korth. Das heißt: Es wird gewebeschonend geschnitten, und in der Regel ist die Mutter am nächsten Tag wieder auf den Beinen. „Das Baby sofort annehmen zu können, das macht den Qualitätsunterschied“, ist Diana Wagner sicher. „Es hat sich gelohnt, das Operationsverfahren entsprechend zu verändern.“ Im Idealfall können sogar die Wehen abgewartet werden, erklärt Dr. Korth. „Aber wir müssen das nicht erzwingen, die Gesundheit geht vor.“

41 Frauen haben seit März im VPH eine solche Kaisergeburt erlebt, und der Chefarzt sieht die Methode mittlerweile als bewährt an. „Für uns war es eine heilende Erfahrung“, beschreibt Dirk Krämer das Erlebnis.