Zu oft in Sitzungen gefehlt?Ratsmitglied soll Aufwandsentschädigung zurückzahlen

Wenn der Platz im Sitzungssaal leer bleibt: Gegen ein Ratsmitglied der „Bürger für Bürger“ hat der Kürtener Bürgermeister jetzt wegen vielfachen Fehlens in Sitzungen Konsequenzen eingeleitet. (Symbolfoto: dpa)
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Kürten – Wie lange darf ein Ratsmitglied fehlen, ohne dass die monatliche Aufwandsentschädigung gestoppt wird? Einen Monat, zwei Monate? Länger? In der Gemeinde Kürten geht Bürgermeister Ulrich Michael Iwanow (CDU) gegen ein Ratsmitglied der Freien Wähler/Bürger für Bürger vor, das laut Gemeindeverwaltung zehneinhalb Monate am Stück an keinerlei politischen Beratungen teilgenommen hat (von November 2011 bis September 2012).
Rückzahlung von 1693,30 Euro
Die monatliche Aufwandsentschädigung von 189,20 Euro hatte die Verwaltung von Dezember 2011 bis August 2012 zunächst weiterlaufen lassen. „Wir haben diesen Vorgang vom Städte- und Gemeindebund NRW prüfen lassen“, erklärt der Bürgermeister. Ergebnis: Die betroffene Person soll die aufgelaufene Summe von 1693,30 Euro ans Rathaus zurückzahlen. „Ungerechtfertigte Bereicherung“ lautet der konkrete Vorwurf, ein Titel aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Paragraph 812). „Die Sache ist eindeutig: Es hat während dieses Zeitraums keinen politischen Aufwand gegeben. Das Geld muss zurückgezahlt werden“, sagt Iwanow. Um rechtliche Schritte einleiten zu können, soll am 6. März der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung über die Rückforderung des Geldes abstimmen.
„Ich bin bestimmt nicht päpstlicher als der Papst, jeder kann mal fehlen“, sagt Iwanow. Aber die fortdauernde Missachtung der Geschäftsordnung des Rates (Paragraph 5: Unverzügliche Mitteilung an den Bürgermeister bei verhinderter Teilnahme an einer Sitzung) und die nicht vorhandene politische Arbeit ließen ihm keine andere Wahl: „Wir haben im Rathaus keine Information, weshalb das Ratsmitglied fehlte.“ Eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht für Ratsmitglieder auf den Ratssitzungen ergebe sich „aus der Sache“.
Bei den Freien Wählern (acht Ratsmitglieder) sieht man es anders: Das Ratsmitglied habe die volle Rückendeckung der Fraktion, sagt der Fraktionsvorsitzende Jürgen Piltz. Er wertet den Vorgang als „lächerliche Provinzposse“. Kürzlich sei er zum Antrittsbesuch als Fraktionschef im Rathaus gewesen: „Kein Wort dazu vom Bürgermeister.“ Das betreffende Ratsmitglied arbeite selbstständig in der Unternehmensberatung. Schon die Nennung des Namens im nichtöffentlichen Teil der Sitzung könnte geschäftsschädigend wirken, meint Piltz. Über rechtliche Konsequenzen denke die BfB gerade nach.
„Ich habe während der gesamten Zeit am politischen Leben meiner Fraktion teilgenommen“, sagt das Ratsmitglied auf BLZ-Anfrage. Ein Großauftrag habe sich unerwartet über Juli und Dezember 2012 bis März 2013 verzögert. „Das war nicht abzusehen.“ Von Stuttgart aus kehrt das Ratsmitglied nach eigenen Angaben immer freitagnachmittags bis sonntagnachmittags nach Kürten zurück. Die Fraktionsarbeit werde per Mail und Telefon wahrgenommen, das Schließfach im Rathaus wöchentlich geleert. „Zu Beginn der Abwesenheitsperiode habe ich eine telefonische Mitteilung ans Vorzimmer des Bürgermeisters gegeben, auch eine E-Mail ist verschickt worden.“ Auf einer Sitzung der Erschließungs-GmbH habe der BfB-Fraktionsvize das Thema ebenfalls angeschnitten. Für die Ratssitzung im vergangenen September reiste das Ratsmitglied mittags aus Stuttgart an und fuhr abends wieder zurück: „Niemand kann mir nachsagen, dass ich mein Mandat nicht ernst nehme.“
Für den Bürgermeister ist dieser Anruf als Entschuldigung nicht ausreichend: „Ein Ratsmandat ist doch kein Wochenendjob.“ Eine andere Form der Entschuldigung würde allerdings nichts an den Fehlzeiten ändern. „Da wäre ein Mandatsverzicht bestimmt der bessere Weg gewesen“, so Iwanow. Laut Geschäftsordnung müsse man sich für jede Ratssitzung separat entschuldigen, entweder persönlich oder durch den Fraktionsvorsitzenden. „Das ist alles nicht geschehen.“
Unterdessen hat das Ratsmitglied angekündigt, an diesem Donnerstag im Rechnungsprüfungsausschuss anwesend zu sein, ebenso wie bei der Gemeinderatssitzung am 6. März.