Von Respekt bis Überraschung reicht das Spektrum der politischen Reaktion auf den Kandidaturverzicht von Landrat Stephan Santelmann.
AusstiegWie Rhein-Bergs Parteien auf Landrat Santelmanns Ankündigung reagieren

Rhein-Bergs Landrat Stephan Santelmann (Mitte) hatte am Montag angekündigt, bei der Kommunalwahl 2025 nicht erneut kandidieren zu wollen.
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Die einen waren vor allem überrascht, andere atmeten erleichtert auf, viele hatten Landrat Stephan Santelmann (CDU) die Entscheidung, nach den Querelen der vergangenen Jahre 2025 nicht erneut zu kandidieren, gar nicht zugetraut – und zollten ihm Respekt.
„Mit großem Respekt zur Kenntnis genommen“ hat die Fraktion seiner eigenen Partei Santelmanns Ausstiegsankündigung, wenngleich die CDU-Fraktion selbst mit der Wahl eines neuen Fraktionsvorsitzenden schon einen Tag später in die nächsten Turbulenzen stolperte. Deshalb werde man sich auch erst in der kommenden Sitzung näher mit dem Thema beschäftigen, sagte der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Pakendorf auf Nachfrage.
Landrat Stephan Santelmann hat eine persönliche Entscheidung getroffen, sich beruflich noch einmal zu verändern – das respektieren wir
„Landrat Stephan Santelmann hat eine persönliche Entscheidung getroffen, sich beruflich noch einmal zu verändern – das respektieren wir“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Ehren. Dabei sei Santelmanns Kandidatur-Entscheidung für die Grünen erst einmal nicht so bedeutend. „Er wäre ja ohnehin nicht unser Kandidat gewesen“, sagt die Grünen-Fraktionschefin. „Wir müssen als Grüne selbst ein gutes Angebot bei der Wahl machen“, so Ehren. Dafür sei es aber erstens noch zu früh, und zweitens entscheide darüber natürlich die Partei und nicht die Fraktion.
Dass der neue CDU-Fraktionschef Uwe Pakendorf sie umgehend nach seiner Wahl angerufen und ein Gespräch vereinbart habe, wertet die Grünen-Fraktionschefin unterdessen erst einmal als gutes Zeichen für die weitere Zusammenarbeit von CDU und Grünen in der Koalition im Kreistag. „Ich hoffe natürlich, dass die Interna baldmöglichst geregelt sind, und wir zu Sachpolitik zurückkehren können.“
Ich begrüße es, dass jetzt mit Beginn der neuen Wahlperiode im Herbst 2025 in jedem Fall ein Neuanfang in der Spitze des Kreises erfolgen kann.
Den „Neuanfang in der Spitze des Kreises“, der mit dem Kandidaturverzicht von Landrat Stephan Santelmann nun in jedem Fall mit Beginn der neuen Wahlperiode im Herbst 2025 beginnen könne, begrüßt SPD-Kreistagsfraktionschef Gerhard Zorn. „Dieser Neuanfang ist dringend erforderlich, weil Mitarbeitende in der Kreisverwaltung sowie Dezernentinnen und Dezernenten einen solchen Neuanfang brauchen, damit im Kreis wieder gut und effektiv gearbeitet werden kann – im Sinne der Bürgerinnen und Bürger“, so SPD-Fraktionschef Zorn.
Auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Kreis bräuchten einen solchen Neustart, „um das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen Kreis und Kommunen wieder herzustellen“, äußert sich Zorn in einer Pressemitteilung. Dabei betont er: „Mit welchem Landrat oder mit welcher Landrätin der Neustart gestaltet werde, entscheiden die Bürgerinnen und Bürger.“
Ich zolle ihm Respekt, dass er die Entscheidung getroffen und jetzt auch so frühzeitig bekanntgegeben hat.
Überrascht zeigte sich auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler von Santelmanns Ankündigung: „Ich zolle ihm Respekt, dass er die Entscheidung getroffen und jetzt auch so frühzeitig bekanntgegeben hat“, so Werner Conrad. Er hoffe, dass man nun in der Kreispolitik wieder zu sachorientierter Politik anstelle von Parteipolitik und persönlichen Interessen zurückkehren könne, so Conrad.
Die Entscheidung des Landrats, 2025 nicht erneut zur Wahl anzutreten, sei die „logische Konsequenz aus dem plötzlichen Sinneswandel der Koalitionsfraktionen“ von CDU und Grünen im Kreistag, äußert sich FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Alexander Engel. Er persönlich „zolle Herrn Santelmann großen Respekt für diesen Entschluss“.
Die Schaffung langfristiger Strukturen in der Kreisverwaltung sollte von strategischen, nicht von personellen Überlegungen geleitet sein.
Allerdings, so der FDP-Fraktionschef, seien damit noch nicht alle Probleme gelöst: „Die emotionale Diskussion um die Person des amtierenden Kreisdirektors hat die eigentliche Herausforderung für den Kreis überdeckt. Die Frage: Wie soll die Verwaltung für die Zukunft organisatorisch aufgestellt und welche Funktionen müssen in diesem Zusammenhang eventuell überdacht werden?“ Eine konstruktive Auseinandersetzung mit dieser Frage werde nun abgewürgt, zeigt sich Engel besorgt: „Es entsteht der Eindruck beim Wähler, dass Posten und Personen dominieren.“
Dabei, so Engel, wäre eine Sachdiskussion im Kreistag wünschenswert und zielführend: „Die Schaffung langfristiger Strukturen in der Kreisverwaltung sollte von strategischen, nicht von personellen Überlegungen geleitet sein.“ Dabei sei es entscheidend, dass die „andauernden personellen Umstrukturierungen und Neuzuschnitte von Teilbereichen der Verwaltung ein Ende“ hätten, fordert der FDP-Fraktionschef.
Allgemeiner Vertreter anstelle eine Kreisdirektors ist nun vom Tisch
Nachdem CDU und FDP ihren Antrag auf Abschaffung des Kreisdirektoren-Postens zurückgezogen und stattdessen schließlich die Wiederwahl von Kreisdirektor Dr. Erik Werdel beantragt haben, wird der als Ersatz für den Kreisdirektor vorgesehene Allgemeine Vertreter des Landrats nun nicht eingeführt.
Die CDU Rhein-Berg hat für die Findung eines Landratskandidaten bereits im vergangenen November ein offenes Verfahren beschlossen: Bis zum 17. Juni 2024, 12 Uhr, können sich interessierte Bewerber, beim CDU-Kreisvorsitzenden Dr. Hermann-Josef Tebroke oder einem seiner Stellvertreter melden. Im Anschluss werde der geschäftsführende Kreisvorstand alle „eingegangenen Interessenbekundungen/Bewerbungen (ggf. ohne Beteiligung von Betroffenen) sichten und im gesamten Kreisvorstand das weitere Verfahren beschließen und entscheiden, ob Empfehlungen ausgesprochen werden“, heißt es in einem Fahrplan des Kreisvorstands.
Die übrigen Parteien haben sich zu ihren Aufstellungsverfahren noch nicht öffentlich geäußert.