Proteste in BerlinLandwirte aus dem Rhein-Erft-Kreis machen ihrer Wut in der Hauptstadt Luft

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Zu sehen ist eine Gruppe von Landwirten beim Protest in Berlin.

Der Rheinische Landwirtschaftsverband war mit mehr als 50 Landwirten aus der Region im Bus nach Berlin gefahren, weitere kamen in privaten Autos zum Protest in die Hauptstadt.

50 Bauern aus der Region nahmen in der deutschen Hauptstadt an den Protesten gegen Subventionsstreichungen teil.

„Wollen die in Berlin die Landwirtschaft in Deutschland abschaffen?“, fragt sich nicht nur Landwirt Martin Richrath aus Erftstadt-Dirmerzheim. Er ist stinksauer über die geplanten Streichungen der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Um seinem Ärger Luft zu machen und seine Meinung direkt bei den Verantwortlichen auszusprechen, war er mit gut 50 Berufskollegen aus der Region am Montag mit einer vom Rheinischen Landwirtschaftsverband organisierten Busfahrt nach Berlin zur Demonstration gefahren.

Mit ihm unterwegs war auch Landwirt Jörg Hoffsümmer aus Erftstadt-Ahrem. „Wir kochen alle vor Wut“, sagt Hoffsümmer. Hoch über die Köpfe der Delegation hielten sie auch ihr Schild: „Familienbetriebe erhalten“ stand darauf. „Unsere Tochter arbeitet mittlerweile im Betrieb mit“, sagt Richrath. Sie habe auch eine Ausbildung in der Landwirtschaft gemacht. „Doch inzwischen fragen wir uns wirklich, ob es richtig wäre, wenn sie einmal den Betrieb übernehmen würde.“

Beschluss der Politik missfällt Bauern

Richrath und seine Berufskollegen können nicht nachvollziehen, was sich die Politik bei diesen Kürzungen gedacht hat. Darauf weiß auch Willy Winkelhag aus Hürth, Kreislandwirt und Vorsitzender des Landwirtschaftsverbands Köln, Rhein-Erft-Kreis und Bonn, keine Antwort. Wenn es nach ihm ginge, dann sollten die Landwirte für ihre Produkte endlich vernünftig bezahlt werden. „Dann braucht es auch keine Subventionen und Sonderprämien mehr“, sagt er. „Dann könnte jeder Landwirt von seiner Arbeit leben.“

Doch der „Schnellschuss in Sachen Haushaltsanierung auf dem Rücken der Landwirte“ hat auch ihn schockiert. „Die können doch nicht über Nacht bestimmen, die Subvention des Agrardiesels und die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge einfach so wegzustreichen“, sagt er. Viele Landwirte hätten Traktoren und Anhänger, die nicht das ganze Jahr gebraucht würden.

Sollten für diese landwirtschaftliche Geräte jetzt Kfz-Steuern fällig werden, dann könnte das schnell statt einige Hundert, vielleicht sogar einige Tausend Euro im Jahr kosten. Außerdem brauchten die Landwirte die Landmaschinen und den Diesel ja überwiegen für ihre Arbeit auf den Äckern und nicht für die Fahrten auf der Straße. „Warum also sollten die Landwirte mit ihrer Kfz-Steuer für die Straßen bezahlen“, sagt er.

Winkelhag fragt sich inzwischen: „Wie soll man sich auf eine solche Regierung überhaupt noch verlassen können?“ Er findet, dass die Politiker bei ihren Überlegungen nicht weit genug gedacht haben. Denn sollten die Pläne wirklich eine Mehrheit im Deutschen Bundestag finden, dann könnten viele Betriebe in der Region in eine existenzielle Notlage geraten. „Und Ökobetriebe werden aufgrund ihres häufig höheren Maschineneinsatzes dann noch viel mehr durch die Finanzkürzungen belastet“, erklärt Winkelhag.

Das bestätigt auch Landwirt Victor Dünn vom Gut Clarenhof aus Frechen. Während in der herkömmlichen Landwirtschaft die Felder mitunter einmal gespritzt würden, striegelten die Biobauern je nach Witterung bis zu dreimal im Frühjahr mit der Landmaschine ihre Felder, um unerwünschtes Grün aus den Äckern zu ziehen. „Die Pläne der Regierung sind eine Katastrophe“, sagt Dünn. Ihm machen sie richtig Angst insbesondere um die Zukunft seines Unternehmens. „Wir sind doch dabei, unseren Betrieb in den kommenden Jahren Stück für Stück ganz auf Bio umzustellen“, sagt er.

Hohe zusätzliche Kosten befürchtet

„Durch die Streichung des Agrardiesels und die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen und Transportfahrzeuge entsteht eine Mehrbelastung der Landwirtschaft von rund einer Milliarde Euro“, schreibt der Rheinische Landwirtschaftsverband in einer Pressemitteilung. Für einen durchschnittlichen rheinischen Betrieb bedeute das zusätzliche Kosten von rund 100 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche.

Dieser Betrag sei für arbeitsintensive Betriebe und Ökobetriebe, die häufig einen höheren Maschineneinsatz hätten, noch deutlich höher. „Es entstehen Kosten, die für rheinische Landwirte aufgrund der internationalen und europäischen Wettbewerbssituation nur schwer zu kompensieren sind und, wenn dies überhaupt möglich ist, zu höheren Lebensmittelpreisen führen müssen“, heißt es weiter.

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