Amoklauf„Der ganze Ort ist schockiert“

Zwei Grablichter an dem abgesperrten Haus in Blatzheim zeugen von der Anteilnahme einer Nachbarin.
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Kerpen – Katja Jakobsen stellt zwei Grablichter vor das Haus in Blatzheim, in dem sich am Donnerstagmorgen gegen 2.30 Uhr die Bluttat abspielte. Die junge Frau, die nur einige Häuser entfernt wohnt, ist erschüttert. Mit der Enkelin der 71 und 73 Jahre alten Eheleute, die von der Nachbarin erschossen aufgefunden worden waren, sei sie zur Schule gegangen, erzählt sie. Mit den Lichtern wolle sie ein Zeichen der Anteilnahme setzen.
Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Aachen steht das brutale Tötungsdelikt in Blatzheim in direkter Verbindung mit einem Amoklauf in Merode, einem Ortsteil von Langerwehe im Kreis Düren, rund 20 Kilometer von Blatzheim entfernt. Dort soll ein 63-Jähriger in der Nacht zum Donnerstag seine Ehefrau mit einem Gewehr erschossen haben. Anschließend hat er laut Staatsanwaltschaft bei drei anderen Bewohnern des Ortes geklingelt und auf sie geschossen, als sie öffneten. Eine Frau und zwei Männer wurden dabei schwer verletzt. Als die Polizei den Mann stellte, schoss er sich in den Kopf. Seitdem liegt der 63-Jährige im Koma. Die Tatwaffe ist ein Kleinkalibergewehr. Dafür hatte Mann keinen Waffenschein.
Die Frau, die in Blatzheim starb, war laut den Ermittlern die Schwägerin des Schützen. Auch andere Ergebnisse der Untersuchung ließen darauf schließen, dass der 63-Jährige die Tat in Blatzheim verübt habe: Es sei die "gleiche Waffenart, offensichtlich auch eine vergleichbare Munition" verwendet worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der 63-Jährige soll mit einem Hammer gegen die Tür geschlagen und damit die Bewohner des Einfamilienhauses aus dem Schlaf gerissen haben. Als der 73-Jährige die Tür öffnete, habe der Täter das Feuer eröffnet und anschließend seine Schwägerin im Schlafzimmer umgebracht.
Dann sei er mit dem Auto nach Merode gefahren und habe seine Frau getötet - während im nur wenige 100 Meter entfernten Schlich Maifest gefeiert wurde. Danach soll er eine 52-Jährige durch Klopfen aus dem Schlaf gerissen haben. Als sie aufmachte, habe er sofort gefeuert und diese am Hals getroffen, nur knapp neben der Halsschlagader. Das nächste Projektil ging daneben. Ein 61-Jähriger erlitt einen Schuss in die Schulter, einem 58-Jährigen soll der 63-Jährige durch Hals und Kiefer geschossen haben.
Der aus dem Ort stammende mutmaßliche Täter soll sich nach Hinweisen aus der Bevölkerung zuweilen merkwürdig verhalten haben, berichtet die Staatsanwaltschaft. Es heißt, er habe Bürger verbal bedroht und sei einmal mit einer schusssicheren Weste durch den Ort gelaufen. Auch in Blatzheim herrscht Bestürzung. Ortsvorsteher Albert Weingarten: "Der ganze Ort ist von der schrecklichen Tat schockiert. Ich fühle mit den Angehörigen." Weingarten wohnt schräg gegenüber von dem Haus des Ehepaars und war Zeuge des abendlichen Einsatzes der Polizei. Er habe dabei einige Worte mit dem Sohn des getöteten Ehepaares wechseln können, der eine zeitlang auch in Blatzheim gewohnt habe. Der ganze Ort sei auch gestern noch in Aufregung gewesen - vor allem, weil viele Anwohner zunächst von einem Raubmord ausgegangen seien.
Die Opfer, langjährige Blatzheimer Bürger, seien sehr nette Leute gewesen, sagt ein Mann, der in derselben Straße wohnt und das Paar vom Sehen kannte. Eine Nachbarin betont: Man lese derzeit sehr viel über schreckliche Verbrechen. "Da denkt man, solche Gräueltaten passieren hier nicht."
Auch für Katja Jakobsen ist die Tat im beschaulichen Wohnumfeld ein Schock. Sonst seien solche Verbrechen "ganz weit weg", nun aber habe sich eines in ihrer direkten Nachbarschaft zugetragen. "Ich habe jetzt schon etwas Angst zu Hause."
Die Nachbarin, die das Ehepaar am Donnerstag aufgefunden hatte, wollte sich gestern nicht äußern. Laut Staatsanwaltschaft Aachen war sie mit dem Ehepaar verabredet gewesen. Als sie bemerkte, dass die Tür ihrer Nachbarn nicht im Schloss war, habe sie nachgesehen und die Opfer gefunden.