Zum BewundernEine Krippenfahrt durchs Bergische

Große Gipsfiguren in St. Pankratius Odenthal
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„Sehen Sie mal, wie fein die Gesichter und die Hände gearbeitet sind“: Seit 27 Jahren baut er mit Freunden nun schon die Krippe in St. Nikolaus Bensberg auf, wo unsere Tour startet. Aber immer wieder ist Josef Hammerschmidt begeistert von den Figuren: „Damit können Sie alle Bewegungen darstellen, so“. Er biegt die Hand eines Hirten zum Gebet. Aus dem Jahr 1925 stammen die von der bekannten Krippenbauerin Johanna Lamers aus Kleve gefertigten Holzfiguren. Wenn etwas kaputtgeht, greift der passionierte Modellbauer persönlich zum Werkzeug. Elf Mal baut Hammerschmidt die Szene mit den insgesamt 36 Figuren um, bis Maria Lichtmess am 2. Februar. Das letzte Bild zeigt den Tempel des Herodes, wo sich Maria, Josef und das Kind anmelden müssen.
In der Kirche Zur Heiligen Familie in Kleineichen fällt der erste Blick gar nicht auf die Krippe, sondern auf das wie eine Mumie gewickelte Christuskind mitten auf dem Altartisch. „Das ist ein Augustinerkindl“, erklärt Pfarrer Hans-Günter Saul. Die Tradition stammt aus Süddeutschland. „Bis zum 19. Jahrhundert gab es keine Krippe in den Kirchen, und die Gläubigen legten nur ein Jesuskind dahin.“
So entstanden berühmte „Wallfahrtskinder“, deren Originale neben München (in der Bürgerkirche) in Augsburg und Salzburg zu bewundern sind. Rechts und links des Kindls liegen rote Christbaumkugeln. Sie sind Symbol für die Äpfel, die früher an den Tannenbaum gehängt wurden – und die Pfarrer Saul heute noch in der Christmette an die Gläubigen verteilt. Daneben gibt es in Kleineichen auch noch zwei „richtige“ Krippen: die große rechts neben dem Altar und links neben dem Eingang in einer Vitrine eine Art „Kompaktkrippe“, geschnitzt von einem polnischen Künstler aus einem einzigen Stück Holz. Der Pfarrer ist begeisterter Sammler von naiver Kunst aus Polen, „die wird von ganz einfachen, armen Familien hergestellt“.
Krippe zum Anfassen
Sozusagen zum Anfassen ist die „Familienkrippe“ in St. Mariä Himmelfahrt in Untereschbach, unsere nächste Station. Küster Mario Steinbach hat das großzügige Szenario extra tief aufgebaut, „damit die Kinder gut sehen können“. Maria und Josef sitzen nah beieinander „wie richtige Eltern es tun“, erklärt Steinbach, der sich selbst als „krippenverrückt“ beschreibt. Seit 13 Jahren nähen seine Frau und er auch die prachtvollen Gewänder, und der 18-jährige Sohn arrangiert die Figuren, die – wie derzeit die drei Könige – den Kirchenraum dominieren. Trotzdem: Höhepunkt ist die dicke alte Glocke, die hier nicht im Kirchturm hängt, sondern neben der Krippe steht. Die Kinder dürfen sie sogar schlagen . . .
Richtig „Schnee“ liegt vor der Fachwerkscheune mit bäuerlichen Gerätschaften in St. Nikolaus Dürscheid, wo ein siebenköpfiges Team zum 18. Mal Hand angelegt hat. Maria ist eine langhaarige Schönheit mit einem jungen, hübschen Josef an ihrer Seite – ungewöhnlich, weil dieser in den meisten Darstellungen eher ihr Vater sein könnte. Nicht vergessen, vor dem Verlassen der Kirche noch einen Blick auf die sehenswerten, modernen Kirchenfenster zu werfen, die 14 Werke der Barmherzigkeit thematisieren.
In St. Pankratius Odenthal nimmt den Besucher zuerst die feierliche Besinnlichkeit gefangen, wenn er durch den dunklen Raum auf die mächtige beleuchtete Tanne schreitet. 1991 hat Dr. Rolf Uihkein die Birke gefällt, aus deren Stämmen er den Stall zimmerte: „Er soll so schlicht bleiben wie das Original“, erklärt er das Fehlen jeglicher Ausmalung. Die von Robert Möllers sorgfältig restaurierten Figuren, entstanden wohl um die Jahrhundertwende, sprechen für sich: Sie sind ungewöhnlich groß und aus Gips – sogar die Gewänder. Davor stehen (fast) blühende Krokusse: „Unser Küster Diaz war früher Gärtner“, erklärt der Krippenbauer schmunzelnd, bevor wir uns auf den Rückweg nach Bensberg machen.