„Echte Fründe“„Wir gucken immer nach vorne“

The Ragger : Erika, Alan, Rainer, Rosi, Gerd, und Gisela. Wenn die sechs Freunde zusammenkommen, dann ist Stimmung in der Bude. (Foto: Rosenbaum)
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Erftstadt – Achtung! Gruppenfoto. "Komm, geh du mal in die Knie." "Lass die Kleinen nach vorne." "Gerd, geh du nach vorne, du hast uns das ja schließlich eingebrockt." "Nicht, dass man mein Doppelkinn sieht." "Jetzt knie dich doch mal richtig hin." "Da müssen Sie aber das Weitwinkelobjektiv nehmen." "Du hast aber auch immer was zu kamelle." Das sind sie. Das sind "The Ragger". Ragger, den Namen haben sich die Sechs selbst gegeben. Das "R" steht für Roswitha "Rosi" Laures, das "A" für Alan Martin, das erste "G" für Gerd "Bärchen" Drawanz, das zweite "G" steht für Gisela "Die Königin" Drawanz, das "E" für Erika "Frosch" Martin und das "R" wiederum für Rainer "König von Lechenich" Laures. Ein wilder Haufen. Kommen sie zusammen, geht es drunter und drüber. Kommt es drauf an, halten sie zusammen. Sie sagen, sie seien Freunde. Nur wenn sie sich zum Gruppenfoto aufstellen sollen, können daran Zweifel kommen.
Die Keimzelle der Clique ist das Lechenicher Gymnasium. Das alte Lechenicher Gymnasium, als es noch in einem Backsteinbau an der Pfarrei St. Kilian untergebracht war.
Dort fanden sich die Frauen zusammen. Die Männer sind sozusagen Anhängsel. Ihnen wurde die Gnade zuteil, dazustoßen zu dürfen. Rosi, Gisela und Erika wurden damals Freundinnen. "Wir haben uns gesucht und gefunden", sagen sie. Lebenslustig seien sie schon damals gewesen. Das haben sie gemeinsam. Ansonsten seien sie eigentlich sehr unterschiedliche Typen. Aber gerade die Unterschiede würden sich ganz wunderbar ergänzen. "Ich bin der Bauch", sagt Erika. "Ich bin der Kopf", sagt Rosi. "Und ich moderiere zwischen den beiden", sagt Gisela. Früher, als junges Mädchen, hat sich "Erika der Bauch" immer auf den ersten Blick verliebt. Täglich. Dann musste "Rosi der Kopf" ihr schon mal den selbigen geraderücken. Führte das zu hitzigen Debatten, musste "Gisela die Moderatorin" vermitteln.
Auch wenn ihre Schule direkt neben der Kirche stand, man darf sich die drei Mädchen nicht wie Klosterschülerinnen vorstellen. Es waren die wilden 60er Jahre. Frauen ließen sich nicht mehr in die Küche einsperren. Sie steckten selbst ihr Revier ab . Das Revier von Rosi, Gisela und Erika: Das "Go in" in Lechenich. "Das war eine Disco." Das "Knäppchen" in Sindorf. "Dort ging es auch richtig rund." Das "Kakadu" in Kierdorf. "Das war wirklich verrucht." Der "Whisky-Bill" in Rösrath. Der Name spricht für sich selbst.
Erika machte als erste den weiten Schritt in die ganz große Freiheit. Mit 18 zog sie nach Köln. "Ich wollte cool sein." "Und wir hatten immer einen guten Grund, nach Köln zu fahren", sagen Rosi und Gisela. Mit der Zeit ergriffen alle drei junge Frauen einen Beruf. "Wir wurden seriös - im Rahmen unserer Möglichkeiten", sagen sie. Nun kamen langsam die Männer dazu.
Gisela machte den Anfang. Mit 22 Jahren heiratete sie Gerd. "Wir wollten ein Haus in Lechenich kaufen, da musste man damals verheiratet sein", erklären sie. Es soll aber auch Romantik mit im Spiel gewesen sein.
Erika führte der Lebensweg nach Bremen. Dort lernte sie Alan kennen. Ein Ire, der schon viel zu lange in Deutschland lebt. Er hat preußische Eigenschaften angenommen. Unpünktlichkeit mag er nicht. Smalltalk verabscheut er. "Ich bin eher introvertiert", sagt er mit starkem englischen Akzent. Das Funkeln in seinen Augen verrät, es muss Ironie im Spiel sein. Ein weiterer Beweis dafür, dass in ihm durchaus noch irisches Temperament steckt: In Bremen haben sie damals gefeiert, die Ragger und noch rund 40 weitere Gäste. In einer Zweizimmerwohnung. Die musste danach renoviert werden. 1982 heiratete Rosi dann ihren Rainer. Im Kloster Steinfeld. Reiner kommt aus der Eifel. Rosi hat ihn dann in die Zivilisation geholt. Nach Lechenich.
"Wir haben uns gleich verstanden", sagen die drei Männer. "Klar, wir haben ja auch alle das selbe Hobby", erklärt Gerd. "Heh, welches denn?" fragen Rainer und Alan erstaunt. "Gärtnern, oder nicht?" "Naja." Wirklich, wie Drillinge, die Drei.
Mit der Zeit hat sich eingebürgert, dass die Sechs immer einen Ausflug machen, wenn einer Geburtstag hat. Mal war es eine Führung über Melaten, mal eine Städtetour durch Düsseldorf, mal durch Bonn. Als Rainer 60 wurde, sollte es was Größeres sein. "The Ragger" machten sich auf den Weg nach Lissabon. Das war 2010 - und es muss gut gewesen sein. 2011 folgte Madrid, 2012 Budapest, und für dieses Jahr ist Rom vorgesehen. Die Reisen seien immer harmonisch verlaufen, versichern sie. "Wann haben wir uns mal gestritten?, fragt Gisela. Gruppenfotos wurden also nicht gemacht auf den Reisen.
Das Ziel für 2014 steht auch schon fest. Der Anlass ist aber durchaus ein trauriger. Alan und Erika ziehen nach Irland. Die anderen Vier wollen sie dort besuchen. Die Raggers hegen die Hoffnung, dass Entfernung sie nicht trennen kann. Erika und Alan sind schon mal für ein paar Jahre nach Amerika gegangen. Das hat der Freundschaft auch keinen Abbruch getan. "Wenn wir uns wieder trafen, haben wir sogleich dort angeknüpft, wo wir aufgehört hatten", sagt Rainer.
Wird das auch bei Irland gelingen? Wird die grüne Insel zum Prüfstein? "Ach, wir sind lebenslustig, wir schauen immer nach vorne", wischt Gisela alle Bedenken beiseite und ruft: "Kommt, wir positionieren uns für das Gruppenfoto auf der Wiese."