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300 Jahre altLuther-Bibel auf dem Dachboden in Hürth gefunden

Lesezeit 3 Minuten

Gemeindesekretärin Pia Blome-Drees zeigt stolz ihren Schatz vom Dachboden, den sie restaurieren ließ.

Hürth-Efferen – Vermutlich viele Jahrzehnte lang verstaubte das Buch auf einem Dachboden am Nordrand des Harzes in Niedersachsen, bevor Gemeindesekretärin Pia Blome-Drees es in die Hände bekam. Demnächst wird der dicke und reich illustrierte Foliant in einer Vitrine in der Friedenskirche zu bestaunen sein, denn es handelt sich um eine mehr als 300 Jahre alte Ausgabe einer Luther-Bibel aus dem Jahr 1706.

Richtig alte Kirchenschätze hat die junge evangelische Gemeinde in Hürth nicht, deren Kirchen allesamt erst nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden, als Zuwanderer aus den Ostgebieten die kleine Gruppe der Protestanten anwachsen ließen. Das Fundstück, das demnächst die Efferener Kirche bereichern soll, ist zwar alt, aber der materielle Wert hält sich in Grenzen. „Für uns ist das Buch trotzdem ein Schatz, gerade weil für evangelische Christen das Wort im Mittelpunkt steht“, sagt Pia Blome-Drees.

In ihren Besitz gekommen ist die alte Bibel auf verwundenen Wegen. Ihr Schwiegervater bekam das Buch von einem Vetter, der es auf dem Dachboden eines Hauses in Bad Harzburg gefunden hatte, das er zum Hotel umbauen wollte. „Viele Jahre lag die Bibel bei meinen katholisch geprägten Schwiegereltern herum, und man wusste nicht so recht, was damit geschehen sollte. Nach dem Tod meines Schwiegervaters bekam ich die Luther-Bibel dann als einzige Protestantin der Familie geschenkt“, so Blome-Drees. „Ich liebe alte Bücher, und dieses ist für mich ein besonderes Geschenk, auch wenn es nicht im eigentlichen Sinne ein Familienerbstück ist.“

Um mehr über das alte Buch zu erfahren, legte sie es ihrem ehemaligem Kommilitonen Dr. Matthias Kordes vor, der als Stadtarchivar in Recklinghausen tätig ist. Der Experte fand heraus, dass es sich um eine beim bedeutenden Nürnberger Verleger Endter erschienene Bibel in Luther-Übersetzung handelt, die vom ehemaligen Nürnberger Stadtpfarrer Johann Michael Dilherr (1604 bis 1669) herausgegeben wurde. Besonders selten ist diese Bibel nicht, sie wurde in den Jahren 1659 bis 1788 in mindestens 29 Auflagen gedruckt, es gibt noch zahlreiche Exemplare in Internet-Katalogen und Antiquariaten, wo sie, je nach Erhaltungszustand, für Preise zwischen 350 und 1300 Euro gehandelt werden.

Den Marktwert der vorgelegten Bibel schätzte Kordes eher auf das untere Preissegment. Zwar habe das Buch noch den originalen Gebrauchseinband mit unversehrtem Titelblatt und Blindstempelprägungen auf echten Bünden. Allerdings fehlen zum Schluss etliche Seiten – vom Römerbrief bis zur Offenbarung. „Die Bibel befand sich in einem jämmerlichen Zustand“, sagt auch Pia Blome-Drees. „Auf vielen Seiten wurde herumgekritzelt, offenbar, weil Papier knapp war.“ Am Ende der Bibel finden sich auch einige Notenblätter.

Sie gab das alte Buch an die Technische Hochschule nach Köln, wo eine Studentin es im Rahmen einer Abschlussarbeit restaurierte. Der Einband wurde gereinigt und die Seiten neu gebunden. Zwar hat es nicht mehr ganz geklappt, die Dilherr-Bibel schon zum Auftakt des Reformationsjubiläums in der Friedenskirche auszustellen. Doch die Vitrine, die ein Sponsor finanzieren will, soll noch vor Weihnachten bestellt werden. Anfang 2017 soll die Bibel dann aufgeschlagen hinter Glas zu sehen sein.