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Stadtwerke BrühlGeschäftsführerin zu Korruptionsvorwürfen

Lesezeit 6 Minuten
Stadtwerke Brühl

Das Gebäude der Stadtwerke an der Engelsdorfer Straße.

Brühl – Bei den Stadtwerken in Brühl sorgen Korruptionsvorwürfe gegen einen langjährigen Mitarbeiter für Aufruhr. Was vorgefallen ist, wie das Unternehmen damit umgeht und ob möglicherweise weitere Mitarbeiter involviert sind, darüber sprachen Bernd Rupprecht und Britta Havlicek mit Stadtwerke-Chefin Dr. Marion Kapsa.

Bei den Stadtwerken sorgen Korruptionsvorwürfe gegen einen langjährigen Mitarbeiter für Aufruhr. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Was passiert da bei der städtischen Tochter?

Marion Kapsa: Ich wurde von Mitarbeitern angesprochen, dass es bei uns Unregelmäßigkeiten gibt. Daraufhin habe ich eine interne Ermittlung eingeleitet. Dabei wurden Vorfälle entdeckt, auf die wir reagieren mussten.

Es sollen über Jahre Ausschreibungen manipuliert und Firmen Aufträge zugeschanzt worden sein.

Kapsa: Es sind nach unseren Feststellungen schwerwiegende Vergaberechtsverstöße begangen worden, ja. Aufträge wurden zum Beispiel gar nicht erst ausgeschrieben oder der Umfang wurde geringer angesetzt als er tatsächlich war.

Marion Kapsa ist seit zwei Jahren Geschäftsführerin der Stadtwerke Brühl.

Es sollen auch Gutscheine für das Schwimmbad und für die Sauna verschenkt worden sein. Wie sieht das Verhältnis zwischen diesem Vergehen und den eigenmächtigen Auftragsvergaben aus?

Kapsa: Ich bin keine Juristin, daher kann ich Ihnen nicht sagen, welches das größere Vergehen ist. Die Schadenshöhe ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar. Aber Vergaberechtsverstöße dieser Art sind keine Kavaliersdelikte und deshalb blieb uns auch gar nichts anderes übrig, als zu kündigen.

Hat denn die Geschäftsführung der Stadtwerke, also Ihre Vorgänger, all die Jahre geschlafen?

Kapsa: Das kann ich nicht beantworten, weil ich erst seit 2015 in Brühl bin. Ich kann nur so viel sagen: Die ersten Hinweise hat es gegeben, spätestens als ich ein halbes Jahr alleine verantwortlich war. Die Mitarbeiter haben offensichtlich relativ schnell Vertrauen zu mir gefasst und berichtet, dass da etwas nicht richtig läuft. Es waren mehrere Mitarbeiter, die zu mir gekommen sind. Und was mir sehr wichtig ist: Es war nicht anonym. Die Kollegen sind hier zur Tür hereingekommen und haben erzählt. Zum Teil haben sie Listen gemacht, und es wurden immer Ross und Reiter genannt. Ich bin daher sehr stolz auf unsere Mitarbeiter.

Hat es Sie geschockt, als Sie den Umfang der Vorwürfe erkannt haben?

Kapsa: Natürlich. Es geht um Korruption, Vorteilsnahme, Vetternwirtschaft, und das zum Nachteil anderer. Mir gegenüber hat dieser Tage eine Bürgerin geäußert wie gut sie es findet, dass dem Fall nachgegangen wird. Zum Beispiel die Sache mit den Gutscheinen. Das schädigt doch alle Brühler. Denn die Gutscheine der Stadtwerke, die unter der Hand verteilt werden, stehen nicht mehr den Bürgern zur Verfügung.

Sie haben jetzt mit Ihren Maßnahmen ganz schön viel Staub aufgewirbelt. Mauert jetzt ein Teil der Mitarbeiter? Oder ziehen die alle mit?

Kapsa: Ich stelle fest, dass die Kollegen mitziehen. Sie sagen, es sei gut, dass es Regeln gebe und dass darauf geachtet werde, dass sie für alle gelten. Wir sind ein anständiges Unternehmen.

Ist tatsächlich nur der eine Mitarbeiter in die Geschehnisse verstrickt?

Kapsa: Das ist natürlich eine Frage, die geklärt werden muss. Uns als Stadtwerke sind bei den Ermittlungen in diese Richtung die Hände gebunden und deshalb haben wir Strafanzeige erstattet, damit die Staatsanwaltschaft als neutrale Instanz genau diesen Fragen nachgehen kann.

In welcher Höhe bewegen sich die Ausschreibungen der Brühler Stadtwerke?

Kapsa: Wir bewegen uns da pro Jahr in Millionenhöhe. Das betrifft vor allem den Tiefbau, denn wir müssen häufig Straßen aufreißen, haben Gas-, Strom- und Regelstationen. Das Schwimmbad hat ein neues Dach, wir müssen regelmäßig in die Becken investieren. Wenn wir beispielsweise eine ganze Straße aufreißen, kommt schnell eine halbe Million zusammen.

Haben Sie Erkenntnisse, was für Gefälligkeiten von Bauunternehmen geflossen sein könnten?

Kapsa: Nein, aber ich denke, dafür wird sich der Staatsanwalt interessieren. Es ist aber nach allem, was wir derzeit wissen, nicht so, dass die Auftragsvergaben zu überhöhten Preisen erfolgten, sondern, dass die Vergabeordnung an sich missachtet wurde. Die Aufträge gingen meist an ein Unternehmen, das ist dann aufgefallen.

Und dieses hat mit dem Karnevalsgeschehen in Brühl zu tun?

Kapsa: Ich weiß, dass der Gedanke naheliegt. Ich persönlich mag das nicht beurteilen, dafür bin ich zu kurz hier. Aber es kann schon sein. Natürlich weiß ich, dass es in jeder Stadt ein bisschen Klüngel gibt. Und es läuft auch viel über den Karneval, weil sich die Leute da treffen. Das ist doch normal und grundsätzlich ist darüber auch nichts zu sagen, wenn sich an Regeln gehalten wird. Dieser Fall aber geht eindeutig über den gewöhnlichen Klüngel hinaus. Es geht hier eben nicht darum, dass Aufträge korrekt ausgeschrieben wurden, und dann ein Freund in einem transparenten Verfahren den Zuschlag bekommt.

Hat denn der Aufsichtsrat der Stadtwerke als Kontrollinstanz versagt?

Kapsa: Der Aufsichtsrat ist von mir informiert worden und hat dann die entsprechenden Beschlüsse gefasst. Zum Beispiel, den Mitarbeiter fristlos zu entlassen. Und er hat auch die Entscheidung getroffen, die Sache zur Anzeige zu bringen.

Haben Sie mit Ihrem Vorgänger über die Vorfälle gesprochen?

Kapsa: Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, nein. Es kann schließlich gut sein, dass mein Vorgänger von der Staatsanwaltschaft befragt wird. Meine Pflicht ist es, in Richtung der Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter aufzuklären. Für meine Vorgänger war und ist der Aufsichtsrat zuständig, nicht ich.

Sind denn die betroffenen Unternehmen überhaupt noch gut auf die Stadtwerke Brühl zu sprechen?

Kapsa: Ich habe nichts anderes gehört. Die betroffenen Unternehmen merken doch gerade, dass sie viel mehr Aufträge bekommen. Und zwar erheblich mehr Aufträge. Es gibt tatsächlich viele alteingesessene Unternehmen, die haben bislang noch nie einen Auftrag der Stadtwerke Brühl bekommen. Und das ist der eigentliche Skandal. Man muss doch als Stadtwerke gucken, dass wir unsere Wirtschaftskraft auch vor Ort teilen. Das darf nicht auf einen oder wenige konzentriert werden. Wir haben schließlich die Pflicht, alle Unternehmen in Brühl – wenn sie denn leistungsfähig sind, natürlich – auch entsprechend zu berücksichtigen.

Halten sich die Stadtwerke jetzt als großer Unterstützer aus dem Brühler Karneval heraus?

Kapsa: Auf keinen Fall. Die Karnevalsvereine brauchen keine Angst zu haben, dass die Stadtwerke nicht mehr sponsern. Wir schalten Anzeigen in den Festschriften, geben Spenden und unterstützen auch weiterhin in gewohnter Art und Weise. Das gilt ausnahmslos für alle Vereine. Wir können als Stadtwerke sehr gut unterscheiden zwischen einzelnen Personen und den Vereinen, die das Brauchtum hier pflegen.

Die Ermittlungen

15 Ordner voll mit Akten hat die Leitung der Stadtwerke Brühl der Staatsanwaltschaft Köln übergeben. Im Rahmen der Ermittlungen gegen einen langjährigen Mitarbeiter des städtischen Tochterunternehmens sollen diese durchgearbeitet werden. Dem Abteilungsleiter war fristlos gekündigt worden, nachdem die Unternehmensleitung Hinweise auf Regelbrüche erhalten hatte.

Er steht im Verdacht, Ausschreibungen manipuliert und befreundeten Firmen, die auch dem Karneval nahe stehen, Aufträge zugeschanzt zu haben. Der Mann war in einer Session Karnevalsprinz der Stadt. Ihm wird zudem vorgeworfen, Gutscheine für das Schwimmbad, das die Stadtwerke Brühl betreiben, und die dazugehörige Sauna verschenkt zu haben – im größeren Stil und eigenmächtig.

Die internen Ermittlungen bei den Stadtwerken sind nahezu abgeschlossen, teilt das Unternehmen mit. Dabei seien die vergangenen vier Jahre geprüft worden.