Diskothek schließt nach 60 JahrenEin letzter Tanz in der Corrida-Bar
Brühl – Was, wenn eine Diskothek mit Kultstatus nach knapp 60 Jahren ihre Türen schließt? Dann wollen in einer letzten Disconacht mehrere hundert Gäste auf jeden Fall dabei sein, um noch einmal in alten Erinnerungen zu schwelgen. So bildete sich bereits am frühen Samstagabend eine Schlange vor der Corrida-Bar in Kierberg. In der bekannten, inzwischen etwas angestaubten und seit 2012 geschlossenen Kneipe wurde zu letzten Tanz aufgespielt, bevor das Gebäude nun abgerissen werden soll.
Imgard Hänseler, Helga Bürger und Karina Engels stellten sich wie einst in den 70er-Jahren an. „Ach, was waren das für vergnügte Zeiten“, erinnerte sich Engels. „Wir waren sozusagen die drei Werbegirls dieser Institution, die es seit 1956 gibt“, erzählte sie und lachte. Eine Zeitung kürte die damals 17-Jährigen dazu und diesen Bericht haben sie sich natürlich aufgehoben und für diesen besonderen Abend in die Tasche gesteckt.
Abschied mit Kleid und Anzug
„Wir waren immer montags bei der Ladysnight dabei und haben viel getanzt, vor allen Dingen Rock’n’Roll, aber nicht auf den Tischen, sondern schön auf der Tanzfläche“, erzählte Bürger weiter. Und wenn sie nicht getanzt haben, haben sie an einer der vier Theken und am Grill ausgeholfen.
Mit Kleid und Anzug – so wie sie sich hier 1992 kennengelernt haben - wollten auch Brigitte Friehl und Ulrich Klapperich von der Corrida-Bar Abschied nehmen. „Die Kleiderordnung gehörte damals einfach dazu und war auch schön so“, sagte Friehl. Ihre erste gemeinsame Begegnung, ihr erster gemeinsamer Foxtrott hier endete glücklich, denn beide verliebten sich ineinander und heirateten. „Auch ich hatte hier meinen ersten Kuss, meinen ersten Tanz und meine Freunde kennengelernt, mit denen ich heute noch sehr eng verbunden bin“, schwärmt Brigitte Rothkamp von der alten Zeit. „Ich kam lediglich bis vor die Tür“, wusste noch heute genau Lydia Prokop. „Denn ich hatte Jenas an und bin damit nicht reingekommen“. „An das Paartanzen musst ich mich erst mal gewöhnen. Als mich eine Freundin hierher lockte, war mir das gar nicht so bewusst. Aber es gab den ein oder anderen tollen Tangotänzer zu bewundern“, hatte Andrea Sens noch im Kopf. „Wir haben hier fröhlich Freestyle getanzt“, so Gaby Zimmermann.
Und getanzt wurde viel. Hits gab es aus allen Jahrzehnten. Die Tanzfläche hatte sich sogar im Laufe der Zeit ein bisschen vergrößert, wussten einige zu berichten, da hier früher mehr kuschlige Sessel den Platz einnahmen. Die sind von Barhockern und Stehtischen abgelöst worden.
„Heute bin ich mal mit meinen Eltern aus“, resümierte in einer hinteren Ecke der 20-jährige Marko und schmunzelte ein wenig über die generationsübergreifende Gesellschaft. „Auch ich kenne den Ort nur als Diskothek aus jüngeren Zeiten“, ergänzte die 19-jährige Alissa.
An das „Flatrate-Trinken“ – also für einen Preis so viel trinken, wie man kann – kann sich noch gut ein Sauerländer, den die Liebe ins Rheinland verschlagen hat, erinnern. Nicht immer sei es ihm gut bekommen. Ab und an gab es auch schon mal Ärger mit den Anwohnern, wenn es zur später Stunde draußen vor der Tür mal laut wurde.
Ende 2012 schloss die Corrida Bar, Eigentümerin Inge Pohl verkaufte sie an die Berafin-Bauträger Gesellschaft. Die erwarb auch ein angrenzendes städtisches Grundstück und will auf dem Areal von insgesamt 2400 Quadratmetern zwei Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen, Garagen, Stellplätzen und Grünanlagen errichten. Nach vielen Gesprächen mit Anwohnern liege ein Grundkonzept vor, mit dem die Beteiligten einverstanden seien, so Berafin-Geschäftsführer Michael Ziskoven.
„Mit der letzten Tanznacht wollten wir allen noch einmal die Gelegenheit geben, sich von der Corrida-Bar zu verabschieden.“