ErinnerungskulturWie sich Historiker mit Rösrath in der Nazi-Zeit auseinandersetzen

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In Rösrath-Hoffnungsthal steht ein Denkmal des Kriegsgefangenenlagers.

Das Denkmal des Kriegsgefangenenlagers Hoffnungsthal Rösrath erinnert an die Opfer der Nazis.

In Rösrath sollen bald Stolpersteine verlegt werden. Doch auch andere Initiativen erinnern an die Zeit des Nazi-Regimes.

Zahlreiche Impulse gibt es für das Gedenken an die Rösrather Geschichte zur Zeit des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkriegs. In dem Arbeitskreis Erinnerungskultur, zu dem die Stadt Rösrath eingeladen hat, engagieren sich Mitglieder des Geschichtsvereins und weitere Interessierte.

Erstes Ergebnis sind die Ende 2022 vom Stadtrat endgültig abgesegneten Stolpersteine, die an Rösrather Opfer des NS-Regimes erinnern sollen, doch der Geschichtsverein arbeitet bereits an weiteren Projekten.

So beschäftigt sich der mit der Rösrather Geschichte seit langem befasste Historiker Klaus-Dieter Gernert derzeit mit zwei Geschwistern aus Forsbach, einem Jungen und einem Mädchen, die als Schulkinder der nationalsozialistischen Euthanasie zum Opfer fielen.

Rösrath: Nachweis für Tod eines Forsbacher Jungen gefunden

Anscheinend wegen einer leichten Behinderung kamen sie „in die Klauen der Nazis“, wie Gernert sagt, wurden ausgesondert und in ein Kinderheim eingewiesen, von wo sie nicht mehr zurückkamen. Für den Tod des Forsbacher Jungen hat der Historiker bereits einen Nachweis gefunden, im Fall des Mädchens recherchiert er noch. Jedenfalls möchte er die Geschichte der ermordeten Kinder ausführlich darstellen und daran auch im öffentlichen Raum erinnern.

Ein anderer Ansatzpunkt ist die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers „Hoffnungsthal“, das von 1940 bis 1945 in Stephansheide bestand. Im Blickpunkt stand das Lager zuletzt im Herbst 2022, als eine Ausstellung auf das Leben und Schaffen des Karikaturisten und Künstlers Josef Partykiewicz aufmerksam machte, der als polnischer Kriegsgefangener nach Stephansheide kam und nach 1945 ein bekannter Rösrather Bürger wurde.

Anders als Partykiewicz kamen aber zahlreiche Gefangene in dem Lager zu Tode, in der „Ehrenanlage Kalmusweiher“ in Stephansheide sind 112 gefangene Soldaten begraben. Gernert will, soweit möglich, die persönliche Geschichte von einigen dieser in Rösrath gestorbenen Opfer des von Deutschland entfachten Krieges erzählen.

Rösrather Historiker will auf persönliche Schicksale blicken

Auch bei anderen Toten des Krieges, auf die in Ehrenanlagen auf Rösrather Friedhöfen hingewiesen wird, will Gernert auf persönliche Schicksale blicken – ob bei Hingerichteten, toten Soldaten oder Kindern. An ein Lazarett, das in der Endphase des Zweiten Weltkriegs an der Stelle des heutigen Haus Sommerberg bestand, und einen angrenzenden Soldatenfriedhof, der bis 1952 existierte, soll ebenfalls erinnert werden.

Auf Relikte des Kriegsgeschehens blickt indessen eine Gruppe um den Archäologen Robert Fahr, Schriftführer des Geschichtsvereins. „Wir befassen uns mit Geschehnissen am Kriegsende in Rösrath“, berichtet er. Diese seien bisher von Zeitzeugen erzählt, müssten aber in „einen größeren militärgeschichtlichen Rahmen“ eingeordnet werden.

Während es im Gladbacher Ortsteil Schildgen oder in Siegburg gegen Kriegsende heftige Gefechte gegeben habe, sei Rösrath weitgehend verschont geblieben. Noch vorhanden seien aber die Reste von Schützengräben im Königsforst oder an den Berghängen um das Sülztal. Fahr denkt daran, mit einer Schautafel auf diese historischen Spuren hinzuweisen.

Vom Geschichtsverein anvisiert ist auch, bei Führungen auf Orte aufmerksam zu machen, die   im NS-Regime eine Rolle spielten oder an das damalige Geschehen erinnern. Auch Wanderwege zu diesen Orten sind geplant.


So lebten Juden zur NS-Zeoit Rösrath

Jüdische Opfer des Nationalsozialismus spielen in Rösrath laut Geschichtsverein eine geringe Rolle. Es habe einzelne jüdische Familien in der Gemeinde gegeben, die aber relativ unbehelligt geblieben seien, so Klaus-Dieter Gernert, in einem Fall zum Beispiel offenbar wegen einer britischen Staatsangehörigkeit.

Bei der Zeitzeugin Helene Ballin, die nach 1945 bis zu ihrem Tod 2007 in Rösrath lebte und während des Nazi-Regimes in einer sozialistischen Widerstandsgruppe aktiv war, sieht Gernert „keine Priorität“ für ein Gedenken in Rösrath. Da sich die Widerstandsgruppe in der Lohmarer Burg Sülz traf, ist das in Rösraths Nachbarstadt ein wichtiges Thema. „Ich weiß, dass die Lohmarer sehr aktiv sind“, sagt Gernert. Für Helene Ballins im KZ Auschwitz ermordeten Ehemann Gottfried Ballin gibt es in Köln einen Stolperstein.

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