Ringen um FrischluftSo kämpfen Schulen in Rhein-Berg gegen das Coronavirus

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Reihenweise geöffnete Fenster sind derzeit noch Alltag an vielen Schulen. Aber was ist, wenn die Temperaturen weiter fallen?

Reihenweise geöffnete Fenster sind derzeit noch Alltag an vielen Schulen. Aber was ist, wenn die Temperaturen weiter fallen?

Rhein-Berg – Das Dilemma in den Schulen ist da: Der Infektionsschutz in Corona-Zeiten erfordert regelmäßiges Stoßlüften in den Klassenräumen, alle 20 Minuten für mindestens fünf Minuen. Doch damit wird es bei den herbstlichen Außentemperaturen kalt. Es steigt die Gefahr, sich zu erkälten – auch durch den ständigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte. Das Problem dürfte sich bei Minustemperaturen im Winter noch verschärfen.

Bergisch Gladbach

„Die Lehrer handhaben das unterschiedlich. Die einen haben die Fenster durchgängig auf Kipp, die anderen setzen auf Stoßlüften. In den Pausen sind die Fenster durchgängig auf“, berichtet Romina Matthes, stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums Herkenrath. Klassenräume ohne Fenster seien nicht belegt, die Heizung bereits jetzt hochgefahren, damit die Schüler nicht so frieren. „Die Jungs haben es leichter. Die Mädchen frieren schneller“, hat Matthes beobachtet, „im Oktober geht das alles noch irgendwie.“ Aber die Schulleitung erwarte seitens der Landesregierung ein Konzept, wie es im Winter mit dem wissenschaftlich empfohlenen Lüften gehen soll. Denn dies ist die einzige Hygienemaßnahme, die in den Klassen noch gilt. Die Maskenpflicht ist abgeschafft worden. Im Umkehrschluss heißt das: Ohne regelmäßiges Lüften kein wirksamer Infektionsschutz.

„Die Schüler ziehen sich Wintersachen an“, berichtet Angela Meurer, Vorsitzende der Elternpflegschaft am Herkenrather Gymnasium. Bisher habe sie aus den Klassen noch keine Beschwerden bekommen. „Die Schüler machen das zu ihrem eigenen Schutz.“ Die meisten Eltern würden zudem eine Rückkehr zur Maskenpflicht begrüßen. Das sei immer noch besser als Distanz-Unterricht. Ein vernünftiges Lüftungssystem wäre gut. Aber Meurer hat da wenig Hoffnung.

Dario Schramm, Schülersprecher der Integrierten Gesamtschule Paffrath und Fachreferent der Bundesschülerkonferenz, sitzt wie viele seiner Mitschüler vor allem in den ersten beiden Schulstunden mit Winterjacke und Schal im Unterricht. „Manchmal ist es trotzdem zu kalt, und der Lehrer macht das Fenster zu.“ An ein Konzept der Landesregierung glaubt er nicht mehr. „Das Kultusministerium hatte doch den ganzen Sommer Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wie ein pandemiegerechter Unterricht in der kalten Jahreszeit funktionieren soll.“ Stattdessen werde die Verantwortung auf die Schulen abgewälzt. Zwar gebe es an seiner Gesamtschule wie an den meisten anderen Schulen auch einen Appell zum freiwilligen Tragen der Maske. „Am Anfang haben die meisten Schüler das auch gemacht, aber jetzt fängt das an zu bröckeln.“ So werden wohl offene Fenster weiter zum Schulalltag gehören. Statt hitzefrei wird es vielleicht kältefrei geben.

Rösrath

Vor besonderen Schwierigkeiten steht das Rösrather Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Im Zuge der laufenden Sanierung im Schulzentrum wurde die alte Heizungsanlage ausgebaut, doch die als Ersatz angekündigte mobile Heizung wurde verspätet geliefert, erst am gestrigen Dienstag. Damit kann sie erst „im Laufe des Donnerstags“ oder am Freitag in Betrieb gehen, wie der Beigeordnete Christoph Nicodemus bedauert. Die Situation sei „sehr unbefriedigend“. Die Schulleitung reagiert mit deutlichen Einschränkungen beim Unterricht, wie sie in einem Brief an die Eltern schreibt: Die fünften und sechsten Klassen sowie die _Stufe Q2 können auf die geheizten Räume der früheren Hauptschule ausweichen, alle übrigen frieren im Gymnasium, mehr oder weniger. Einige wenige Heizlüfter auf den Fluren und in einzelnen Räumen könnten daran wenig ändern, sagt Schulpflegschaftsvorsitzende Susanna Geiss. Schülerinnen und Schüler kämen mit Skiunterhosen und Decken zum Unterricht. „Das geht nicht“, sagt sie verärgert. Ihr fehlt „offene, ehrliche Kommunikation“ seitens der Stadt. Für die Jahrgangsstufen ohne Heizung endet der Präsenzunterricht nun bereits um 11.10 Uhr, das hat die Schulleitung als Notlösung festgelegt. Für die folgenden Stunden zu Hause erhalten sie Studienaufgaben.

Overath

Im Schulzentrum Cyriax stehen bisher vor allem defekte Fenster im Fokus, in den betroffenen Räumen ist kein Lüften und damit kein Unterricht möglich. Die Stadt hat aber für Ersatzräume gesorgt, wie Amtsleiter Herbert Rijntjes feststellt. Alle Klassen hätten Räume zur Verfügung, in denen die Lüftung sichergestellt sei. Auch alle Grundschulen könnten lüften. Zudem würden in den Herbstferien im Schulzentrum Cyriax in einigen Räumen die Fenster repariert. Damit bessere sich die Situation deutlich. Das Problem, in der kalten Jahreszeit viel zu lüften, kann auch Rijntjes nicht auflösen. „Das ist ein besonderes Jahr“, stellt er fest.

Odenthal

In Ermangelung technischer Anlagen muss auch in Odenthals Schulen mechanisch gelüftet werden. „Wir haben dafür ein Lüftungskonzept erstellt“, so Frank Galilea, Leiter des Gymnasiums. Über CO2 -Ampeln verfüge die Schule nicht, immerhin aber über funktionierende Fenster. Die Idee, mobile Lüftungsgeräte anzuschaffen, hat bei der Gemeinde wenig Aussicht auf Erfolg: „Bei Kosten von rund 1000 Euro pro Gerät und etwa 50 bis 60 Klassenräumen nur im Schulzentrum übersteigt das finanziell unsere Kräfte“, erklärt Andreas Halfmann, Geschäftsbereichsleiter Bürgerdienste.

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Die Gemeinde arbeite an einem Konzept, damit der Sportunterricht künftig wieder in den Hallen stattfinden kann. Derzeit, so Halfmann, müsse noch alles open air stattfinden, weil Klassen die Nutzung schlecht belüfteter Sporthallen untersagt sei, Vereinen hingegen nicht.

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