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Meine Sammlung: ComicsSigurd und Akim sind unbesiegbar

Lesezeit 5 Minuten

„Lebendige Zeichnungen und spannende Geschichten– das macht ein gutes Comic aus“, sagt Dieter Röder. Was in diesem Sinne gut ist, das sammelt er und zwar mit Leidenschaft. Sigurd und Akim sind  die Helden seiner Jugend. Aber er kann sich auch für Micky Maus und Tarzan erwärmen.

Kerpen – Dieter Röder war einer von den ganz Schlimmen. Bei ihm musste der Schulranzen durchsucht werden. Ihm gebührten ein paar Schläge auf die Fingerkuppen. Er musste das, was ihm so sehr am Herzen lag, in Flammen aufgehen sehen. Und dennoch, es half alles nichts. Er ließ sich von seinem Laster einfach nicht abbringen – bis heute nicht. Was sich der Schüler in den 50er Jahren hat zuschulden kommen lassen? Er las leidenschaftlich „Schundhefte“. So nannten die Erwachsenen damals die Comics. Und all die Repressalien der Lehrer liefen Gott sei Dank ins Leere. Als er alt genug war, legte er sich eine Sammlung seiner geliebten Piccolo-Hefte an. Über 6000 Stück besitzt er heute.

Nur seine Mutter wusste davon. Ihr war bekannt, warum die 20 Pfennig dem Filius so sehr in der Tasche brannten, warum es ihn, kaum hatte er den Betrag zusammen, nach draußen zog. Der alte Bahnhof in Kerpen, da stand der Kiosk, an dem es die kleinen schmalen Piccolo-Hefte Woche für Woche zu kaufen gab. „Ich bin mit dem Fahrrad von Bergerhausen dahin gefahren“, erinnert sich Dieter Röder. Auf dem Hinweg trieb ihn die Ungeduld an. Auf dem Rückweg die Sorge, das Heftchen könnte nass werden. Auch wenn keine Wolke am Himmel war, er transportierte es immer unter dem Hemd.

Doch meistens hielt er es auf dem Rückweg nicht mehr aus. „Ich musste zumindest mal reinblättern.“ Aus dem Reinblättern wurde ein fieberhaftes Lesen. Nur allzu oft hatte er das dünne Heftchen durchgelesen, bevor er zu Hause war. Und dann immer wieder diese letzte Seite mit diesen zwei Worten: „Fortsetzung folgt.“ Sie hielten das Fieber aufrecht: Bis zur nächsten Woche, bis zum nächsten aktuellen Heft, das wieder die 20 Pfennig in der Tasche brennen ließ.

In den Sommermonaten werden nach und nach Rundschau-Reportagenzu den 20 besten Einsendungen erscheinen.

Ende August wird sich dann die Jury zusammensetzen und auch auf Basis der Veröffentlichungen die Rangfolge für die Plätze eins bis vier festlegen. Die Plätze fünf bis zehn werden ohne Rangfolge prämiert.

Am Abend des 29. Oktobers wird eine große Abschlussgala auf Schloss Paffendorf stattfinden. Im feierlichen Rahmen werden dort die Gewinner bekannt gegeben. Eingeladen sind alle Einsender der 20 schönsten Andenken mit Begleitung.Auf den Gewinner warten 1000 Euro. Für den zweiten Platz gibt es 500 Euro, für den dritten 250 Euro. Der Viertplatzierte erhält 150 Euro. Für die Plätze fünf bis zehn gibt es 100 Euro.

Der Vater durfte es nicht wissen. Auch für ihn waren es Schundhefte. „Damals hatten im Dorf der Pfarrer, der Bürgermeister und der Baron das Sagen“, erinnert sich Dieter Röder. Diese dreieinige Moralinstanz hatte entschieden, Comics sind Schund. Was das für Folgen hatte, ist aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar und hätte zumindest in einem Punkt auch in der 50er Jahren nicht mehr stattfinden dürfen. Den Kindern wurden die Comic-Heftchen aus den Taschen und Schulranzen gezogen.

Sie mussten sie vor den Augen der Lehrer zerreißen. Schlimmer noch: „Einmal wurden wir aufgefordert, alle unsere Heftchen mitzubringen.“ Auf dem Schulhof wurden sie auf einen Haufen geworfen – und verbrannt. „Es hatte schon seine Gründe, dass es zu der 68er-Generation gekommen ist“, sagt Dieter Röder. Verbitterung schwingt mit, wenn er das sagt. Aber da gibt es auch ein verschmitztes Lächeln. Er hatte natürlich nicht alle Heftchen mitgenommen. Nur die, die ihm nicht am Herzen lagen.

Brennende Hefte, das ging wohl auch dem Vater zu weit. Er hat nicht offen aufbegehrt, gegen Pfarrer, Schuldirektor und Baron. Aber er hat für seinen Sohn ein deutliches Zeichen gesetzt. „Eines Abends brachte er mir aus der Stadt ein Piccolo-Heftchen mit. Er hat es mir einfach so gegeben, ohne Worte.“

Sigurd und Akim wanderten nicht ins Feuer. Diese Helden konnten sie mit Flammen nicht bezwingen. Sigurd und Akim stammten aus der Feder von Hansrudi Wäscher. Wenn Dieter Röder den Namen des Zeichners ausspricht, klingt es wie ein Hochgebet. Und will er die Faszination erklären, überschlägt er sich: „Diese Figuren, diese Bilder, das lebt einfach alles.“ Als Kinder haben sie die Abenteuer der beiden nachgespielt. Sigrun hat deutliche Parallelen zu Siegfried. Akim erinnert an Tarzan.

Doch irgendwann war die Kinderzeit vorbei. Und sieht man Dieter Röder heute in seinem Haus sitzen, zwischen all den Sammelalben voller Piccolo-Hefte, den Sonderbänden, der Begleitliteratur, den anderen Comics, wie er glüht beim Erzählen, wie er mit nervöser Freude Hefte aufblättert – es ist kaum vorstellbar, dass er seine Helden für ein paar Jahre aus den Augen verloren hat. Es war die Zeit der Ausbildung und der Familiengründung.

Doch 1976 kam alles wieder zurück – auf einen Schlag. „Ich hatte einen Comicladen in Köln entdeckt.“ Dieter Röder trat ein. Was passierte, als er die Piccolo-Hefte wieder sah, kann er nur so beschreiben: „Es war ein Wunder.“ Experten nennen es Flashback. Blitzartig kamen alle Erinnerungen wieder. Sigurd und Akim waren nie vergessen. Sie haben nur irgendwo geschlummert, ganz hinten in seinem Kopf.

Die Originale aus seiner Kindheit waren verloren. Irgendwann einmal hatten die Eltern den Dachboden ausgeräumt. Doch jetzt wusste Dieter Röder, wo er sie alle nachkaufen konnte. Seine geliebten Piccolo-Heftchen. Heute hat er sie alle. Und wenn er mitten in seinem Zimmer steht und um ihn herum sind überall die Heftchen drapiert, in den Regalen, auf dem Tisch, einfach überall, dann ist das auch ein Bild des Triumphes. Gegen Akim und Sigurd kam keiner an – nicht der Baron, nicht der Schuldirektor und nicht der Pfarrer.