Stadt Overath gelobt (Ver-)BesserungRathausprüfer listen Kritik auf 185 Seiten auf

Lesezeit 3 Minuten
Von wegen Digitalisierung: Aktenberge prägen auch im Jahre 2022 noch immer die Arbeit im Overather Bauamt. (Symbolfoto)

Von wegen Digitalisierung: Aktenberge prägen auch im Jahre 2022 noch immer die Arbeit im Overather Bauamt. (Symbolfoto)

Overath – Mit dem Freundschaftspreisen der Overather Bauaufsicht für Projekte der Stadt und ihrer Stadtenwicklungsgesellschaft (Sego) ist es vorbei: Hatten die Baubeamten hier bislang großzügig auf Gebühren verzichtet, schöpft die Bauaufsicht nun ab sofort bei „allen Baugenehmigungsverfahren die Gebühren nach dem Gebührenrahmen“ aus.

Diese geänderte Praxis ist eine der Konsequenzen aus dem Prüfbericht, den die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) NRW im vergangenen November im Stadtrat vorgestellt hatte. Die Stellungnahme von Bürgermeister Christoph Nicodemus und seinen Kollegen aus der Chefetage der Verwaltung zu dem Bericht passierte jetzt einstimmig den Hauptausschuss.

Kritische Analyse auf insgesamt 185 Seiten

Zu den Schulden und zum Vermögen, zur Haushaltssteuerung, zu den städtischen Beteiligungen, zum Jugendamt, zur Bauaufsicht und zum Vergabewesen hatten die Rathausprüfer aus Herne eine Menge freundlich verpackter, aber gleichwohl kritischer Anmerkungen gemacht.

Anmerkungen und Empfehlungen der Prüferinnen und Prüfer und die Stellungnahme der Stadt Overath sind auf einer zwölfseitigen Übersicht aufgelistet, die den auf der Homepage der GPA einsehbaren 185-Seiten-Bericht zusammenfasst.

Bauamt arbeitet nach wie vor auf Papier

Mehr als einmal lautet der Kommentar der Verwaltungsführung da sinngemäß: „Wir sind dran an dem Thema.“ Das gilt zum Beispiel für die etwas mittelalterlich wirkende Bearbeitung der Bauanträge: Sie „erfolgt derzeit vollständig papierhaft“, schreiben die Prüfer und schlagen unter anderem vor: „Alle in Papierform eingereichten Anträge und Antragsunterlagen sollten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eingescannt werden.“ Kommentar der Stadtverwaltung: „Dem ist zuzustimmen. Im Rahmen der Digitalisierung ist die Hardware und erforderliche Software zur Verfügung zu stellen.“

Beim Vergabewesen und bei der Korruptionsprävention monieren die Prüfer eine Menge: „In der Dienstanweisung für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen sowie der Veräußerung von Vermögen der Stadt Overath fehlen klare Zuständigkeitsregelungen. Für die zentrale Vergabestelle sind keine Vertretungsregelungen getroffen.“ Sie schlagen vor: „Die Stadt Overath sollte ihre Vergabeordnung neu fassen und darin die Zuständigkeiten klar regeln.“ Die Stadt nickt auch hier energisch: „Die Überarbeitung der Vergabeordnung erfolgt derzeit. Eine zeitnahe Vorlage zwecks Beschlussfassung ist vorgesehen.“

Korruptionsschutz wird überarbeitet

Und noch einen Kritikpunkt nimmt die Stadtverwaltung auf. Die Prüfer merken an: „Die Dienstanweisung der Stadt Overath über das Verhalten bei der Annahme von Geschenken und Belohnungen sollte auf die Dienstanweisung Korruptionsschutz und der Allgemeinen Geschäfts- und Dienstanweisung abgestimmt werden.“ Zudem sollte die Stadt die „Dienstanweisung Korruptionsschutz kurzfristig an die gesetzlichen Regelungen anpassen.“ Dazu die Stadt: „Eine entsprechende Dienstanweisung ist in der finalen Abstimmung.“

Die Besuche der GPA-Prüferinnen und -Prüfer sind für die Verantwortlichen in den Rathäusern landauf, landab durchaus nicht immer ein Quell der Freude: Die reine Lehre trifft auf örtliche Sachzwänge, aber auch auf klassische „Ham wir immer schon so gemacht“-Argumentations-Genies.

Prüfer bescheinigten Bürgern schlechte Zahlungsmoral

Bei der Präsentation des vorletzten Prüfberichtes für Overath im Oktober 2015 hatte es sogar ein munteres Wortgefecht zwischen der damaligen Kämmerin Cordula Ahlers und dem GPA-Vizepräsidenten Christoph Gusovius im Rat gegeben. Letzterer mahnte, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben könne. Der Experte damals: „Jeder kann das nur einmal. Wenn ich es anders mache, kriege ich zu Hause Ärger mit meiner Frau, und wenn Sie es anders machen, kriegen Sie Ärger mit der Kommunalaufsicht.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Zwei Jahre später wurde durch eine weitere Untersuchung des GPA im Rathaus der bergischen Stadt bekannt, dass viele Overather eine im Landesvergleich ausgesprochen schlechte Zahlungsmoral hatten: Jeder fünfte Overather wartete erst einmal eine Mahnung ab, bevor er ein Knöllchen bezahlte. Der damalige Bürgermeister Jörg Weigt (SPD) bestätigte damals im Gespräch mit dieser Zeitung, dass sich bei vielen Bürgern ein „Zahlungsphlegmatismus“ entwickelt habe. Und er versprach damals: „Wir sind dran an dem Thema.“

Rundschau abonnieren