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Ein Tag mit dem Chefarzt im Brühler Marienhospital40 Minuten für ein neues Hüftgelenk

Lesezeit 5 Minuten

Einer der drei Arbeitsplätze des Chefarztes Armin Bauer: der Operationssaal.

Brühl – Der Mann macht Kilometer. Und das trotz seiner Grundregel: Strecken abkürzen, effizient bleiben, keine Wege doppelt machen. Dr. Armin Bauer ist Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am Brühler Marienhospital. Wir haben ihn durch einen (fast) ganz normalen Arbeitstag begleitet.

Zur Besprechung morgens gegen 8 Uhr nimmt er noch den Aufzug. „Den Tag gemütlich bergauf beginnen“ nennt er das. Das Ärzteteam trudelt ein, will die Röntgenbilder der Patienten anschauen, die heute operiert werden. Doch die Technik streikt, die Aufnahmen erscheinen nicht auf dem großen Flachbildschirm. Hilft nichts, dann werden sie eben auf dem kleinen des Computers angeschaut. Bauer will wissen, was in der Nacht auf der Station so passiert ist, fragt, wer Dienst hatte. Als sich ein etwas bleicher Kollege meldet, kommentiert er trocken: „Stimmt. Sieht man.“

Unterwegs zu den Patienten

Und schon ist er unterwegs zur Privatstation, nach seinen Patienten schauen. Zügig steigt er die Treppen hoch, geht die endlosen Flure entlang, stilecht weht der weiße Kittel. Die Privatstation sei interdisziplinär, erzählt er unterwegs, und damit eine große Herausforderung für die Schwestern, die sich auf viele Krankheitsbilder einstellen müssten. Nach der Visite geht es weiter zu den drei Patienten, die er gleich operieren wird. Ein paar letzte Informationen, ein paar aufmunternde Worte, dann muss der Chefarzt wieder in sein Büro.

Ein Patient bekommt ein neues Gelenk. Das erfordert Konzentration und Kraft.

Als er von dort in den OP gerufen wird, liegt der erste Patient schon in Narkose auf dem Tisch, er bekommt ein neues Hüftgelenk. Ich schlüpfe, so schnell ich kann, in grüne OP-Kluft, eine freundliche Schwester hilft mir bei Mundschutz und Häubchen – ich darf zuschauen.

Alle Tupfer und Tücher doppelt zählen

So ein Krankenhaus ist eine Welt für sich, der OP darin noch mal ein Mikrokosmos. Der Ton ist manchmal rau, der Humor bisweilen gewöhnungsbedürftig, doch das Team wirkt perfekt eingespielt. Das Instrumentarium erinnert an eine Autowerkstatt, Bohrer, Schrauber, eine ganze Batterie Fräsköpfe. Nur dass hier nichts ölverschmiert ist, sondern alles steril. Jeder Handgriff scheint zu sitzen, nicht nur beim operierenden Arzt, sondern bei jedem im Raum. Gelassen hält Dr. Heinz Dahlmann, Chefarzt der Anästhesie, seine Monitore im Blick.

So eine Hüftoperation ist bei aller chirurgischen Präzision auch ein Kraftakt. Bauer zieht, schiebt und drückt. Irgendwann sagt er: „Bis hier war Spaß, jetzt wird es ernst.“ Sekunden später dröhnen Hammerschläge durch den OP. Chirurgen-Humor eben. Nach 40 Minuten sitzt das neue Hüftgelenk, die Wunde wird vernäht. Allerdings nicht, bevor nicht alle Tupfer, Tücher und sonstigen Teile von zwei Leuten nachgezählt worden sind. Der Chefarzt zieht den OP-Kittel aus, die Kleidung darunter ist durchgeschwitzt. Er setzt sich an den Computer. „Jetzt kommt das Wichtigste: die Dokumentation. Sonst kriegen wir kein Geld.“ Immerhin hat er gerade allein Material für 1100 Euro verbraucht.

Umziehen in Rekordzeit

Während der Patient weiter versorgt wird, ist Bauer wieder unterwegs in sein Büro. Er hat sich in Rekordzeit umgezogen. Noch zweimal werden er und ich das an diesem Tag tun, er setzt ein künstliches Schultergelenk ein und ein Knie. Beim dritten Umziehen finde ich mich schon ganz schön flink. Als ich auf den Gang trete, steht er schon da, wie aus Ei gepellt, entspannt und doch irgendwie auf dem Sprung. „Wieso waren Sie schon wieder schneller?“, frage ich. Er lächelt. „Wenn ich das nicht mehr bin, wird es Zeit aufzuhören.“

Einer der drei Arbeitsplätze des Chefarztes Armin Bauer: am Computer

Das ist für den 55-Jährigen allerdings noch kein Thema. Auch wenn er 60 bis 70 Stunden die Woche arbeitet. 1989 hat er zum ersten Mal operiert, einen Blinddarm, erinnert er sich. Heute machen Operationen noch gut die Hälfte seiner Arbeit aus, rund 40 Prozent sind Verwaltung, Repräsentieren, Überzeugen. „Das muss man mögen, sonst sollte man den Job nicht machen.“

Sieht er eigentlich, wenn er schneidet, bohrt, fräst, noch den Menschen, der da auf dem Operationstisch liegt? Bauer zögert. „In dem Moment übe ich mein Handwerk aus. Aber ich weiß, dass ich damit einem Menschen Lebensqualität zurückgeben kann.“

Der Kopf schwirrt

Einer der drei Arbeitsplätze des Chefarztes Armin Bauer: das Sprechzimmer,

Er macht sich auf zur Sprechstunde. Heute ist die Lage komfortabel, weil außer ihm auch der Leitende Oberarzt Robert Baginski und Oberarzt Gregor Wolfgang Hencke da sind. Bauer schaut sich an, wie gut ein doppelter Armbruch verheilt ist, berät eine Frau mit Schulterschmerzen. Einer jungen Frau macht er behutsam klar, dass ihr Knie operiert werden muss. Und das immer im schnellen Takt: ins Sekretariat, Unterlagen anschauen, ins Sprechzimmer, Patienten anhören, abwägen, entscheiden, beraten, zurück ins Sekretariat, wieder von vorn.

Als ich mich verabschiede, schwirrt mir der Kopf. Für Chefarzt Armin Bauer ist der Arbeitstag noch nicht zu Ende. Er marschiert in sein Büro – auf kurzem Weg, effizient und mit stilecht wehendem weißen Kittel.

Beweglich bleiben

Die Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie am Brühler Marienhospital ist zertifiziert als Traumazentrum und Endoprothetikzentrum. Chefarzt Armin Bauer ist Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie. Seine Abteilung ist Kooperationspartner von Bayer 04 Leverkusen, Bauer behandelt die Fußballprofis.

Jährlich werden im Marienhospital Brühl 350 bis 400 Endoprothesen – künstliche Gelenke – implantiert. Die Tendenz ist steigend. Laut Bauer ist das nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass es immer mehr ältere Menschen gibt und gerade Brühl als Wohnort sehr beliebt ist – und dass Senioren beweglich bleiben wollen. (uj)